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Deutschland zahlte 2024 6,3 Milliarden Euro Bürgergeld an ukrainische Geflüchtete. CDU und SPD planten schon die Änderung, jetzt heizt Markus Söder die Debatte neu an.

Frankfurt – CSU-Chef Markus Söder will allen Ukrainern und Ukrainerinnen das Bürgergeld streichen – auch den bereits in Deutschland lebenden Geflüchteten. Im ZDF-Sommerinterview am Sonntagabend, 3. August, verschärfte Söder seine Forderungen zum Bürgergeld drastisch. „Es muss auch bei den Ukrainern dafür gesorgt werden, dass Ukrainer nicht mehr im Bürgergeld sind. Und zwar am besten nicht nur für die, die in der Zukunft kommen, sondern für alle.“

Damit geht Söder deutlich über die Pläne der geplanten schwarz-roten Koalition hinaus. Dort ist als Stichtag der 1. April dieses Jahres vorgesehen. Alle, die danach aus der Ukraine kommen, erhalten bei nachgewiesener Bedürftigkeit nur niedrigere Asylbewerberleistungen, aber kein Bürgergeld mehr.

Zahlen zu Ukrainern und Ukrainerinnen im Bürgergeld

Doch wie sehen die derzeitigen Zahlen aus? Fakt ist: Die Bürgergeld-Ausgaben erreichten 2024 einen neuen Höchststand. Deutschland zahlte im vergangenen Jahr 46,9 Milliarden Euro Bürgergeld – ein Anstieg von vier Milliarden Euro gegenüber 2023. Von den insgesamt 5,5 Millionen Bürgergeld-Empfängern und -Empfängerinnen sind laut aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 700.000 Ukrainer und Ukrainerinnen Bezieherinnen und Bezieher der Sozialhilfe. An sie flossen 2024 rund 6,3 Milliarden Euro. Viele von ihnen sind seit 2022 vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland geflüchtet. Insgesamt leben etwa 1,2 Millionen ukrainische Geflüchtete in Deutschland.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder fordert im ZDF-Sommerinterview mit dem Moderator Wulf Schmiese einen Stopp für Bürgergeld-Zahlungen an ukrainische Geflüchtete.Der CSU-Vorsitzender Markus Söder fordert im ZDF-Sommerinterview mit dem Moderator Wulf Schmiese einen Stopp für Bürgergeld-Zahlungen an ukrainische Geflüchtete. © Sebastian Arlt/ZDF/dpa/Carsten Koall/dpa

Die Bürgergeld-Ausgaben verteilten sich 2024 nahezu gleichmäßig: 24,7 Milliarden Euro (52,6 Prozent) gingen an Deutsche, 22,2 Milliarden Euro (47,4 Prozent) an Menschen ohne deutschen Pass. Die größte Gruppe an ausländischen Beziehern stellen Ukrainer und Ukrainerinnen.

Ukrainische Geflüchtete erhalten derzeit die vollen Bürgergeld-Sätze: 563 Euro monatlich für Alleinstehende, 506 Euro für Partnerinnen und Partnern sowie 451 Euro für volljährige Kinder. Zusätzlich übernimmt der Staat Kosten für Unterkunft, Heizung und Warmwasser „soweit diese angemessen sind“. Der wdr-Vergleich: Asylbewerber erhalten maximal 460 Euro pro Monat.

Rente für Auswanderer: Die begehrtesten Länder für Deutsche im RuhestandDas sind die begehrtesten Orte, die Deutsche für den Ruhestand wählen.Fotostrecke ansehen„Ukrainer zum Sündenbock“ machen? Söder heizt Bürgergeld-Debatte an

Die Reaktionen auf Söders Vorstoß ließen nicht lange auf sich warten. Während Unions-Politiker wie Kanzleramtsminister Frei oder Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, die AfD und das BSW den Vorstoß unterstützten, betonte Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil im Deutschlandfunk, dass im Koalitionsvertrag „ein bisschen was anderes“ steht als das, was Söder vorgeschlagen hat. Nötig sei „ein Gesamtpaket“, das „dieses Land stark macht“, sagte der Finanzminister mit Blick auf den Haushalt für dieses Jahr und die kommenden Jahre.

Deutliche Kritik an Söder kam aber auch aus den eigenen Reihen vom CDU-Sozialflügel. „Die letzten Jahre sollten doch eigentlich gezeigt haben, dass wir mit breitbeinigen und marktschreierischen Forderungen beim Thema Flucht und Asyl nichts erreichen können“, sagte deren Chef Dennis Radtke dem Focus. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev fürchtet, dass durch die Debatte „Ukrainer zum Sündenbock“ gemacht werden.

Trotz aller Debatten: Laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gibt es keine belastbaren Hinweise, dass Bürgergeld ein maßgeblicher Anreiz für Migration sei. Migration lasse sich nicht auf wirtschaftliche Gründe allein reduzieren, heißt es dort. (mke)