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Die Evakuierung in Frankfurt-Preungesheim ist Geschichte, das Gespräch darüber geht weiter. Der Tag nach der erfolgreichen Bombenentschärfung einer 500-Kilo-Kriegsbombe.

Frankfurt – Es ist wieder (fast) normal in Preungesheim. Keine Polizeiwagen und Flatterbänder schneiden Wege ab, keine Feuerwehrwagen sind vor Ort, auch keine Wagen vom Kampfmittelräumdienst. Die Straßen und Gassen sind viel leerer als am frühen Abend vom Donnerstag, als rund 2.500 Menschen den Umkreis von 300 Metern rund um den Bilsteinweg verlassen mussten. Eine 500-Kilo Weltkriegsbombe war am Mittag auf einer Baustelle entdeckt worden.

„Das war richtige Action. Und manche haben sich gefreut, dass hier was los war“, sagt Kioskbetreiber Ben Musje über den Tag der Bombenentschärfung in Frankfurt-Preungesheim.„Das war richtige Action. Und manche haben sich gefreut, dass hier was los war“, sagt Kioskbetreiber Ben Musje über den Tag der Bombenentschärfung in Frankfurt-Preungesheim. © Sabine Schramek

Die erste Teilentschärfung tagsüber war problemlos. Ein Zünder des explosiven Teils war so kompliziert und gefährlich, dass Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden mussten. Jetzt ist alles wieder friedlich. Dort, wo die Bombe unter einer großen Plane lag, ist ein tiefes Loch im Boden, das frisch betoniert ist. Nichts erinnert mehr an sie. Die Bauarbeiter bewegen sich gelassen auf dem Grundstück, auf dem ein Einfamilienhaus entsteht. Sie zucken die Schultern. Passanten gucken kurz in die Baustelle und gehen weiter.

Bombenentschärfung in Frankfurt-Preungesheim: Evakuierung dauert vier Stunden

„Die Bauarbeiter sind mittags zu mir gekommen und haben mir das von der Bombe erzählt. Und sie haben die Polizei gerufen, die sehr schnell kam“, sagt ein Kioskbesitzer um die Ecke der Fundstelle. „Es ist ja alles gut gegangen.“ Dass er schließen musste, ist ihm selbstverständlich. „Sicherheit geht vor.“ Die Hektik des Vorabends ist weg, das Thema bleibt. Die Pizzeria Forno d‘Oro, die gestern ebenfalls schließen musste, hat offen und ist voller Gäste, die über ihre Erfahrungen und Sorgen sprechen.

So wie die Dame, die gegen 23 Uhr mit der U-Bahn wieder nach Preungesheim gefahren ist. „So etwas hätte ich nicht für möglich gehalten, dass mich das einmal selbst betrifft. Seit 50 Jahren wohne ich hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“ Sie war bei ihrer Familie. „Ich hätte dort auch übernachten können, aber ab einem bestimmten Alter will man sein eigenes Bett und seine Umgebung haben“, so die Frau, die nur ihre weiße Handtasche dabeihatte.

Die Evakuierung hat rund vier Stunden gedauert. Krankentransporte haben Zeit gebraucht, wie die Feuerwehr mitteilt. Rund 70 Leute haben den Abend bei den Johannitern in der Berner Straße verbracht. Drei Hunde und zwei Katzen waren auch dabei. Um 22 Uhr wurde aufgeatmet. Der Zünder der Bombe war nach einer Stunde gefährlicher Arbeit durch den Kampfmittelräumdienst erfolgreich entschärft.

Die Fundstelle der 500 Kilo-Bombe im Bilsteinweg am Tag nach der EntschärfungDie Fundstelle der 500 Kilo-Bombe im Bilsteinweg am Tag nach der Entschärfung. © Sabine Schramek„Manche haben sich gefreut, dass hier was los war“

„Vor den Leuten, die Bomben entschärfen ziehe ich den Hut. Das würden meine Nerven nicht aushalten“, sagt ein Kunde im Kiosk Saba’s Laden. Er spricht über die nervenaufreibenden Stunden, in denen er Glück hatte. Seine Wohnung liegt direkt hinter der Evakuierungszone. Seine 89jährige Mutter sei nervös und verängstigt. „Sie hat im Krieg in Darmstadt gelebt. Ihr Haus wurde komplett von Bomben zerstört, ihre drei Geschwister sind dabei ums Leben gekommen. Sie als einzige überlebt. Da sind schlimme Erinnerungen hochgekommen“, sagt er traurig.

„Die Bombe ist das Tagesthema“, so Ben Musje (41), der den Kiosk seit zwei Jahren betreibt.  Sein Kiosk ist immer bis 18.30 Uhr geöffnet. „Die Polizei war nett und cool. Ich habe ihnen gesagt, dass ich noch die Abrechnung fertig machen muss, und sie haben es mich machen lassen. Um 18.25 Uhr habe ich abgeschlossen“, erzählt er. „Jeder redet darüber. Alle sind immer noch völlig aufgeregt. Das war richtige Action. Und manche haben sich gefreut, dass hier was los war“, sagt der freundliche Mann, der sich Zeit nimmt für seine Kunden. Sie erinnern sich daran, dass es letztes Jahr zweimal Stromausfall im Viertel gab und davor massenweise vom Regen überflutete Keller.

„Hier ist immer etwas los. Eine Bombe hatten wir noch nicht und das muss auch nicht noch mal passieren“, kommentiert eine Frau. Sie hat die Wartezeit der Evakuierung wie viele andere auf einer Mauer verbracht. „Man wusste nichts. Wir haben alle gerätselt, wie lange es wohl dauern wird. Es hieß, bis mitten in die Nacht. Zum Glück ging es schneller. Um kurz nach zehn Uhr am Abend konnten wir wieder nach Hause. Und es war warm, hat nicht geregnet und wir haben viele Bekannte getroffen, die wir ewig nicht gesehen haben. Das war das Gute.“