Am 3.September erscheint bei den Editions Schortgen ein Buch über Paul Philipp, das die große Lücke zwischen den letzten Werken über ihn bis zur Affäre „Gerson Rodrigues“ hin schließt und damit sogar noch einen gewissen Anspruch auf Aktualität erheben kann. FuPa hat mit dem Autor und ehemaligen Sportjournalisten Joe Turmes über seine Motivation, ein solches Werk herauszubringen, gesprochen und u.a. auch darüber, wie er den FLF-Präsidenten in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt hat.
Joe, wie kommt man auf die Idee, ein solches Buch schreiben zu wollen? War es vielleicht sogar überfällig, dass ein solches veröffentlicht wird?
Ich hatte immer schon die Idee, ein Buch zu schreiben. Ich bin jetzt seit vier Jahren nicht mehr als Sportjournalist tätig, aber das war etwas, das ich immer noch machen wollte. Der Zeitpunkt war jetzt der richtige, da ich etwas Abstand zu meinem damaligen Beruf habe, aber noch keinen so großen, dass ich niemanden in der Sportwelt mehr kennen würde. In zehn Jahren hätte ich vermutlich niemanden mehr gekannt und ich wäre nicht mehr in der Materie drin gewesen.
Was nun die Person Paul Philipp betrifft, muss man wissen, dass bereits Bücher über ihn veröffentlicht wurden. Das bislang letzte, als er als Nationaltrainer aufhören musste. Da ich immer gut mit Paul Philipp auskam, fiel er mir schnell als Thema meines Buches ein, es war naheliegend. Es war zudem mein Wunsch, über jemanden zu schreiben, über den es genügend zu erzählen gibt. Er ist ja seit über zwanzig Jahren FLF-Präsident, davor war er bekanntlich auch lange Nationaltrainer und Auslandsprofi.
Seit den genannten ersten Büchern über Paul Philipp besteht ja eine Lücke, welche meines Wissens nach literarisch noch nicht aufgearbeitet wurde. Kann man davon ausgehen, dass Philipps Präsidentschaft in deinem Werk einen großen Teil einnimmt?
Genau, die Präsidentschaft war noch in keinem Buch zu finden. Es ist in diesem Kontext wichtig zu sagen, dass ich kein „historischer“ Mensch bin. Von Beginn an fand ich es interessant, herauszufinden, wie Paul Philipp denkt, warum er wie handelt. Das war mein Antrieb, weniger der Fakt, dass er so und so viele Länderspiele absolviert hat. Ich wollte seine Gedanken herausarbeiten. Das Buch wird zwar offiziell mit dem Schlagwort Biografie vertrieben, doch man kann diskutieren, ob es tatsächlich eine Biografie ist. Das Buch ist nicht mit Fakten überladen.
D.h. man wird lesen können, was in Paul Philipps Kopf vorgeht, was man ansonsten von außen natürlich nicht mitbekommt?
Richtig, man bekommt Eindrücke darüber, was er denkt. In dem Zusammenhang war es interessant zu sehen, wie er schlussfolgert. Wir werden uns über zehnmal getroffen haben. Zum Ende hin konnte ich auch noch die Affäre um Gerson Rodrigues und die Entscheidung, den Vertrag mit Trainer Luc Holtz nicht zu verlängern, mit ins Buch aufnehmen. Wir wurden von diesen Geschichten fast überrollt, der Umfang davon war im Vorfeld nicht abzusehen. Ehrlich gesagt ging ich davon aus, dass ich dieses Buch in Ruhe schreiben könnte.
Diese neuesten Entwicklungen beschreibt dein Verlag ja bereits auf seiner Internetseite zum Buch. Wie hast du Paul Philipp in den letzten Monaten vor allem im Rahmen der Rodrigues-Affäre, des Ausschlusses von Journalist Julien Mollereau und allem, was dadurch auf ihn einprasselte, erlebt?
Paul Philipp ist wie eine Mauer, an der vieles abprallt. Positiv ausgedrückt ruht er in sich selbst. Dies schätze ich an ihm. Das war in meinen Gesprächen mit ihm auch stets der Fall. Als Buchautor hatte ich den Vorteil, dass ich ihn z.B. nach der Affäre um Herrn Mollereau nicht gleich am Tag danach anrufen musste.
Wenn man ihn darauf ansprach, sagte er zwar, dass es heftig war, doch man merkte, dass er ziemlich schnell wieder zur Tagesordnung übergehen konnte. Ich bin der Meinung, dass man das in seiner Position auch einfach machen muss. Er kam reflektiert rüber und ist sich bewusst, dass er nicht alles richtig gemacht hatte. Das sagt er auch im Buch.
Wie lange verfolgst Paul Philipps Karriere schon?
Ich fing 2006 an, für das Luxemburger Wort Artikel zu schreiben und seitdem war er immer Verbandspräsident. Ab 2011 war ich dann fest in der Sportredaktion und dadurch hatte ich automatisch mehr mit ihm zu tun. Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass er mir und dem „Wort“ stets zur Verfügung stand. Für andere Medien kann ich jetzt nicht sprechen.
Umso interessanter fand ich es, dass eine Zeitung seinen Rücktritt nach den letzten Geschichten forderte. Persönlich denke ich, dass die Affäre um Gerson Rodrigues einen Rücktritt nicht erforderlich macht und ich bin der Ansicht, dass Paul Philipp das selber ebenfalls so sieht.
Deine Karriere als Sportjournalist beim „Wort“ hat dir bei der Arbeit an dem Buch vermutlich viel geholfen.
