Kulturstaatsminister Wolfram Weimer drängt alle öffentlich geförderten Institutionen wie Museen, Stiftungen oder den Rundfunk zu einem Genderverbot. „Es geht dabei um eine gemeinsame
Verantwortung für die Verständlichkeit staatlich geförderter
Kommunikation“, sagte der parteilose Politiker der Nachrichtenagentur dpa.

Ein solches Verbot hat Weimer in seiner eigenen Behörde bereits verhängt. Gendergerechte Sprache
mit Sonderzeichen wird dort nicht mehr verwendet. „In der
offiziellen Kommunikation verzichten wir auf Sonderzeichen wie
Sternchen, Doppelpunkte oder Unterstriche – zugunsten von sprachlicher
Klarheit, rechtlicher Eindeutigkeit und allgemeiner Verständlichkeit“, begründete Weimer den Schritt.

Nun sagte er: „Diese Linie empfehle ich
auch jenen Institutionen, die mit öffentlichen Mitteln arbeiten – von
Museen über Stiftungen bis hin zu Rundfunkanstalten. Wer im öffentlichen
Auftrag spricht, sollte eine Sprache wählen, die für alle
nachvollziehbar ist und breite Akzeptanz findet.“

Deutliche Kritik vom Kulturrat und Journalistenverband

In der Kulturbranche ist gendergerechte Sprache weitverbreitet. Insofern dürfte Weimers Aussage dort für Diskussionen sorgen. Der Deutsche Kulturrat kritisierte den Vorstoß gegenüber der ZEIT. „Staatliche Bevormundung lehnen wir ab“, sagte der Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Weimer irre sich, denn öffentlich geförderte Institutionen wie Museen, Stiftungen oder der Rundfunk würden dezidiert nicht im öffentlichen Auftrag sprechen.

Die Idee der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Kunstfreiheit ist es ja gerade, dass diese Institutionen in ihrem Wesenskern unabhängig sind. Deswegen müssen sie auch unabhängig darüber entscheiden können, wie sie sich äußern.

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats

Ähnlich äußerte sich der Deutsche Journalistenverband. „Wolfram Weimers Vorstoß ist ein
Eingriff in die Rundfunkfreiheit“, sagte der Vorsitzende
Mika Beuster. Ob Redaktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und
der Deutschen Welle in ihren Beiträgen gendern, „geht einen
Kulturstaatsminister schlicht und ergreifend nichts an“.

Auch der Vorsitzende des Kulturausschusses im
Bundestag, Sven Lehmann (Grüne), kritisierte Weimers Vorstoß. „Ist Herr Weimer
eigentlich Kulturstaatsminister oder missionarischer Kulturkämpfer?“,
sagte er der dpa. „Es ist schlimm genug, dass er in
seiner Behörde Sprachverbote verhängt. Dass er nun aber sogar freie
Kulturinstitutionen einschränken will, geht eindeutig zu weit. Weimers
Formel für seine Kulturpolitik lautet offenbar Freiheit predigen und
Verbote erlassen.“ 

© Lea Dohle

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Die Grünen-Fraktionsvize Misbah Khan sieht in
Weimers Äußerungen eine „implizite Drohung“: „Wer nicht folgt, riskiert
den Verlust relevanter Finanzmittel.“ Das sei ein Angriff auf Freiheit
von Kunst und Kultur und der Versuch, kritische Stimmen zu
disziplinieren.

Weimer: „Lehne jede bevormundende Spracherziehung ab“

In der Vergangenheit hatten bereits das Bundesbildungsministerium sowie Thüringen, Bayern, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt für Behörden ein Genderverbot verhängt. Auch die Bundesregierung nutzt nach eigenen Angaben keine Wörter mit Gendersternchen, sondern hält sich an die Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung. Auf die beruft sich auch Weimer.

Kulturstaatsminister Weimer hatte vor einigen Tagen in der Bild-Zeitung gesagt, privat stehe es weiterhin jedem frei, „sich so auszudrücken, wie er oder sie es möchte“. Aber – so Weimer wörtlich – „erzwungenes Gendern“ spiegele nicht wider, wie die Mehrheit in Deutschland spreche. Sprache solle verbinden, nicht trennen. „Deshalb lehne ich jede bevormundende Spracherziehung ab“, sagte Weimer.

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