Stand: 05.08.2025 06:00 Uhr

Boxer Besar Nimani wurde ermordet. Während des Prozesses gegen den Mörder fielen erneut Schüsse. Wohl aus Rache.

Von Oliver Köhler (Bielefeld)

Angeklagt sind nun der Bruder und eine Schwester von Boxer Nimani. Ihnen wird vierfacher versuchter Mord vorgeworfen. Sie sollen im Februar vor dem Gerichtsgebäude auf den Vater, einen Bruder und zwei Freunde des damaligen Angeklagten geschossen haben. Die Männer wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt.

Selbstjustiz durch Blutrache

Kerzen wurden in der Stadt für Besar Nimani angezündet.

Hintergrund des nun beginnenden Prozesses ist ein anderer mittlerweile beendeter Mordprozess am Bielefelder Landgericht. Seit Januar 2025 wurde gegen Hüseyin A. verhandelt. Er soll den Boxer Besar Nimani im März 2024 in der Bielefelder Innenstadt erschossen haben.

Nimanis Bruder Berat und seine Schwester Azize sollen laut Staatsanwaltschaft Bielefeld überzeugt gewesen sein, dass der Vater und ein Bruder Hüseyin A. bei der Tat geholfen haben bzw. ihn angestiftet hatten. Berat und Azize N. seien der Meinung gewesen, dass in diese Richtung nicht ausreichend ermittelt worden war.

Schüsse auf offener Straße

Die Schüsse fielen am 26. Februar 2025 in der Mittagszeit. Der dritte Verhandlungstag gegen Hüseyin A. war gerade beendet. Die Angehörigen und Freunde von Hüseyin A. waren auf dem Weg zu ihren Autos.

Plötzlich soll Berat N. aufgetaucht sein und sechsmal gezielt geschossen haben. Der Vater und ein Begleiter wurden getroffen. Den fliehenden Bruder soll er zunächst verfehlt haben. Erst als dieser stürzte und am Boden lag, soll er ihn am Knie getroffen haben.

Pistole hatte Ladehemmung

Einsatzkräfte mussten die Opfer schnell versorgen.

Berat N. soll den Abzug der Pistole noch weiter betätigt und auf den Bruder von Hüseyin A. gezielt haben. Doch die Waffe funktionierte offenbar in diesem Moment nicht. Berat N. flüchtete. Seine Schwester Azize soll sich in diesem Moment in einem Auto genähert haben.

Sie soll aus dem Beifahrerfenster fünfmal auf den Bruder von Hüseyin A. geschossen, ihn aber nicht getroffen haben. Wer am Steuer des Autos saß, konnte bis heute nicht geklärt werden.

Chaos rund ums Bielefelder Justizzentrum

Schon im Vorfeld hatten Polizei und Justiz mit möglichen Auseinandersetzungen zwischen den kurdisch- und albanisch-stämmigen Familien gerechnet. Entsprechend hoch waren die Sicherheitsmaßnahmen im Gerichtsgebäude während des Prozesses gegen Hüseyin A. Von der Eskalation vor dem Gebäude wurden die Einsatzkräfte völlig überrascht.

Obwohl unzählige Polizisten und Spezialkräfte schnell vor Ort waren und die halbe Innenstadt über Stunden sperrten, gelang Berat und Azize N. die Flucht. Sie stellten sich später jedoch im Beisein ihrer Anwälte.

Überlebt dank Notoperationen

Die Verletzten kamen schnell in naheliegende Krankenhäuser. Der Vater von Hüseyin A. und einer seiner Begleiter hatten u.a. Bauchschüsse erlitten. Sie mussten stundenlang operiert werden.

Sie überlebten und treten nun, wie die anderen beiden Geschädigten auch, als Nebenkläger im Prozess gegen Berat und Azize N. auf.

Hintergründe der Familienfehde unklar

Unklar ist nach wie vor der wahre Grund für die blutige Auseinandersetzung der beiden Familien. Im ersten Prozess wurde Hüsey A. zu einer lebenslangen Haftstrafe für den Mord an Boxer Besar Nimani verurteilt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Für den zweiten Prozess gegen Berat und Azize N. sind erst einmal bis Ende Oktober elf Verhandlungstage angesetzt. Die Sicherheitsvorkehrungen sollen am Landgericht Bielefeld noch einmal verschärft werden.

Unsere Quellen:

  • Landgericht Bielefeld
  • Gespräche mit beteiligten Rechtsanwälten
  • Recherchen des WDR-Reporters

Über dieses Thema berichten wir am 05.08.25 auch in der Lokalzeit OWL auf WDR2 und im WDR Fernsehen um 19:30 Uhr.

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