Der frühere Fußball-Nationalspieler Frank Mill ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 67 Jahren. Sein ehemaliger Verein Rot-Weiss Essen bestätigte unter Berufung auf Mills Familie einen Bericht der „Bild“-Zeitung. Mill hat demnach während eines Aufenthalts in Mailand Ende Mai 2025 einen Herzinfarkt erlitten, nun ist er an den Folgen gestorben. Damit ist gut eineinhalb Jahre nach dem Tod von Final-Torschütze Andreas Brehme der zweite Spieler aus dem deutschen Weltmeister-Kader von 1990 gestorben.
Mill war ein Spieler mit Ecken und Kanten – ein Ruhrpott-Original, das den Fußball nicht nur spielte, sondern lebte. Seine Fußballer-Laufbahn begann der 1958 in Essen geborene Mill im Alter von sechs Jahren beim BV Eintracht 1916 in Altenessen bevor er als 14-Jähriger zu Rot-Weiss Essen wechselte.
An der Hafenstraße entwickelte er sich zum Torjäger und schoss 1980/81 in der Zweite Liga 41 Tore. Es folgten Stationen bei Borussia Mönchengladbach, Borussia Dortmund und Fortuna Düsseldorf. Insgesamt erzielte der Angreifer 123 Tore in 387 Bundesligaspielen.
Essens Vorstandsmitglied Alexander Rang sagte: „Frank war nicht nur einer der größten Fußballer, die Rot-Weiss Essen je hervorgebracht hat – er war auch ein feiner Mensch: bodenständig, authentisch und voller positiver Energie.“ Mill habe „mit seiner Art nicht nur unseren Verein und das Ruhrgebiet geprägt, sondern war darüber hinaus ein Botschafter des Fußballs in ganz Deutschland“.
Auch Fortuna Düsseldorf teilte den Tod ihres ehemaligen Spielers und Managers in den sozialen Netzwerken mit: „Ruhe in Frieden, Frank Mill. Wie wir heute morgen leider erfahren mussten, ist unser ehemaliger Spieler und Manager im Alter von 67 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Wir sind in Gedanken bei Franks Familie & allen, die ihm nahestanden“, schrieb der Zweitligist.
„Frank Mill war nicht nur ein exzellenter Stürmer, sondern auch ein echter Typ, der mit seinem Humor, seinem unkonventionellen Stil und seinem Gespür für besondere Momente Spuren hinterlassen hat – in der Bundesliga, in der Nationalmannschaft und ganz besonders auf dem Bökelberg“, würdigte Bundesligist Borussia Mönchengladbach seinen ehemaligen Spieler. Mill war im Sommer 1981 zur Borussia gewechselt. „Fünf Jahre lang trug er das VfL-Trikot. Es war eine gute und stabile Phase, für den Verein, ebenso wie für den Angreifer selbst, den die Fans schnell ins Herz schlossen. Sein Spielstil war unverwechselbar. Mill war schnell, wendig, technisch stark, unberechenbar. Ob als eiskalter Vollstrecker oder kreativer Vorbereiter, in der Offensive war er oft der entscheidende Mann. Legendär bleibt sein Treffer im DFB-Pokalfinale 1984, als Borussia gegen Bayern München nach seinem Führungstor lange auf den Titel hoffen durfte, ehe das Spiel unglücklich im Elfmeterschießen verloren ging“, erinnerte der Verein an die Zeit mit Mill.
Pfostenschuss für die Geschichtsbücher
Unvergessen bleibt aber sein spektakulärer Pfostenschuss im Auftaktspiel der Bundesliga-Saison 1986/87 für Dortmund gegen den FC Bayern München. Nach einem Solo durch die komplette Münchner Abwehr und vorbei an Torhüter Jean-Marie Pfaff stand Mill allein vor dem leeren Tor – und traf in seinem ersten Spiel im Trikot des BVB nur den Pfosten.
Die Szene ging als einer der spektakulärsten Fehlversuche der Bundesliga-Geschichte in die Annalen ein. Die Presse schrieb im Anschluss vom „berühmtesten Pfostentreffer in der Nachkriegszeit“. Mill selbst erzählte später: „Ich habe mal während eines Urlaubs in Los Angeles im US-TV einen Film über die größten Pannen im Sport gesehen. Da war mein ,Tor‘ auch dabei.“
Typ mit Ecken, Kanten – und ohne Schienbeinschoner
Bekannt war Mill, der von Fans auch gerne „Fränkie“ genannt wurde, auch dafür, dass er in den 80er-Jahren ohne Schienbeinschoner spielte, was ihm den Spitznamen „Hängesocke“ einbrachte. Beinahe wäre es aber gar nicht so weit gekommen, denn bevor Mill Profi wurde, begann er eine Lehre zum Floristen im Geschäft seiner Mutter.
