Noch ist unklar, wie es mit dem Ferienangebot im Waldheim Gallenklinge in Stuttgart-Botnang weitergehen kann. Denn die katholische Kirche gibt das Gelände an die Stadt zurück.
Für die Kinder ist es ein Paradies mitten im Grünen. Viele Mädchen und Jungen aus Botnang und Stuttgart-West, aber auch aus anderen Stadtteilen, verbringen dort Jahr für Jahr einen Teil ihrer Sommerferien. Organisiert wird das Waldheim von der katholischen Kirchengemeinde St. Elisabeth. Doch diese gibt nun das Gelände an die Stadt zurück. Denn nach 100 Jahren endet der Pachtvertrag.
Die Kirche habe es sich mit dieser Entscheidung nicht leicht gemacht, so Werner Laub. Er ist der Leitende Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-West. In der Gallenklinge habe die Gemeinde viele Feste gefeiert, an Sonntagen zum Mittagessen geladen und Spielenachmittage veranstaltet. Der alljährliche Höhepunkt waren freilich die Waldheim-Freizeiten in den Sommerferien. Die meiste Zeit allerdings blieb die Gallenklinge ungenutzt, da das Baurecht an dieser Stelle eine andere dauerhafte Nutzung nicht zulässt.
Für die Gemeinde ist diese Situation schwierig. Denn der Unterhalt der Gebäude und vor allem die Pflege des weitläufigen Geländes sind aufwendig und teuer. Gleichzeitig hat die Kirche mit sinkenden Mitgliederzahlen und Kirchensteuereinnahmen zu kämpfen, weshalb auch der Immobilienbestand immer wieder kritisch überprüft werden muss.
Ganzjährige Nutzung des Geländes ist schwierig
In einer offiziellen Stellungnahme der Stadt heißt es: „Auf dem Grundstück am Waldrand ist planungsrechtlich nur eine Nutzung in den Sommermonaten als Waldheim zulässig.“ Diese alleinige Nutzung lasse sich aber für keinen Betreiber mehr wirtschaftlich darstellen. Die bisherigen Ideen, das Gelände ganzjährig für eine Kita oder einen Waldspielplatz zu nutzen, ließen sich nicht umsetzen, weil die Hürden für eine Änderung des Planrechts sehr hoch seien. „Denn das Thema Waldabstand, aber auch die verkehrliche Erschließung sind in einem neuen Bebauungsplanverfahren nur schwer zu lösen.“
In einem Waldheim wie der Gallenklinge geht es aber freilich nicht nur um Wirtschaftlichkeit. „Die Kinder brauchen uns, sie brauchen eine Bühne, um sich zu entfalten – jenseits der Schule und des Notendrucks. Dafür ist die Gallenklinge ein Paradies, das erhalten werden muss“, so der Appell der Waldheimleiterin Ildiko Häfner an Bürgermeisterin Isabel Fezer. Diese war am Mittwoch im Rahmen der alljährlichen Waldheim-Rundfahrt zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und von den freien Trägern der Jugendhilfe nach Botnang gekommen. Die Kinder bereiteten ihnen einen fröhlichen Empfang und machten auf beeindruckende Weise deutlich, wie wichtig ihnen ihr Waldheim ist.
Bürgermeisterin Isabel Fezer ist „wild entschlossen“, dass es mit dem Waldheim Gallenklinge weitergeht. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt
„Wir haben verstanden“, entgegnete die Bürgermeisterin. Sie sei „wild entschlossen“, dafür zu sorgen, dass es mit dem Waldheim Gallenklinge weitergehe. Dabei hat sie vor allem die Kinder im Blick, aber auch die vielen Ehrenamtlichen, die „ein Wert an sich“ seien. „Das können wir nicht vor die Wand fahren lassen“, sagte Fezer.
Stadt ist auf Unterstützung angewiesen
Sie betonte aber auch, dass eine „komplette Übernahme“ für die Stadt schwierig sei. Die finanzielle Situation sei alles andere als leicht, die Maßgabe dafür um so klarer: Die Stadt könne keine zusätzlichen freiwilligen Aufgaben übernehmen. „Nicht aus Böswilligkeit, sondern weil wir es uns nicht mehr leisten können“, sagte die Bürgermeisterin.
Bis zum nächsten Sommer will sie nun tragfähige Strukturen für das Waldheim Gallenklinge schaffen. Allerdings nicht allein, sondern in Kooperation mit dem Bezirk und der Kirchengemeinde. Letztere hat schon ihre Bereitschaft signalisiert, weiter Waldheim-Freizeiten zu organisieren, wenn sie dafür ein klares Signal von der Stadt bekommt. Isabell Fezer geht es aber um mehr. „Ich würde mich freuen, wenn wir auch bei der Pflege der Gebäude und Außenanlagen zumindest in Teilen auf das in der Kirchengemeinde verankerte ehrenamtliche Engagement zurückgreifen könnten. Wir sind auf ihre Unterstützung angewiesen“, sagte sie.
Organisation
Vom 4. August bis 12. September finden in 31 Stuttgarter Waldheimen Ferienfreizeiten statt. Diese bieten den Eltern ein Rundum-Sorglos-Paket, weil sie ihren Nachwuchs gut betreut wissen, und den Kindern spannende und erholsame Tage in der Natur. Und das zum kleinen Preis, denn das Angebot wird von der Stadt umfassend gefördert, im Jahr 2024 mit insgesamt 1,28 Millionen Euro. Organisiert werden die Waldheimferien von den freien Trägern der Jugendarbeit, allen voran den evangelischen und der katholischen Kirchengemeinden sowie der Arbeiterwohlfahrt Stuttgart.
Ganztag
Ab dem Schuljahr 2026/27 haben Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Dieser Anspruch wird schrittweise eingeführt, beginnend mit den Erstklässlern im Schuljahr 2026/27, und dann jährlich auf die höheren Klassenstufen ausgeweitet, sodass ab dem Schuljahr 2029/30 alle Grundschulkinder einen Rechtsanspruch haben. Das gilt auch für die Kinder an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Der Rechtsanspruch umfasst auch eine Ferienbetreuung. „Diese wollen wir nicht an den Schulen anbieten. Darum sind wir angewiesen auf gute Kooperationen“, sagte Bürgermeisterin Isabel Fezer. Dabei wolle und müsse die Stadt auch auf die Träger der Waldheimferien zurückgreifen. „Für diese ist damit eine Sicherheit verbunden, dass wir sie weiterhin entsprechend unterstützen“, sagte Fezer.