Schulschwänzen in Stuttgart: Wenn Familien Urlaub verlängern – „Vielleicht wären 2 Monate Ferien die Lösung“ Noch Urlaub machen, während die Freunde schon wieder im Unterricht sitzen? Das kann teuer werden. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich/dpa

Wer – warum auch immer – früher in die Ferien starten oder später zurückkommen will, braucht eine Beurlaubung von der Schulleitung. Wie oft kommt das vor und welche Regeln gelten?

Die späten Sommerferien in Baden-Württemberg sind bei Urlaubsreisen zuweilen mit einem deutlichen Preisvorteil verbunden. Noch deutlicher ist dieser freilich in der Zeit, in der alle Kinder und Jugendliche wieder Schule haben, also ab Mitte September. Für Familien könnte es also attraktiv sein, die Ferien eigenmächtig zu verlängern.

Doch das passiere nur selten, so die Erfahrung von Manfred Birk, langjähriger Rektor und geschäftsführender Schulleiter der Stuttgarter Gymnasien. Denn die Mädchen und Jungen hätten selbst ein großes Interesse daran, pünktlich zum ersten Schultag wieder im Klassenzimmer zu sein. Dann gehe es um wichtige organisatorische Dinge – zum Beispiel um die neue Sitzordnung, die viele nicht dem Zufall überlassen wollen.

Insgesamt sei die Zahl derer, die früher in die Ferien starten oder später wiederkommen wollen, gering, sagt Birk. An seiner Schule, dem Dillmann-Gymnasium in Stuttgart-West, stelle er pro Jahr etwa zehn Befreiungen aus. Wer eine bekommt, ist in der „Verordnung des Kultusministeriums über die Pflicht zur Teilnahme am Unterricht und an den sonstigen Schulveranstaltungen“ genau geregelt. Demnach gilt: „Eine Beurlaubung vom Besuch der Schule ist lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen und nur auf rechtzeitigen schriftlichen Antrag möglich. Das Vorliegen eines Beurlaubungsgrundes ist glaubhaft zu machen.“ Als Gründe werden in der Verordnung unter anderem genannt:

  • Heilkuren oder Erholungsaufenthalte
  • Internationaler Schüleraustausch und Sprachkurse im Ausland
  • Teilnahme an wissenschaftlichen, künstlerischen oder sportlichen Wettbewerben
  • Die Ausübung eines Ehrenamts bei Veranstaltungen

Manfred Birk, der geschäftsführende Schulleiter der Stuttgarter Gymnasien, geht sorgsam mit dem Thema Beurlaubungen um. Foto: Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Auch bei Auslandsaufenthalten oder wenn Schüler mit doppelter Staatsbürgerschaft Konsulatsangelegenheiten zu regeln haben, werden Beurlaubungen genehmigt, ergänzt Birk. Aber früher oder günstiger Urlaub machen, sei freilich kein Freistellungsgrund. „Wir gehen sorgsam mit dem Thema um und sind darauf bedacht, keine Dämme einzureißen“, sagt der erfahrene Schulleiter. Er habe auch schon Freistellungen abgelehnt, zum Beispiel, wenn sie wiederholt von den gleichen beantragt worden seien. Dass die Schüler einfach krank gemeldet werden, glaubt er nicht. Zumindest gebe es an seiner Schule keinen Anstieg der Krankmeldungen kurz vor oder nach den Ferien.

An den Flughäfen werden jedes Jahr Familien erwischt, die ohne Freistellung früher in den Urlaub starten oder später wiederkommen. Die Bundespolizei schätzte die Zahl derer zuletzt auf 40 bis 60 pro Jahr – aber alle Ferien zusammengenommen, nicht nur im Sommer. Wobei die Polizei am Flughafen auch betont, dass sie nicht gezielt nach Schulschwänzern suche, sondern sich in erster Linie um die Sicherheit kümmere.

Bis zu 1000 Euro Strafe für Schulschwänzer

Die Stadt Stuttgart ahndet das Schulschwänzen mit 150 Euro pro Fehltag, bis zu 1000 Euro können es werden. Wenn der Nachwuchs bereits 14 Jahre alt und damit strafmündig ist, geht der Bußgeldbescheid an Sohn oder Tochter. Reicht das Taschengeld nicht aus, kann das Amtsgericht das Bußgeld in Sozialstunden umwandeln, die dann abgeleistet werden müssen.

Auch Manfred Birk hat schon mal einen Anruf erhalten, als einer seiner Schüler zur Unterrichtszeit am Flughafen angetroffen wurde und keine Beurlaubung vorweisen konnte. Das sei aber schon Jahre her. Das Thema, dass Familien günstiger Urlaub machen wollen, sieht der geschäftsführende Schulleiter durchaus. „Vielleicht wäre es eine Lösung, wenn wir zwei Monate Sommerferien hätten, denn so lange könnte die Reisebranche die Hochpreisphase nicht aufrecht erhalten“, wirft er ein. Doch auch wenn das viele Kinder freuen würde, ist mit einer Verlängerung der Sommerferien vorerst wohl nicht zu rechnen.