Der Iran und Pakistan wollen ihre Zusammenarbeit stärken. Am vergangenen Wochenende einigte sich der iranische Präsident Massud Peseschkian mit dem pakistanischen Premier Shehbaz Sharif darauf, das grenzüberschreitende Handelsvolumen auf zehn Milliarden US-Dollar zu erhöhen – ein Volumen, das viermal so groß ist wie bisher. Gleichzeitig wollen die beiden Nachbarländer ihre Sicherheitskooperation verbessern.
Der Iran und Pakistan haben eine gemeinsame Grenze von 900 Kilometern Länge, die über gebirgige und oft unbewohnte Regionen verläuft. Dort finden viele bewaffnete militante Gruppierungen Versteck. Einige von ihnen werden auch vom Westen als Terrorgruppen eingestuft, wie die Rebellengruppe Jaish Al-Adl im Iran und die Balochistan Liberation Army (BLA) in Pakistan.
(Archiv) Militante Kämpfer der verbotenen pakistanischen Terrormiliz „Balochistan Liberation Army“ kapitulierten 2015 Bild: dpa/picture alliance
Kampf gegen Terror
„Teheran bemüht sich aktiv um Mechanismen zum Austausch von Geheimdienstinformationen, gemeinsame Grenzpatrouillen und andere Formen der koordinierten Sicherheitszusammenarbeit mit Islamabad“, sagt Fatemeh Aman, Senior Fellow der US-Denkfabrik Middle East Institute in Washington, im DW-Interview.
Pakistans Premier Shariff (2.v.l.) holte am 2.8.2025 den iranischen Präsident Peseschkian persönlich vom Flughafen Islamabad abBild: Iran’s Presidential website/WANA/REUTERS
Die Sicherheitsrisiken und die Bedrohung durch die Terrorgruppen sind ein wichtiger Tagesordnungspunkt beim Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation der Zusammenarbeit (SCO) Ende August in Peking. Diese regionale Sicherheitsunion steht unter starken Einflüssen Chinas. Der Iran und Pakistan sind ordentliche SCO-Mitglieder.
Beide muslimischen Länder haben weitere gemeinsame Interessen. So stellte sich Islamabad während des jüngsten Konflikts mit Israel auf die Seite des Iran. Die pakistanische Regierung verurteilte die israelischen Angriffe auf iranische Nuklearanlagen und bezeichnete Israel unmissverständlich als „Aggressor“.
Schon beim Treffen der SCO-Verteidigungsminister am 26.6.2025 in Qingdao bekräftigten alle Mitgliedsstaaten den verstärkten Kampf gegen TerrorismusBild: Florence Lo/REUTERS
Annäherung zwischen Pakistan und USA
Dennoch haben sich jüngst auch die USA und Pakistan angenähert. Letzte Woche berichtete US-Präsident Donald Trump, die USA hätten mit Pakistan vereinbart, zusammen Öl und Gas in dem südasiatischen Land zu fördern. Ein Großteil der zu erschließenden Ölfelder befindet sich nach lokalen Medienberichten in der pakistanischen Grenzprovinz Belutschistan. An den Westen von Belutschistan grenzt der Iran mit der fast gleichnamigen Provinz Sistan und Belutschistan, und im Norden das von den Taliban regierte Afghanistan.
Belutschistan ist für die USA aufgrund der geografischen Lage und der reichhaltigen Bodenschätze von strategischer Bedeutung. „Der Iran könnte sich durch die Präsenz amerikanischer Firmen in Belutschistan direkt hinter der Grenze, die dort nach Ölvorkommen suchen, bedroht fühlen“, sagt Osama Malik, Experte für internationale Handelsrechte, im DW-Interview.
(Archiv) Eine Kohlenzeche in BelutschistanBild: A. G. Kakar/DW
Die USA als Verbündeter von Israel betrachten den Iran als eine der größten Bedrohungen für den Weltfrieden. Der Iran will nach eigenen Angaben den jüdischen Staat vernichten.
