Am 24. Juli wohnte der russische Machthaber einer Zeremonie in Sewerodwinsk am Weißen Meer, etwa 1000 Kilometer nördlich von Moskau, bei. Auf dem neuen atombetriebenen U-Boot mit dem Namen Knjas Poscharski wurde die russische Flagge gehisst. In seiner Einweihungsrede betonte Wladimir Putin, dass es sich bereits um das fünfte Boot dieser Klasse handle. Sechs weitere sollen bis zum Jahr 2030 folgen.
Die Eckdaten zu Russlands Atom-U-Boot Knjas Poscharski
- Gehört neben vier anderen zur Borej-A-Klasse.
- 170 Meter lang, 24.000 Tonnen schwer.
- Hat Atomantrieb.
- Hauptbewaffnung aus 16 ballistischen Interkontinentalraketen des Typs Bulawa mit nuklearen Sprengköpfen.
Quelle: navalnews.com
Ungefähr zwei Wochen nach der maritimen Machtdemonstration des Kremls stellte die Ukraine nun ihre Spionagefähigkeiten zur Schau. Auf Telegram behauptete der ukrainische Verteidigungsnachrichtendienst, in den Besitz von Geheimdokumenten zum neuen U-Boot der Borej-Klasse gelangt zu sein. Dort sind Fotos, Tabellen und Texte zu sehen, deren Echtheit nicht geklärt werden konnte.
Mehrere Medien berichteten über diesen Telegram-Post, darunter auch das ukrainische News-Portal „The Kyiv Independent“. Demnach sollen dem ukrainischen Geheimdienst nun unter anderem folgende Informationen zum Atom-U-Boot vorliegen:
Neue Infos der Ukraine zum Atom-U-Boot Knjas Poscharski
- Eine detaillierte Liste der Crew-Mitglieder inklusive ihrer Aufgaben, Qualifikationen und körperlicher Fitness.
- Dokumentierte Anweisungen für den Kriegsfall und zu Routineoperationen.
- Informationen zur Kampfausrüstung und zu wichtigen Systemen des Schiffes.
In der Veröffentlichung des Geheimdienstes ist von „technischen Grenzen“ des U-Boots die Rede. Womöglich kennt die ukrainische Seite nun also bestimmte Schwachstellen. Behauptet wird:
„Die erhaltenen Informationen ermöglichen es uns, die Merkmale und technischen Grenzen nicht nur der Knjas Poscharski, sondern auch anderer U-Boote der Reihe zu ermitteln, die für die Aufrechterhaltung des russischen imperialen Mythos von entscheidender Bedeutung sind.“
Wie ein Experte die Geheimdienstinformationen bewertet
Militärexperte Gustav Gressel von der Landesverteidigungsakademie in Wien kann sich vorstellen, dass die veröffentlichten Geheimdienstinformationen echt sind. Schließlich betreibe die Ukraine „eines der dichtesten Spionagenetzwerke in Russland“.
Wahrscheinlich habe die Ukraine es ursprünglich aber gar nicht auf diese U-Boot-Daten abgesehen, da sie selbst kaum Nutzen daraus ziehen könne. Auch informiere der ukrainische Geheimdienst die Öffentlichkeit für gewöhnlich auch nicht über Erkenntnisse dieser Art.
Es könnte sich also um einen Beifang geheimdienstlicher Arbeit handeln. Warum wurde er veröffentlicht und warum ausgerechnet jetzt? „Der Hauptinteressent dieser Daten ist die USA“, meint Gressel. Denn russische Atom-U-Boote seien für die Vereinigten Staaten von deutlich größerem Interesse als für die Ukraine.
Auch der Zeitpunkt der Geheimdienstveröffentlichung ist auffällig: Am Mittwoch war der US-Sondergesandte Steve Witkoff in Moskau bei Putin, kurz bevor das US-Ultimatum abläuft, mit dem Russland zu einem Waffenstillstand gezwungen werden soll. Womöglich befürchtete die Ukraine eine russisch-amerikanische Annäherung und sieht sich deswegen genötigt, die USA wieder von ihrem Wert zu überzeugen.
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Bereits im Jahr 2023 kündigte Putin den weiteren Ausbau seiner Flotte mit strategisch bewaffneten Atom-U-Booten an. Mit insgesamt 63 Kampf-U-Booten betreibt Russland nach Angaben des Portals „Global Firepower“ die weltweit zweitgrößte dieser Flotten – hinter den USA (70 U-Boote) und knapp vor China (61 U-Boote). (mit dpa)