Doch Mill wurde zu einem erfolgreichen Fußballspieler. Mit seiner Unbekümmertheit und Schlitzohrigkeit brachte er die gegnerischen Abwehrspieler zur Verzweiflung. „Fränkie war ein Schlitzohr auf dem Rasen und ein wunderbarer Gesprächspartner außerhalb des Spielfelds. Als er 1986 zu uns kam, ging es bergauf“, sagte Hans-Joachim Watzke, der Vorsitzende der BVB-Geschäftsführung. „Er war einer meiner Helden. Ohne Frank Mill wäre Borussia Dortmund 1989 nicht Pokalsieger geworden und würde heute nicht da stehen, wo wir stehen“, sagte Dortmunds Präsident Reinhold Lunow.
Der Begriff Schlitzohr fällt im Zusammenhang mit Mill immer wieder: „Frank war ein echtes Schlitzohr ein sehr, sehr geschickter Stürmer. Und einer, der unseren Trainer Jupp Heynckes zusammen mit Wolfram Wuttke immer wieder auf die Palme gebracht hat“, sagte auch Winfried Schäfer über seinen ehemaligen Mitspieler bei Borussia Mönchengladbach. Auch Uwe Rahn, ebenfalls Teamkollege von Mill in Gladbach, würdigte den Weltmeister im Gespräch mit unserer Redaktion: „Fränkie war als Fußballer ein Ass und menschlich ein feiner Kerl. Es ist sehr traurig, was passiert ist. Wir haben in Gladbach und bei der Nationalmannschaft tolle Sachen zusammen erlebt.“
Der frühere Dortmunder Stürmer und heutige BVB-Stadionsprecher Norbert Dickel fasste den Fußballer Mill einmal in einem Satz zusammen: „Der Mill ist mit allen Abwässern gewaschen.“
Erfolge im Nationaltrikot und bei Olympia
Auch international war Mill erfolgreich: Er brachte es auf 17 A-Länderspiele für Deutschland, war Teil der Olympia-Kader 1984 (Los Angeles) und 1988 (Seoul), wo er mit der deutschen Mannschaft Bronze gewann und als Rekordspieler und Rekordtorschütze im Olympia-Team in Erinnerung blieb. 1990 gehörte er zum Weltmeister-Kader in Italien, auch wenn er in keinem Spiel eingesetzt wurde.
„Wir sind tieftraurig und bestürzt über den viel zu frühen Tod unseres Weltmeisters Frank Mill. Dass er sich selbst nie als Weltmeister gesehen hat, war Ausdruck seiner Bescheidenheit und Bodenständigkeit“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Rudi Völler bezeichnete Mill als einen feinen „Fußballer und ein Schlitzohr im positivsten Sinne auf und neben dem Platz. Wir werden ihn vermissen.“
In seiner 2017 erschienenen Autobiografie „Frank Mill – Das Schlitzohr des deutschen Fußballs“ sprach Mill offen über seine Karriere, persönliche Rückschläge – und gab auch zu, einst vor einem Bundesligaspiel zu einer verbotenen Dopingtablette gegriffen zu haben.
Engagement nach der aktiven Karriere
Nach dem Karriereende versuchte er sich kurzzeitig als Manager bei Fortuna Düsseldorf, doch sein Engagement endete nach nur einem Jahr. Später arbeitete Mill als Unternehmer, hatte unter anderem einen Containerdienst in Essen. Ein Herzensprojekt war seine „Frank Mill Fußballschule“, mit der er sich über Jahre hinweg für Kinder, Jugendliche und Integration einsetzte. Bis zuletzt stand er auch regelmäßig für die BVB-Traditionsmannschaft auf dem Platz.
Privat war Mill geprägt von Offenheit und Bodenständigkeit. Er lebte in Essen und – seit seiner Beziehung zu einer Sizilianerin – auch häufig auf Sizilien. Seine frühere Ehefrau Beate, von der er lange getrennt lebte, starb 2006. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.