Japan hat sich bei der US-Regierung beschwert, wichtige Zusagen nicht eingehalten zu haben, die im Rahmen des Zoll-Deals zwischen den beiden Ländern vereinbart wurden. Nun bessert Washington nach. Die Börse steigt auf ein Rekordhoch.
Ministerpräsident Shigeru Ishiba mit dem Chefunterhändler Ryosei Akazawa im Unterhaus am 1. August 2025. Mittlerweile ist Akazawa für Nachverhandlungen des Zoll-Deals nach Washington gereist.
Yoshio Tsunoda / Imago
Zwei Tage harter Verhandlungen im Zollstreit mit den USA haben sich für Japan erst einmal ausgezahlt. Wie Japans Chefunterhändler Ryosei Akazawa am Donnerstagabend in Washington bekanntgab, wird die US-Regierung die im Juli vereinbarten, aber noch nicht umgesetzten Zollmassnahmen doch noch umsetzen. Zu viel erhobene Zölle sollen rückwirkend auf den 7. August, den Tag, an dem Trump das neue Zollregime in Kraft setzte, zurückerstattet werden.
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Zwei wichtige Mankos in Trumps Massnahmen hatten die japanische Regierung aufgeschreckt und sie veranlasst, Akazawa als Beschwerdeführer nach Washington zu schicken. Erstens hatte Trump die Autozölle zum 7. August nicht wie abgesprochen von 25 auf 15 Prozent reduziert. Zweitens hatte er, anders als bei der EU, den allgemeinen Zollsatz von 15 Prozent auf bestehende Zölle aufgeschlagen.
Durch diese Stapelung steigen die Zollsätze für viele Waren über die vereinbarte Abgabe hinaus. Akazawa erklärte nun, dass die US-Regierung zugesagt habe, die entsprechende Präsidialverordnung von Donald Trump über gegenseitige Zölle zu ändern. Die US-Regierung kündigte zudem an, dass Trump eine Präsidialverordnung zur Senkung der Automobilzölle erlassen werde.
Neue Rekorde an der Börse
Die grosse Erleichterung in Japan spiegelte sich sofort an der Tokioter Börse wider. Der Topix-Index überstieg erstmals in seiner Geschichte die Marke von 3000 Punkten. Zum Handelsschluss notierte er mit 3024 Punkten 1,2 Prozent über dem Schlusskurs vom Vortag, der bereits einen neuen Rekord dargestellt hatte.
Der Nikkei-225-Index der 225 grössten Unternehmen des Landes blieb nur knapp unter seinem Rekordhoch vom Juli des Vorjahres. Er überstieg kurzzeitig sogar die Marke von 42 000 Punkten, bevor er mit 41 820 Punkten und einem Plus von 1,9 Prozent ins Wochenende ging. Besonders profitierten die Autohersteller Toyota, Honda, Mazda und Subaru von der sich andeutenden Lösung. Zuvor waren ihre Marktwerte gefallen.
Vielleicht kann mit dem Einlenken der USA der volkswirtschaftliche Schaden der US-Zölle auf das bisher angenommene Mass begrenzt werden. Das Kabinettsamt hatte am 7. August seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Geschäftsjahr 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf 0,7 Prozent gesenkt. Und selbst das gilt noch als optimistisch.
Der jüngste vierteljährliche Wirtschaftsausblick der Bank of Japan vom 31. Juli geht für das bis März 2026 laufende Geschäftsjahr sogar nur von einem Wachstum von 0,6 Prozent aus. Schätzungen des privaten Sektors fallen noch niedriger aus.
Der Druck auf Regierungschef Ishiba wächst
Die Unsicherheit bleibt allerdings bestehen – und damit auch der wachsende innenpolitische Druck auf Ministerpräsident Shigeru Ishiba. Denn bisher ist noch offen, bis wann Trump die notwendigen Dekrete unterschreiben wird. Auch die Einzelheiten zu Rückerstattungsanträgen und zur Verjährungsfrist sind noch nicht bekannt.
Akazawa versuchte, den Druck zu lindern. «Es versteht sich von selbst, dass eine rasche Umsetzung wünschenswert ist», sagte er nach den Gesprächen mit Finanzminister Scott Bessent und Handelsminister Howard Lutnick. «Ein halbes oder ein ganzes Jahr ist unmöglich.»
Für Regierungschef Shigeru Ishiba verstärkt diese Unsicherheit allerdings seine ohnehin prekäre Lage. Er regierte bisher schon mit einer Minderheit im wichtigeren Unterhaus des Zwei-Kammer-Parlaments. Im Juli verlor er auch noch die Mehrheit seiner Koalition im Oberhaus.
In seiner Liberaldemokratischen Partei werden daher Forderungen nach seinem Rücktritt laut. Dabei spielen auch die Verhandlungsführung, das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung und die vielen offenen Fragen im Zolldeal mit den USA eine Rolle. Am Montag verteidigte er vor dem Parlament das bisher ungewöhnliche, vertragsfreie Verhandeln mit den USA mit einem Hinweis auf Trumps Charakter.
«Er ist kein typischer Verhandlungspartner und könnte Regeln umstossen», sagte Ishiba. Hätte man auf schriftlichen Regeln bestanden, wäre der «Deal» nie bis zu Trumps Stichtag am 1. August fertig geworden. Ishiba gab allerdings einem schnellen Abschluss den Vorzug, um einen 25-prozentigen Strafzoll zu verhindern.
Die schnelle Entsendung des Chefunterhändlers Akazawa als Beschwerdeführer nach Washington zeigt: Ishiba hat sich offenbar darauf eingestellt, dass es mit Trump vorerst kein Ende der Verhandlungen geben wird. Nach dem Deal ist vor den Nachverhandlungen.