Nach vier Jahren im Trikot mit dem roten Brustring verlässt Enzo Millot den VfB. Er wechselt zu Al-Ahli SFC nach Saudi-Arabien. Es bleibt Dankbarkeit für eine bemerkenswerte Zeit, die mit dem DFB-Pokalsieg ihren Höhepunkt fand.

Wenn Enzo Millot den Ball führt, dann klingt das deutsche Verb eigentlich zu hart für die Art und Weise, wie er mit dem Spielgerät umgeht. Vielmehr streichelt der Franzose den Ball, trägt ihn weiter, kreiert mitunter besondere Situationen. In seiner Landessprache Französisch findet sich eine deutlich schönere Umschreibung, wie der 22-Jährige Fußball spielt: Enzo, der Virtuose – ein Künstler, der seine Kunst technisch vollendet beherrscht.

Als der Mittelfeldakteur im August 2021 zum VfB wechselt, fällt sein Talent am Ball schnell auf. Seine ersten Monate beim Club aus Cannstatt waren dagegen schwer. Neues Land, neue Sprache, neue Umgebung – wer im Alter von 19 Jahren einen solchen Schritt vollzieht, sich herausbewegt aus der Komfortzone, der wird an einigen Widerständen wachsen müssen. Bei Enzo Millot kommt zusätzlich eine Knieverletzung hinzu. In seiner ersten Saison im Trikot mit dem roten Brustring reicht es letztlich für sechs Kurzeinsätze. Der VfB gibt dem in Le Chesnay bei Paris geborenem Talent weiterhin Zeit. Als im April 2023 Sebastian Hoeneß als Cheftrainer übernimmt, ist das eine neue Chance für Enzo Millot – und er nutzt sie, gleich im ersten Spiel: Im DFB-Pokal-Viertelfinale beim 1. FC Nürnberg erzielt er den entscheidenden 1:0-Treffer zum Weiterkommen.

„Er gibt mir ein gewisses Maß an Freiheiten“

„Dass Sebastian Hoeneß mit seiner Spielphilosophie beim VfB als Cheftrainer übernahm, kam mir sicherlich entgegen“, hat der feine Techniker in einem „stadion aktuell“-Interview erzählt: „Er gibt mir ein gewisses Maß an Freiheiten auf dem Platz, das ich sehr zu schätzen weiß und das mir ermöglicht, meine Qualitäten unter Beweis zu stellen. Darüber hinaus ist er ein kommunikativer Trainer, der versucht, die Sichtweise und Gedanken der Mitspieler einzubeziehen.“ Prägend für die Entwicklung von Enzo Millot ist noch ein zweiter Faktor.

Die beiden Relegationsspiele am Ende der Saison 2022/2023 gegen den Hamburger SV. „Als Mannschaft haben wir eine große Drucksituation gemeistert und den Klassenerhalt geschafft“, sagte er: „Das hat uns allen und auch mir persönlich viel Kraft gegeben.“ Er schießt zwei Tore, liefert eine Vorlage, der VfB bleibt drin. Mehr und mehr wird klar: Enzo Millot, der Virtuose, entfaltet seine ganze Power am liebsten in den vermeintlich großen Spielen.

Enzo Millot: Vier Jahre VfB

Dribblings, Vorlagen, Tore – er macht Freude

Die Gedanken springen in die abgelaufene Saison 2024/2025. In der UEFA Champions League ist er – gemeinsam mit Jamie Leweling – der beste Torschütze des VfB, erzielt zwei Treffer. In der Bundesliga, als die Jungs aus Cannstatt den BVB mit einem 5:1-Heimsieg dominieren, dribbelt Enzo Millot immer wieder die schwarz-gelbe Defensivreihe schwindelig und sammelt drei Scorerpunkte in nur einer Begegnung. Und, natürlich, das DFB-Pokalfinale am 24. Mai: Der Franzose macht zwei Tore, rennt, dribbelt, kämpft, jubelt mit seinen Teamkollegen über den 4:2-Erfolg gegen Arminia Bielefeld. Anschließend sitzt er fröhlich in der Kabine, die Medaille um den Hals. „Onirique“, möchte man sagen, traumhaft, verspielt.

Nach vier Jahren – Enzo Millot gehört damit zu den dienstältesten Spielern im Kader des VfB – zieht der Virtuose weiter. Alles läuft fair, mit Größe, mit Stil, es passt zu dem gereiften Enzo Millot, der den Club aus Cannstatt in sein Herz geschlossen hat, wie der eine oder andere Jubel zuletzt gezeigt hat. „Ich mag den VfB einfach“, sagte er in einem seiner VfB.de-Interviews: „Zwar habe ich meine ersten Profispiele für AS Monaco absolviert, aber erst in Stuttgart bin ich zum ‚richtigen‘ Profi gereift. Der VfB hat es mir ermöglicht, im Profifußball wirklich Fuß zu fassen. Dafür bin ich dem Verein dankbar.“

Wertschätzende Worte von Fabian Wohlgemuth und Alexander Wehrle

Am Ende lautet die reine Statistik: 113 Pflichtspiele für den VfB, 22 Tore, 21 Vorlagen. Es bleiben die Bilder von der gewonnenen Relegation, der Vizemeisterschaft, dem DFB-Pokalsieg. Viele Eindrücke, die fest im Herzen sind – von Enzo Millot und den Fans.

Zum Abschied sagt Enzo Millot: „Ich werde die Zeit beim VfB immer in bester Erinnerung behalten. Ich habe mich als Spieler und als Mensch weiterentwickelt und wir hatten als Mannschaft eine erfolgreiche Zeit. Ich danke meinen Mannschaftskollegen, dem Trainerteam und dem Staff für die gute Zusammenarbeit und natürlich den VfB-Fans für die großartige Unterstützung. Für meine Familie und mich beginnt nun ein neues Kapitel, auf das wir uns sehr freuen.“

Fabian Wohlgemuth, Vorstand Sport des VfB: „Enzo hat in den vergangenen Jahren maßgeblich zu unserer positiven sportlichen Entwicklung beigetragen. Er war einer der Wegbereiter für die erfolgreiche Relegation und hatte zuletzt in Berlin großen Anteil am Gewinn des DFB-Pokals. Wir danken Enzo für seine Leistungen im VfB-Trikot und wünschen ihm und seiner Familie alles Gute für die Zukunft.“

Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB: „Es hatte sich schon seit längerer Zeit angedeutet, dass uns Enzo in der laufenden Transferperiode verlassen möchte. Aus sportlicher Sicht verlieren wir einen außergewöhnlichen Fußballer, der mit dem VfB in den vergangenen Jahren einen besonderen Weg gegangen ist. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dieses Transfers sind gleichzeitig außergewöhnlich gut, auch mit Blick auf vergleichbare Transfers in der Geschichte unseres VfB.“

Mit Enzo Millot hat der VfB einmal mehr einen talentierten Spieler weiterentwickelt und auf das nächste Level gebracht. Nun heißt es „Nouveau Départ“, ein neuer Anfang, außerhalb von Cannstatt. Enzo Millot wechselt zu Al-Ahli SFC nach Saudi-Arabien. Der VfB sagt: Merci, Enzo, und Au revoir!

Weit über 50.000 Fans beim Opening

Knappe Niederlage