Ziel des Votums ist es, den Republikanern für die Zwischenwahlen 2026 mindestens fünf neue republikanisch dominierte Wahlkreise zu schaffen und sich damit ebenso viele neue Sitze im Repräsentantenhaus zu sichern. Aktuell hat Texas dort 38 Sitze, wovon 25 republikanisch sind. Zentral geht es darum, die insgesamt knappe Mehrheit der Republikaner im Kongress abzusichern.
Mit der „Flucht“ aus Texas wollen nun die demokratischen Abgeordneten dieses Vorhaben blockieren. Diese war erst am Wochenende mit Beschlüssen in zwei Ausschüssen auf den Weg gebracht worden. Die Abwesenheit der Abgeordneten dürfte dazu führen, dass das texanische Repräsentantenhaus nicht das erforderliche Quorum für eine Abstimmung erreicht.
Wohl mehr als 51 Abgeordnete nicht in Texas
Erforderlich sind mindestens zwei Drittel der 150 Stimmen, das Repräsentantenhaus von Texas benötigt also mindestens 100 Abgeordnete, damit Abstimmungen stattfinden können. Laut Berichten sollen aber mindestens 51 demokratische Abgeordnete nicht mehr in dem Bundesstaat sein. Die meisten demokratischen Abgeordneten waren nach Chicago gereist, wo sie unter anderen mit dem Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, zusammentrafen.
Redistricting
Die Neueinteilung von Wahlkreisen (Redistricting) ist in den USA üblich, erfolgt aber häufig aus parteipolitischem Kalkül. Dabei ziehen Parteien die Grenzen strategisch, um Wahlergebnisse zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
In einer Pressekonferenz warfen sie den Republikanern vor, die Wahlrechtsreform unter Missachtung anderer dringender Themen, etwa der Flutkatastrophe in Texas Anfang Juli mit Dutzenden Toten, durchzudrücken. „Wir verlassen Texas, um für die Texaner zu kämpfen“, sagte der demokratische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Gene Wu.
„Manipulation gegen Rechte der Amerikaner“
„Wir verlassen ein manipuliertes System, das sich weigert, auf die Menschen zu hören, die wir vertreten“, so Wu. Zugleich kündigte er an, dass die Abwesenheit länger andauern werde, nämlich wohl bis zum Ende der anberaumten 30-tägigen Phase für eine Sondersitzung. „Ab heute ist diese korrupte Sondersitzung vorbei“, so Wu.
Bei der auf den Weg gebrachten Abstimmung gehe es den Republikanern „nicht nur darum, das System in Texas zu manipulieren“, sagte der demokratische Gouverneur Pritzker in Beisein der aus Texas „geflüchteten“ demokratischen Abgeordneten in Chicago. „Es geht darum, das System auf Jahre hinaus gegen die Rechte aller Amerikaner zu manipulieren.“
Reuters/Nuri Vallbona
Ein Demonstrant zeigt bei einer Anhörung im texanischen Kapitol ein Protestplakat gegen die Neuziehung der Wahlkreise
„Sehen Sie mich? Schauen Sie her. Bye!“
Eine kleinere Gruppe texanischer Demokraten reiste nach Angaben der „New York Times“ („NYT“) nach New York, eine andere Gruppe demokratischer Abgeordneter begab sich nach Boston zu einem Treffen der National Conference of State Legislatures, eine Organisation zur Vertretung bundesstaatlicher Interessen auf Bundesebene.
„Nicht wir haben diesen Kampf begonnen, Donald Trump hat ihn begonnen“, sagte der Abgeordnete Ramon Romero Jr., ein Abgeordneter der Demokraten, in einem Video, das vom Flughafen in der texanischen Hauptstadt Austin aufgenommen wurde. „Sehen Sie mich? Schauen Sie her. Bye!“, sagte er demonstrativ vom Rollfeld des Flughafens.
