Lars Stoy, Vorstandsvorsitzender der ING Deutschland, sitzt am Rande eines Interviews der Deutschen Presse-Agentur dpa in der ING-Zentrale vor dem Unternehmens-Logo. – Copyright: picture alliance/dpa | Arne Dedert
Seit Januar 2025 führt Lars Stoy die ING Deutschland – und hat klare Pläne, um Angebotslücken zu schließen. „Der Zettel, den wir in den vergangenen sieben Monaten gefüllt haben, ist lang“, sagt er der Deutschen Presse Agentur.
Viele Kunden ärgern sich besonders in der Urlaubszeit, dass die ING keine echte Kreditkarte anbietet. Stoy verspricht: „Wir arbeiten daran, 2026 eine solche Lösung für unsere Kundinnen und Kunden zu realisieren. Wenn wir über bedarfsgerechte Lösungen für Kunden nachdenken, gehört eine Kreditkarte ganz sicher dazu. Das steht dick auf dem Zettel und ist hoch priorisiert.“
Wachstumspotenzial sieht Stoy bei jungen Kundengruppen: „Wir werden noch im August ein Girokonto Junior für 7- bis 17-Jährige einführen.“ Zunächst nur für Kinder mit bestehendem Depot oder Tagesgeldkonto, ab Anfang 2026 auch für Neukunden.
Sicherheit geht vor: kein Dispo, keine riskanten Geschäfte wie Glücksspiel, Alkohol oder Tabak.
„Wir wollen mit diesem Konto junge Menschen an Finanzthemen heranführen“, sagt Stoy. „Eltern haben ein Cockpit, über das sie sehen können, was ihre Kinder mit dem Konto tun.“
Im März knackte die ING die Marke von zehn Millionen Kunden. Stoy stellt klar: „Die Gesamtkundenzahl darf gerne weiterwachsen, aber nicht um jeden Preis. Wir wollen die Verbindung mit Kunden intensivieren.“ Und weiter: Dies sei „keine Wachstums-Absage, aber Wachstum um jeden Preis wird es nicht mehr geben.“
Seit Juli gibt es ein neues Kundenbindungsprogramm für aktive Trader. Wer vom „Basis-Level“ bis in den Platin-Status aufsteigt, erhält Vergünstigungen. Stoy betont: „Das hat aber für denjenigen, der bei uns ab und zu mal einen Trade macht, überhaupt keine Verschlechterungen zur Folge.“ Und: „Ich würde nicht ausschließen, dass wir derartige Kundenbindungsprogramme auch für andere Bereiche bringen.“
Die ING setzt auf Hausbankkunden, die regelmäßig die App nutzen. Ende Juni zählte die Bank 2,75 Millionen „Mobile Primary Customers“ – bei 3,1 Millionen Hausbankkunden. Stoy ordnet ein: „Der Konzern hat das Ziel, um eine Million Mobile-Primary-Kunden pro Jahr zu wachsen. Deutschland trägt rund 30 Prozent dazu bei – und das ist auch unser Anspruch nach vorne.“
Die gesunkenen Leitzinsen drücken den Gewinn: Im zweiten Quartal lag der Vorsteuergewinn bei 381 Millionen Euro – rund 20 Prozent weniger als im Vorjahr. „Unterm Strich sind die Kennzahlen sehr gesund“, sagt Stoy. „Dass sich Rekordergebnisse wie 2023, als die Zentralbankzinsen so sprungartig angestiegen sind, nicht wiederholen lassen, liegt auf der Hand.“
Stoy will das Geschäftsmodell breiter aufstellen: „Bei uns kommen über 80 Prozent des Ergebnisses aus dem Zinsergebnis, der Rest aus Provisionen. Dieses Verhältnis wollen wir zugunsten des Provisionsüberschusses verändern. Dennoch werden wir immer ein eher zinsüberschusslastiges Haus sein.“
Stoy will die ING im Wettbewerb vorn halten. Mit Blick auf Neo-Banken wie N26, Trade Republic und Revolut sagt er: „Im besten Fall bleiben wir immer eine Nase voraus. Die ING ist die größte Digitalbank in Deutschland, und der Anspruch bleibt ganz sicher bestehen.“
dpa/lidi