Die Hitze Anfang Juli, der Gletscherabbruch in der Schweiz im Mai, das Junihochwasser 2024, die Katastrophe im Ahrtal 2021: Extremwetterereignisse führen vor Augen, welche Gefahren für Leib und Leben die Klimakrise mit sich bringt. Hitze, Dürre, Hagel, Sturm und Überschwemmungen werden häufiger und schlimmer. Auch in Bayern gab es in den vergangenen Jahren hohe Schäden, wie Zahlen des Recherche-Netzwerks Correctiv.Lokal und dem Gesamtverband der Versicherer zeigen.
Klimaschutz soll die Veränderungen und Schäden möglichst gering halten. Doch die Folgen, die schon spürbar sind, werden nicht wieder verschwinden. Und wenn die Lebensbedingungen sich verändern, müssen wir uns daran anpassen. Tun wir dabei in der Region schon genug?
Nicht alle Kreise und kreisfreien Städte haben schon ein Klimaanpassungskonzept
Wie in vielen Veränderungen im Leben ist es auch bei der Klimaanpassung sinnvoll, sich einen Plan zu machen. Wir haben alle 17 Kreise und kreisfreien Städte im Verbreitungsgebiet unserer Zeitung deshalb gefragt, ob sie schon ein Klimaanpassungskonzept haben. Dazu sind sie noch nicht verpflichtet, sechs haben aber bereits Konzepte erstellt: Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, Kempten, Memmingen sowie der Landkreis Ostallgäu. Mit den Landkreisen Neu-Ulm und Oberallgäu arbeiten zwei weitere daran. In neun weiteren gibt es kein Konzept. Diese betonen zumindest, dass sie auch ohne Konzept schon viel für die Anpassung tun.
In der gesamten Region gibt es Maßnahmen, um sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen – hier nur einige von vielen Beispielen: Moorschutz in Aichach-Friedberg und Günzburg sowie im Ober- und Ostallgäu; forstwirtschaftliche Projekte wie Waldumbau oder Dachbegrünung in Städten, die Anpflanzung hitzeresistenter Pflanzen im Keis Donau-Ries oder das smarte Stadtgrün in Augsburg; Hochwasserschutz zum Beispiel in Landkreis Augsburg; Hitzeschutz unter anderem in Schulen im Kreis Donau-Ries; Maßnahmen und Beratung zum Thema Heizen oder Energiesparen im Kreis Dillingen oder Neu-Ulm.
Manches davon ist Klimaanpassung. Manches ist Klimaschutz. Manches ist beides. Ist es sinnvoll, das zusammen zu planen? Noch geht das für Reimund Schwarze. Der Forscher vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig berät Kommunen in diesem Bereich. Im Idealfall könne man Klimaanpassung durch Klimaschutz stärken und andersherum, so Schwarze. So trage die Bekämpfung von Hitze durch Begrünung von Dächern auch zum Klimaschutz bei. Es sei sinnvoll, Synergien zu nutzen – „doch das wird nicht immer so sein“. Langfristig müsse man sich spezialisieren. „Je stärker die Klimaänderung ist, desto anspruchsvoller werden die Aufgaben der Klimaanpassung sein.“
Schon jetzt ist Klimafolgenanpassung vielerorts voller Herausforderungen
Schon jetzt berichten viele Kreise und kreisfreie Städte von großen Herausforderungen. Infoveranstaltungen, Planungstreffen, Waldumbau, Renaturierung – das kostet Geld. Geld, das eventuell an anderer Stelle fehlt. Eine Förderung des Freistaats ist bei Klimaschutzprojekten zwar möglich. Zahlen des bayerischen Umweltministeriums belegen aber, dass fast die Hälfte der seit Anfang 2023 von Kommunen gestellten Anträge wegen fehlender Geldmittel des Freistaats abgelehnt werden musste.
Geld allein ist aber nicht die Lösung: Wie Ende Mai bekannt wurde, stehen der Stadt Augsburg zwar Mittel in Millionenhöhe zur Verfügung. Doch weil Personal fehlt, kann das Geld nicht komplett abgerufen werden. Und um weitere Förderung zu beantragen, fehlt ebenfalls Personal.
Oft gibt es in einer Kommune bisher keine eigene Stelle, die sich mit Klimafolgen beschäftigt, und auch kein eigenes Budget. Ingolstadt, die Landkreise Oberallgäu und Ostallgäu zum Beispiel haben eigene Stellen für Klimaanpassung. Andere erklären, dass die Maßnahmen in Zahlen und Stellen querschnittartig zu finden und daher schwer zu beziffern seien. Wie koordiniert das abläuft und wie gut gemeinsame Ziele kommuniziert werden, lässt sich unterschiedlich gut nachvollziehen.
Akzeptanz ist bei der Anpassung an Klimafolgen besonders wichtig
In der Stadt Augsburg gibt es seit diesem Sommer eine Klimainsel: Am Martin-Luther-Platz sollen Menschen sich zwischen Sitzbänken, Hochbeeten und zusätzlichen Bäumen von der Sommerhitze erholen. Von solchen Maßnahmen profitieren viele, sie sind aber auch keine große Belastung. Wenn für Entsiegelung aber Parkplätze weichen müssen, ist das schon ein größerer Aufreger. Und dabei wird es nicht bleiben. Reimund Schwarze ist sich sicher: „In 20 Jahren werden wir in einer anderen Welt leben. Darauf müssen wir uns vorbereiten.“
Es würden Maßnahmen notwendig, die den Menschen viel abverlangen: große, teure Bauwerke wie Dämme oder Strukturen, um Orte vor Gletscherabbrüchen wie in der Schweiz zu schützen. Schwarze sagt: „Das kann nur gelingen, wenn man die Menschen von dem Anliegen überzeugt.“ Einige Kreise und kreisfreie Städte arbeiten daran schon. So gibt es beispielsweise im Landkreis Aichach-Friedberg Informationsangebote für Betriebe, in den Landkreisen Augsburg und Dillingen Veranstaltungen für die Bevölkerung. Ein Sprecher des Landratsamts Dillingen berichtet von einer sehr guten Teilnahme. „Es ist wichtig, die Menschen über mögliche Naturgefahren zu informieren und zu sensibilisieren, damit deren Auswirkungen in das Bewusstsein der Menschen rücken und Maßnahmen zur Eigenvorsorge umgesetzt werden.“
Klimaanpassung endet nicht an der Landkreisgrenze
Was es laut Reimund Schwarze außerdem braucht, sind Austausch und Vernetzung auf allen Ebenen. Schwarze erlebt oft, dass es keine Strukturen gibt, um sich in einer Region, zwischen Kreisen, Städten, Gemeinden und ihren Ämtern zusammenzutun. Die müssten geschaffen werden – und zwar nicht wie im Ahrtal erst nach der Katastrophe, sondern möglichst vorausschauend schon jetzt.
Einen Schritt in diese Richtung geht die Allgäuer Moorallianz. Hier haben sich Oberallgäu und Ostallgäu beim Moorschutz zusammengetan. Auch andere Kommunen in der Region arbeiten bereits gemeinsam an Lösungen, um ihre Umgebung klimaresilient zu machen – und damit auch weiter lebenswert.
-
Maria-Mercedes Hering
Icon Haken im Kreis gesetzt
Icon Plus im Kreis
-
Klimakrise
Icon Haken im Kreis gesetzt
Icon Plus im Kreis
-
Hitze
Icon Haken im Kreis gesetzt
Icon Plus im Kreis