Abbott droht mit Ausschluss
Der texanische Gouverneur Greg Abbott, ein Republikaner, reagierte mit scharfer Kritik und nannte das Verlassen des Bundesstaats einen Verzicht auf das Amt. Er kündigte an, sich auf ein Rechtsgutachten zu berufen, um Maßnahmen gegen die abwesenden Abgeordneten einzuleiten. Wenn die Demokraten nicht zurückkehren, könnten sie laut Abbott aus dem Parlament ausgeschlossen werden.
Das wäre ein Schritt, der rechtlich umstritten ist und vor Gericht landen dürfte, hieß es in der „NYT“. Zusätzlich zu der Drohung mit ihrer Entlassung sagte Abbott, dass die abwesenden Demokraten „möglicherweise auch Verbrechen begangen haben“, wenn sie Geld zur Zahlung etwaiger Geldstrafen angenommen hätten, die ihnen gemäß den Bestimmungen nun drohen würden.
Generalstaatsanwalt: „Feiglinge zurückbringen“
Der Generalstaatsanwalt von Texas, der Republikaner Ken Paxton, teilte via X mit, dass die Demokraten, „die wie Feiglinge versuchen wegzulaufen, sofort gefunden, verhaftet und zum Kapitol zurückgebracht werden sollten“. Er versprach, mit den staatlichen und bundesstaatlichen Behörden zusammenzuarbeiten, um abwesende Abgeordnete zurückzuholen.
Reuters/Kevin Lamarque (Archivbild)
Trump, flankiert von First Lady Melania und Gouverneur Abbott, am 11. Juli anlässlich der Hochwasserkatastrophe in Texas
Diskussionen über eine Reise der texanischen Demokraten nach Illinois gehen mindestens seit Ende Juni, als Funktionäre in Texas begannen, mit Gouverneur Pritzker und seinen Mitarbeitern zu sprechen, berichtete die „NYT“. Pritzkers Mitarbeiter hätten logistische Unterstützung geleistet, unter anderem bei der Suche nach Unterkünften für die Abgeordneten und der Bereitstellung von Büros.
Vergangene Aktionen schlugen fehl
Obwohl Illinois den Abgeordneten einen sicheren Hafen bot, äußerten einige texanische Demokraten ihre Befürchtung, dass Trump versuchen könnte, die Abgeordneten mit Bundesagenten festzunehmen und nach Texas zurückzubringen. Ob es dafür eine rechtliche Grundlage gäbe, blieb laut „NYT“ unklar, da die Abgeordneten gegen staatliche Gesetzgebung und nicht gegen Bundesrecht verstoßen würden.
Die Demokraten hatten sich bewusst gegen eine Reise nach Washington entschieden, da dort Bundesgerichtsbarkeit gilt. Dorthin waren texanische Demokraten 2021 gereist, um ein Wahlgesetz zu blockieren. Der Vorgang dauerte damals fast fünf Wochen, bevor drei Abgeordnete zurückkehrten und das Quorum wiederherstellten. In einer Sondersitzung wurde das Gesetz dann dennoch verabschiedet.
Der Streit über die Neueinteilung der Wahlkreise reiht sich in eine lange Geschichte parteipolitischer Auseinandersetzungen in Texas ein. Schon 2003 setzten sich demokratische Abgeordnete in andere Bundesstaaten ab, um eine republikanische Reform zu verhindern. Doch auch damals führte letztlich die Rückkehr Einzelner zur Verabschiedung neuer Wahlkreisgrenzen zum Vorteil der Republikaner.
Auch Demokraten mit Initiativen
Doch auch die Demokraten setzen auf Neuzeichnungen von Wahlkreisen, um ihre Mehrheiten zu sichern, wie die „Washington Post“ zuletzt berichtete. So plant Illinois nach dem Beispiel von Texas, seine Kongresswahlkreise neu zu ordnen, um eine stärkere demokratische Vertretung zu ermöglichen. Ähnliche Initiativen gibt es in Kalifornien und New York, teilweise als Reaktion auf republikanisch forcierte Umgestaltungen.