„Pakistan hat bisher trotz sich aufwärmender Beziehungen zu Washington eine direkte militärische Allianz mit den USA vermieden“, sagt Expertin Aman. „Damit nimmt die Regierung in Pakistan Rücksicht auf den Iran.“ Und auch auf seinen wichtigsten Verbündeten in Asien, China.
Der chinesisch-pakistanische Wirtschaftskorridor führt auch durch BelutschistanBild: Abdul Ghani Kakkar/DW
Schon im Kalten Krieg, aber vor allem nach den Terroranschlägen am 11. September 2001, hätten die USA und Pakistan eine Art von Militärbündnis geschmiedet, sagt Muhammad Shoaib, Politikprofessor an der Quaid-i-Azam-Universität in Islamabad. Osama bin Laden, Chef des Terrornetzwerks Al Kaida, wurde zum Beispiel vom US-Geheimdienst auf pakistanischem Boden aufgespürt und dort 2011 von einer US-Spezialeinheit getötet. All diese Details solcher Kooperationen müsste der Iran kennen. Teheran hat bereits einige Phasen der engeren Kooperation zwischen den USA und Pakistan gesehen. „Der Iran hat daher nicht wirklich einen Grund, die jüngste Annäherung zwischen Pakistan und den USA in Frage zu stellen“, sagt Shoaib.
20 Jahre nach 9/11: Ist der Kampf gegen den Terror verloren?
To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video
Iran bittet Pakistan um Hilfe
„Die Wahrscheinlichkeit, dass der Iran noch einmal von Israel angegriffen wird oder sogar direkt von den USA, ist heute aber nach wie vor sehr groß. Deswegen sucht Teheran eine engere Zusammenarbeit mit seinem östlichen Nachbarn“, sagt Expertin Aman vom Middle East Institute. Der Iran hoffe, dass die Atommacht Pakistan als muslimischer Bündnispartner weiterhin Teherans Recht auf ein friedliches ziviles Atomprogramm unterstütze. Dabei sei Islamabads guter Draht ins Weiße Haus von Nutzen.
„Der Iran braucht einen glaubwürdigen Vermittler zu Washington“, sagt Politikprofessor Shoaib. „Pakistan kann diese Rolle übernehmen und hat dies in der Vergangenheit auch getan. Pakistan unterstützt das Recht des Iran auf ein friedliches ziviles Atomprogramm, leistet jedoch keine Hilfe bei der Entwicklung von Atomwaffen.“
„Islamabad ist bereit, einen positiven Beitrag zur Entspannung der Beziehungen zwischen dem Iran und den USA zu leisten“, bestätigt auch der Sprecher des pakistanischen Außenministeriums, Shafqat Ali Khan, gegenüber der DW.
(Archiv) Kraftstoffschmuggler in der pakistanischen Provinz BelutschistanBild: Abdula Ghani Kakar/DW
US-Sanktionen belasten Handelsbeziehungen
Schließlich tut Pakistan das auch im Eigeninteresse. Denn die US-Sanktionen gegen Teheran wegen dessen Atomprogramms sind ein großes Hindernis für die Belebung des bilateralen Handels beider Nachbarstaaten mit dem ehrgeizigen Ziel, das angepeilte Volumen von zehn Milliarden Dollar schnell zu erreichen.
Islamabad vermeide einen formellen Handel mit dem Iran, sagt Politikprofessor Shoaib. Auch das iranisch-pakistanische Gaspipeline-Projekt sei aufgeschoben worden. Dabei hatte sogar Indien vor, iranisches Gas zu kaufen, das durch diese Pipeline fließen soll.
Nur ein Stück der Pipeline zwischen Iran und Pakistan steht in der iranischen Grenzstadt Chahbahar. Das Projekt liegt seit 2013 auf EisBild: Atta Kenare/AFP/Getty Images
Auf der iranischen Seite wurde die 900 Kilometer lange Leitung längst fertiggestellt. Nur Pakistan zögert noch. Deswegen würde sich Islamabad auch „eine gewisse Lockerung der US-Sanktionen gegen den Iran“ wünschen, so Shoaib weiter. Schätzungen zufolge stammen 30 Prozent der Kraftstoffe in Pakistan aus Schwarzmarktgeschäften und Schmuggel mit dem Iran.
Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan