Der New Yorker Fotokünstler Andres Serrano bewirbt sich um den amerikanischen Pavillon in den Giardini: Dort will er dem mächtigsten Mann der Welt ein Denkmal errichten. Ein Kalkül, das aufgehen könnte.

Von Trump fasziniert: der New Yorker Skandal-Fotokünstler Andres Serrano. Von Trump fasziniert: der New Yorker Skandal-Fotokünstler Andres Serrano.

Justin Lane / EPA

Andres Serrano findet Donald Trump gut. Daher möchte er dem US-Präsidenten 2026 auf der nächsten Biennale von Venedig ein Denkmal setzen. Er hat sich um die Bespielung des amerikanischen Pavillons in den Giardini beworben. Das hat aber vor allem auch einiges Kalkül.

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Andres Serranos gängiges Mittel zum Erfolg heisst Provokation. Wobei er sich in seinem bisherigen Werk jeweils wohlfeil bei zwei in Amerika stark aufgeladenen Themen bedient hat: Religion und Sexualität. Diese wirft er gerne gleich zusammen in einen Topf, woraus er schliesslich von Skandal triefende Kunstwerke schöpfen kann.

So hat er schon Madonnenstatuen in Milch und Blut ertränkt. Oder Ejakulat wie die weisse Lichterscheinung des Heiligen Geistes durch die Luft fliegen lassen. Überhaupt arbeitet er gerne mit Körperflüssigkeiten. Sein Werk «Piss Christ» – ein Kruzifix in einem mit Urin gefüllten Plexiglasbehälter – gilt als eine seiner kontroversesten Arbeiten. Das alles hält Serrano in farbintensiven Fotografien fest.

Trump-Memorabilien-Kitsch

An der nächsten Biennale will er eine Art Trump-Memorabilien-Altar errichten: «Ich sehe es als ein Porträt von Donald Trump, gemalt mit den Pinseln seines eigenen Lebens», so formulierte er es kürzlich in einem Interview. Serrano sammelt seit Jahren alles, was mit dem amerikanischen Präsidenten zu tun hat: Devotionalien der Maga-Bewegung, mit Trumps Konterfei verzierten Deko-Kitsch, von ihm signierte Dollarnoten. Auch einen Titel hat der Künstler bereits ersonnen: «The Game: All Things Trump» heisst das Projekt.

Dem amerikanischen Fotokünstler will man indes seinen Daumen nach oben, was Donald Trump angeht, nicht ganz abnehmen. Serrano ist Sohn eines honduranischen Immigranten und einer afrokubanischen Mutter. Was also will er ausgerechnet mit Trump, der nach seinem letzten Amtsantritt Migranten an der südlichen Grenze zu den USA das Recht auf Asyl aberkannt hat? Serranos Begeisterung für den Polit-Hasardeur im Weissen Haus dürfte vor allem mit seiner eigenen Vorliebe für Provokation zu tun haben.

Serrano treibt einen regelrechten Kult um Trump, als wäre dieser eine religiöse Figur. Was ihn daran zu faszinieren scheint, ist der Umstand, dass Trump selber für Tabubrüche sorgt. So hat Serrano 2022 einen Dokumentarfilm über den Sturm von Trump-Anhängern auf das Capitol in Washington gemacht.

Trump scheint für Serrano jedenfalls Stoff für das perfekte Kunstwerk herzugeben. Er hat etwas von einer popkulturellen Kunstfigur. Für sein Image sorgt er zurzeit als Showman der Weltpolitik. Zuvor bestand die Selbstinszenierung vor allem in seiner Rolle als Star eines Immobiliengeschäfts mit Hotels, Kasinos und Golf-Resorts, das er als eine Art Showbusiness betrieb.

Schmeichelei für einen Narzissten

Was aber denkt wohl Donald Trump über Andres Serranos Vorhaben? Von Kunst hält er jedenfalls nicht viel. Dem National Endowment for the Arts (NEA) droht er mit Budgetkürzungen. In seiner ersten Amtszeit wollte er diese Behörde, die einzige staatliche Einrichtung für Kulturförderung in den USA auf Bundesebene, ganz auflösen. Bei ihr handelt es sich allerdings ausgerechnet um diejenige Institution, die darüber befindet, wer in Venedig die USA vertritt.

Deshalb könnte Trump seine Haltung plötzlich ändern. Und Serranos Rechnung könnte dabei aufgehen. Denn sein Projekt dürfte dem Narzissten in Washington zweifellos schmeicheln. Zumindest die Unterstützung des Präsidenten könnte Serrano gewiss sein. Und so könnte es geschehen, dass Trump an der nächsten Kunstbiennale eine Art Wallfahrtsort für seine Anhänger und eine Skandal-Ausstellung in den Augen seiner Gegner eingerichtet wird. Der Gewinner dabei wäre Andres Serrano.