Ja, viele Informationen hatte ich noch im Kopf. Über Paul Philipp findet man auch viel, ohne unbedingt im tiefsten Archiv wühlen zu müssen. Ich arbeitete damals auch an vielen großen Themen wie dem Rücktritt von Guy Hellers und das hat mir jetzt auch geholfen. Natürlich macht es eine Sache einfacher, wenn man noch über die nötigen Kontakte verfügt. Ich sprach z.B. mit Luc Holtz, Roby Langers und Reinhold Breu.
Ich hatte zudem das Glück, dass der UEFA-Präsident (d.Red.: Aleksander Čeferin) das Vorwort geschrieben hat. Ich war positiv von dessen Aussagen überrascht, er fand die richtigen Worte zu Paul Philipp. Er beschrieb Philipp als jemanden, der viel arbeitet, sich selber aber nicht in den Mittelpunkt stellt. Ich denke, das ist etwas, was den FLF-Vorsitzenden ausmacht.
Seit wann arbeitest du an dem Projekt?
Im Dezember 2023 habe ich erstmals Kontakt zu Paul Philipp aufgenommen. Diese gut anderthalb Jahre braucht man für so ein Buch auch. Zum Schluss habe ich aber auch darauf gedrängt, es früher zu veröffentlichen. Anfangs war ein späterer Veröffentlichungstermin geplant. Dies habe ich mit den aktuell vielen Entwicklungen begründet. Es erscheint jetzt vor der WM-Qualifikation und wahrscheinlich vor der Bekanntgabe des Nachfolgers von Luc Holtz.
Welche Informationen kannst du zum Buch an sich geben? Wie sieht das Layout aus, wie ist es aufgebaut?
Zunächst ist es kein riesiges Buch, es hat 104 Seiten. Den Anfang macht Paul Philipps Präsidentschaft. Und dann geht es nach und nach in frühere Zeiten hinein, bis zum Spieler Paul Philipp. Das erste Kapitel dreht sich um Kontinuität und um ihn selber, da er seit zwanzig Jahren FLF-Präsident ist. In diesem wird auch Luc Holtz beleuchtet, der seit 2010 Nationaltrainer ist.
Das zweite Kapitel handelt dann davon, dass die erwähnte Kontinuität auch an Grenzen stößt, wie z.B. der Rücktritt von Guy Hellers oder dass Jeff Saibene die FLF als Sportdirektor relativ schnell wieder verließ. Ganz am Anfang der Amtszeit von Paul Philipp war ja auch Allan Simonsen noch Nationaltrainer. Sich von ihm zu trennen war ja quasi Philipps erste Amtshandlung.
Der Titel eines Kapitels lautet „Unterwegs im Weltfußball“. Dort wird erörtert, wie es auf internationaler Ebene abläuft und wie Philipp an diese Dinge herangeht. Seine Sicht auf die UEFA und FIFA wird dargelegt. Viele Leute sagen ja, es würde immer mehr nur noch ums Geld gehen. Philipp erklärt, dass dies nicht unbedingt falsch sei. Ohne die UEFA hätte die FLF nur zwei kleine Büros.
Ich gehe davon aus, dass das Buch mit Fotos, Zitaten u.a. aufgelockert wurde.
Ja, genau. Doch um noch einmal an das vorherige Thema zurückzukommen: der Besuch von Michel Platini in Luxemburg, als sich der damalige UEFA-Präsident über den Zustand des „Stade Josy Barthel“ äußerte, wird ebenfalls beleuchtet. Es wird erklärt, wie diese Verbindung zwischen den beiden Männern genutzt werden konnte, um Druck auf die Politik für ein neues Stadion auszuüben. Paul Philipp ist der Meinung, dass man sich als kleine Nation eher zurückhalten sollte. Aufgrund dieser Zurückhaltung habe er aber mit der Zeit gemerkt, dass einem mehr Respekt entgegengebracht wurde. Die guten Ergebnisse, die Luxemburg in den letzten Jahren ablieferte, veränderten auch die Wahrnehmung. So würde einem besser zugehört.
Nach diesem Kapitel wird auf Philipps Zeit als Trainer zurückgeschaut. Ich versuchte den Vergleich zwischen seiner Zeit – er war damals in Personalunion Trainer der A- und der U21-Nationalmannschaft – und heute zu ziehen. Er erzählte vom Spiel gegen Deutschland (d.Red: das 2:3 von 1990 im „Stade Josy Barthel“). Er musste die U21 damals quasi zeitgleich vorbereiten. Mit solchen Vergleichen habe ich versucht, das Buch ebenfalls aufzulockern. Danach ging ich auch noch auf seine Spielerkarriere ein, wo ich dann aber mehr der Zuhörer war, das war ja lange vor meiner Zeit.
Wenn wir bei diesem Thema sind: hattest du ihn gefragt, wie froh er war, als die Union Saint-Gilloise im Sommer belgischer Meister wurde? (d.Red: Paul Philipp spielte einst für den Brüsseler Traditionsverein)
(Lachen)
Ja, das hatte ich ihn in der Tat gefragt. Er war natürlich glücklich, zumal Anthony Moris zu diesem Zeitpunkt noch dort aktiv war. Was Philipp als Person interessant macht ist, dass er sich sehr viel mit dem Fußball beschäftigt. Das ist zwar kein Geheimnis, doch es geht dabei nicht nur um den luxemburgischen Fußball.
Ich glaube, er weiß quasi alles über den Fußball. Interessant fand ich, als wir über seine Rolle als Co-Kommentator bei RTL sprachen. Er steckt viel Energie da hinein. Jeff Kettenmeyer (d.Red.: ein Sportjournalist von RTL) kommt ebenfalls zu Wort, der einen interessanten Blick eines Journalisten auf Paul Philipp wirft. Diese Kommentatoren-Tätigkeit zeigte seine ganze Passion, er macht das seit Jahren unentgeltlich.
Info
Das Buch kann bei Editions Schortgen vorbestellt werden.