Stand: 07.08.2025 06:00 Uhr
Hattie Williams erzählt in ihrem Debütroman „Bittersüß“ die Liebesgeschichte zwischen der 24-jährigen Charlie und dem 56-jährigen, verheirateten Richard. Lohnt sich der über 400 Seiten dicke Roman trotz dieses klischeehaften Rahmens?
Es geht um toxische Machtverhältnisse, Freundschaft und Traumata aus der Kindheit. Die englische Autorin Hattie Williams lässt ihren Debütroman in der Londoner Verlagswelt spielen.
Toxische Liebe in der Londoner Verlagswelt
Die junge Assistentin Charlie verliebt sich in den erfolgreichen älteren Autoren Richard. Er ist schon seit Teenager-Zeiten ihr Schwarm.
Es war anders, als in einen der Jungen in der Schule verliebt zu sein. Dieser Mann war erwachsen, das Gegenteil von albern. Die Beziehungen in seinem Buch waren voller Trauer und Schmerz, Sehnsucht und Verlangen und Sex und anderer Dinge, die ich gerade erst zu verstehen begann, und es war, als würde er mir aus der Erwachsenenwelt heraus die Hand reichen.
Leseprobe
Richard ist nur leider verheiratet – und Charlie nicht die erste Verlagsmitarbeiterin, mit der er ein Verhältnis anfängt.
Es kommt, wie es in unzähligen Filmen und Büchern schon oft gekommen ist: Er verspricht ihr die große Liebe, will sich aber nicht öffentlich mit ihr zeigen; er nutzt ihre kreativen Ideen und gibt sie als seine eigenen aus. Sie riskiert mit der Affäre ihre berufliche Zukunft, für ihn ist es bloß ein weiteres Spiel.
Verlust und Verletzlichkeit als Antrieb
Man könnte sich fragen, warum die Protagonistin das mit sich machen lässt – doch den Liebesgeschichten-erfahrenen Leser*innen ist früh klar, was Autorin Hattie Williams erst kurz vor Ende des Romans auflöst:
Mir war bewusst, dass ich bei Richard nach der Sicherheit suchte, die ich mit dem Tod meiner Mutter verloren hatte und dringend brauchte. Und ich wusste auch, dass meine Trauer überwältigend gewesen war und in meinem Kopf grundlegend etwas durcheinander gebracht hatte. Und dass ich im Ergebnis wahnsinnig verletzlich war. Ich wäre gern anders gewesen, aber so war es nicht.
Leseprobe
Der Verlust der Mutter und Erlebnisse, die Charlie in ihrer frühen Kindheit widerfahren sind, bilden die Motivation für ihre schlechten Liebesentscheidungen. Konkret erfährt man davon aber erst am Ende des über 400 Seiten langen Romans.
Das ungleiche Verhältnis zwischen der Berufsanfängerin und dem international erfolgreichen Autoren gipfelt in einer ungewollten Schwangerschaft. Richard lässt sie während der Abtreibung im Stich.
„Bittersüß“: Allenfalls tauglich als leichte Sommerlektüre
Im Hin und Her dieser durch und durch toxischen Beziehung stehen ihre Freundinnen ihr zur Seite – und später auch ihre Chefin. Die Solidarität zwischen den Frauen und die Grenzen der Freundschaft, über die Hattie Williams schreibt, hätten gerne einen viel größeren Raum einnehmen können. Diese Abschnitte verleihen dem Roman dann doch etwas Tiefgang. Am Ende gelingt es Charly zwar, von Richard loszukommen und ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, die Handlung ist nur leider sehr erwartbar und so voller Klischees, dass sich der Roman allerhöchstens als sehr leichte Sommerlektüre lohnt.
Bittersüß
von Hattie Williams
- Seitenzahl:
- 423 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Englischen von Hanna Hesse
- Verlag:
- Ullstein
- ISBN:
- 978-3550202933
- Preis:
- 23,99 €
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