Putzig, aber gefährlich für die Umwelt: Nutria.
(Foto: Mross/DJV)
Sie werden gerne mit Bibern verwechselt und fühlen sich auch in Münster pudelwohl: Nutria. 1920 aus Südamerika importiert, um sie als Pelztiere zu züchten, sind erste Exemplare bereits in den 1930ern aus den Pelztierfarmen entwischt und haben eigene Populationen gegründet. Da sie nicht aus Europa stammen, haben sie auch kaum natürliche Feinde und das ist das Problem, sie vermehren sich rasant!
„Ein Anstieg ist deutlich zu erkennen. Bundesweit hat sich die Population gegenüber 2015 verdoppelt. Nutrias sind durch ihre Lebensweise an Gewässer gebunden. Sie besiedeln in Münster die Aa ab Zentrum Nord, die Werse, die Rieselfelder und auch kleinere Teiche und Tümpel“, wie Carsten Krystofiak von der Kreisjägerschaft Münster berichtet. In über einem Drittel der Jagdreviere wird die südamerikanische Art inzwischen nachgewiesen, wie der Deutsche Jagdverband (DJV) berichtet. Nordrhein-Westfalen gehört für die großen Nagetiere zu den Lieblingsregionen. Leider paddeln die Tiere nicht nur gemütlich durch das Wasser, sondern sind auch fleißige Baumeister. Die Folgen für den Natur- und Hochwasserschutz sind gravierend: „Nutrias graben weite Röhrengänge. Dadurch unterminieren sie Flussufer bis zum Einsturz. Das kann negative Folgen für den Hochwasserschutz haben. Zudem vernichten sie Schilfgürtel durch Fraß, diese sind aber wichtig für die Brut von Fischen, Amphibien und Wasservögeln“, wie Krystofiak erläutert. Am Niederrhein wurden durch Nutrias binnen weniger Jahre über 90 Prozent des Schilfbestands vernichtet. Der DJV fordert daher, die Art ins Bundesjagdgesetz aufzunehmen und die Fangjagd politisch abzusichern. Die Nutria ist in der EU als invasive gebietsfremde Art gelistet.
Spitzenreiter NRW
NRW ist Spitzenreiter bei der Dichte der Nutriapopulationen. (Quelle: DJV)
Die aktuelle Analyse basiert auf Daten von mehr als 23.000 Jagdrevieren, die Teil des bundesweiten Wildtier-Informationssystems der Länder (WILD) sind. Das entspricht über einem Drittel der forst- und landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands. Bayern lieferte keine Daten, Schleswig-Holsteins Angaben stammen aus dem Jahr 2020. WILD ist das größte Monitoringprogramm der Jägerschaft und umfasst unter anderem zahlreiche Säugetierarten. Die meisten Nutria-Nachweise stammen aus dem norddeutschen Tiefland. Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen mit 60 Prozent betroffener Reviere. Große Flüsse wie Rhein, Ems, Weser und Elbe bieten ideale Lebensbedingungen, aber auch in und um Münster fühlen sich die Nutria wohl: „Zum Beispiel im Bereich der Werse zwischen Pleistermühle und Nobis Krug, dort sind sie sehr aktiv. Aber auch an der Aa im Bereich Kanalstraße zwischen Zentrum Nord und Bröderichweg“.
Schwanzprämie 15 Euro
Der Bestand hat sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. (Grafik: DJV)
Unerlaubte Fütterung, milde Winter und jagdliche Einschränkungen begünstigen die Ausbreitung in Städten. Dort sind Nutrias mittlerweile auch tagaktiv und vermehren sich schnell. „Nutrias haben kaum natürliche Feinde. Das Einzige, was sie nicht vertragen, sind lange, harte Frostperioden“ wie der Sprecher der Kreisjägerschaft Münster erklärt. In vielen Bundesländern gilt inzwischen eine Jagdzeit oder es existieren Sonderregelungen zur Entnahme. Die Jagdstatistik für 2023/24 verzeichnet rund 117.500 erlegte Tiere – so viele wie nie zuvor. Nahezu drei Viertel davon entfallen auf Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Fast die Hälfte aller erfassten Tiere wurde mit Lebendfallen gefangen. Das klingt zunächst ganz nett, bringt den Tieren aber nur eine Galgenfrist, sie werden in der Lebendfalle erlegt: „Fallen müssen immer mit elektronischen Fangmeldern ausgerüstet sein und bei der Unteren Jagdbehörde der Stadt angemeldet werden. Außerdem müssen Fallen technischen Tierschutzstandards genügen. Totschlagfallen sind verboten“, erklärt Krystofiak und fährt fort: „Sie werden in der Falle erlegt, da es verboten ist, gefangene Wildtiere wieder in der Natur auszusetzen. Davon abgesehen ist das auch nicht sinnvoll, denn Ziel ist ja eine Bestandsreduktion. Die Stadt Münster zahlt deshalb eine ‘Schwanzprämie’ von derzeit 15 Euro pro Individuum“.
Schmecken wie Kaninchen: Nutria. (Foto: Michael Bührke)
Eine wichtige Info für Freunde des Wildbrets hat der Mann von der Kreisjägerschaft auch noch: „Das Fleisch kann übrigens bedenkenlos verzehrt werden, es schmeckt ähnlich wie Kaninchen“. Karsten Krystofiak hat noch ein paar Wünsche und Empfehlungen im Zusammenhang mit der Nutria-Plage: „Land und Kommunen fordern von uns Jägern eine konsequente Bestandsregulierung, der wir nachkommen. Wir wünschen uns besonders, dass die Tiere nicht angefüttert werden. Hundehaltern empfehlen wir, vorsichtig zu sein, da Nutrias sehr wehrhaft sind und Hunde ernsthaft verletzen können.“
Michael wurde im niedersächsischen Celle geboren und kam 1990 zum Studieren nach Münster. Er ist Geograf und arbeitet heute in der Unternehmskommunikation. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Soziales aber auch in den Naturwissenschaften. Michael ist leidenschaftlicher Radfahrer, Wanderer und Amateurfotograf.