Halle. Vor Kurzem haben sich die Einzelhändler aus der Rosenstraße mit Vertretern von HIW und Stadtverwaltung getroffen. Und in kleiner Runde wurden unter der Moderation von Frank Hofen alle Probleme erläutert, die die Baustelle vor den Geschäften mit sich bringt.

Lärm, Staub, eingeschränkte Erreichbarkeit und die daraus resultierenden Umsatzeinbußen waren die zentralen Themen. Dafür, dass die eher kleine Straße erst vor wenigen Monaten gesperrt wurde, ist die Not zum Teil schon verdammt groß. Und das, obwohl alle nur denkbaren Maßnahmen zur Unterstützung umgesetzt wurden: ein Kümmerer vor Ort, groß angelegte Werbekampagnen, ein Leitsystem für Kundinnen und Kunden, temporäre Sonderregelungen für Parkflächen und Lieferverkehre. Und auch Musikevents, Wochenmärkte oder der dreitägige „Haller Herbst“ beleben weiterhin die Innenstadt; Baustelle hin oder her.

Dass es dieses Treffen gegeben hat, ist gut und richtig. Reden, sich austauschen und einander zuhören ist wichtig. Gemeinsam findet man eher eine Lösung oder kommt im Austausch auf Ideen, auf die man alleine nicht gekommen wäre. Das Hilfspaket, das auf Initiative von Halles Bürgermeister Thomas Tappe (CDU) passend zum Treffen geschnürt wurde und über das nun der Haupt- und Finanzausschuss am kommenden Mittwoch (13. August) in einer Sondersitzung beraten wird, verdient indes eine differenziertere Betrachtung.

Finanzielles Hilfspaket für Haller Einzelhändler geschnürt

Die in der Rosenstraße ansässigen Einzelhändler hatten sich vor Kurzem mit der HIW sowie Bürgermeister Thomas Tappe und Vertretern der Stadtverwaltung zu einem Meinungsaustausch im Café Gegenüber getroffen. - © Frank Hofen

Die in der Rosenstraße ansässigen Einzelhändler hatten sich vor Kurzem mit der HIW sowie Bürgermeister Thomas Tappe und Vertretern der Stadtverwaltung zu einem Meinungsaustausch im Café Gegenüber getroffen.
(© Frank Hofen)

Zur Erinnerung: Die Verwaltung empfiehlt der Politik, für die Einrichtung eines kommunalen Härtefallfonds zu stimmen, um von ISEK-Umbaumaßnahmen betroffene Einzelhändler zu unterstützen. Das Gesamtvolumen soll 100.000 Euro umfassen: 80.000 Euro zur direkten Unterstützung der unmittelbar betroffenen Einzelhändler, 10.000 Euro zur Finanzierung gezielter Unterstützungsmaßnahmen im unmittelbaren Baustellenbereich sowie weitere 10.000 Euro für Maßnahmen zur Stärkung der Haller Innenstadt im Allgemeinen.

100.000 Euro Unterstützung in Zeiten knapper Kassen, während zuletzt über 2.500 Euro Zuschuss für das Hörster Volksfest diskutiert oder das Windelgeld für den laufenden Haushalt gestrichen wurde – das ist ein Wort zum Sonntag. Geld, das bislang weder im Haushalt vorgesehen ist, noch irgendwo darauf wartet, jetzt ausgegeben zu werden. Eine hohe Summe als Zeichen hoher Wertschätzung. Aber gerade deshalb muss die Frage gestellt werden: Würden diese Zuwendungen die Läden tatsächlich aus der Not retten, oder wären sie eher ein Tropfen auf den heißen Stein?

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Der Beschlussvorschlag sieht vor, 3.000 Euro bei einem Umsatzrückgang von 20 bis 40 Prozent sowie 5.000 Euro bei einem Umsatzrückgang von mehr als 40 Prozent auszuzahlen. Machen wir eine Beispielrechnung auf: Ein kleiner Laden hat in 2024 zwischen März und Mai einen Gesamtumsatz von 20.000 Euro erzielt. In diesem Jahr waren es im gleichen Zeitraum mindestens 20 Prozent weniger, sodass das kleine Geschäft nur noch etwa einen Umsatz von gut 16.000 Euro erwirtschaftet hat.

Zeit der Einbußen geht noch lange weiter, Zahl der Betroffenen steigt

Bei diesem Beispiel würde der Umsatzausfall für ein Vierteljahr nahezu vollständig ausgeglichen. Das Problem: An diesem Punkt endet die Zeit der Einbußen nicht, sondern geht mehr noch weiter und obendrein für deutlich mehr Geschäftsleute als bislang. Wie nachhaltig hilft es daher, wenn jetzt einmal 3.000 Euro ausgezahlt werden? Geld, das obendrein noch von den Geschäftsleuten versteuert werden muss. Und für das, damit es bewilligt werden kann, mittels einer betriebswirtschaftlichen Auswertung der Umsatzrückgang nachgewiesen werden muss. Der Nachweis ist natürlich notwendig, kostet aber auch.

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Hinzu kommt: Bislang sind nur die Rosenstraße und seit ein paar Wochen auch ein Teilstück der Martin-Luther-Straße und der Grüne Weg gesperrt. Aber was geschieht mit der Stadt, wenn ab Mitte August auch noch der erste Teilabschnitt der Langen Straße für den Durchfahrtsverkehr dichtgemacht wird und die echte Nervenprobe von etwa 16 Monaten erst mal richtig beginnt? Wie hoch wird dann die Frequenz sein, mit der die Haller Bürgerinnen und Bürger noch die Innenstadt besuchen und dort einkaufen? Und wie solidarisch müssen erst die Menschen aus Borgholzhausen, Werther und Steinhagen sein, dass sie sich trotz der vielen gesperrten Straßen in Richtung Haller Herz aufmachen?

So soll die Lange Straße in Halle nach Abschluss aller Bauarbeiten Ende 2026 aussehen. - © Planungsbüro Röver

So soll die Lange Straße in Halle nach Abschluss aller Bauarbeiten Ende 2026 aussehen.
(© Planungsbüro Röver)

Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass der Druck bei einigen Geschäftsinhabern in dieser Zeit noch mal ordentlich steigen dürfte – und zwar nicht nur bei denen aus der Rosenstraße. Wenn am Mittwoch also über 100.000 beziehungsweise 80.000 Euro direkte Hilfe diskutiert wird, sollte die Überzeugung herrschen: Die einzelnen Beträge sind gut investiertes Geld, und die Einzelhändler nehmen mit dieser Summe eine Hürde, die sie sonst nicht würden nehmen können. Andernfalls bräuchte es noch mal andere Ideen. Wobei es keiner Frage bedarf, dass die Einzelhändler so viel Unterstützung verdienen wie möglich. Was hilft schließlich der am schönsten sanierte Haller Stadtkern, wenn die Geschäfte die Zeit nicht überlebt hätten?

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