Reportage
Nach Jahren der Flucht kehren Syrer zurück in ihre Heimat. Doch der Start in das neue Leben ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Städte wie Palmyra sind zu weiten Teilen zerstört. Wie kommen die Rückkehrer zurecht?
Kamel füllt Nüsse ab. Der 45-jährige Syrer hat in Palmyra ein kleines Geschäft eröffnet – er verkauft Pistazien, Knabberzeug, Süßigkeiten. Gerade kauft ein junges Pärchen eine Tüte Karamellbonbons.
Alles ist noch ganz neu im Laden, denn Kamel ist erst vor wenigen Wochen mit seiner Familie zurückgekehrt. Zehn Jahre lang haben sie in der Türkei gelebt, auf der Flucht vor der Gewalt in Syrien, dem Krieg, der Terrormiliz „Islamischer Staat“ und dem Langzeitdiktator Baschar al-Assad.
„Als Syrien von Assad befreit wurde, war klar: Ich will zurück. Am liebsten wären wir sofort gekommen, aber ich musste erst meine Arbeit dort beenden und dann sind wir los.“
Kamel hat sich ein eigenes Geschäft in Palmyra aufgebaut – nach zehn Jahren als Geflüchteter in der Türkei.
Das eigene Haus – in Trümmern
Einfach sei die Rückkehr nicht, räumt der Familienvater ein. Die Kinder gingen in der Türkei zur Schule, die Familie hatte sich ein Leben aufgebaut. In Syrien stehen nun alle vor einem Neuanfang – und das unter schwierigen Bedingungen.
In Palmyra liegen immer noch ganze Straßenzüge in Trümmern, viele Häuser sind unbewohnbar. Es gibt längst nicht immer fließend Wasser oder Strom. Auch Kamels Haus ist zerstört worden. Zwei mutmaßlich russische Raketen sind eingeschlagen und haben es dem Erdboden gleich gemacht.
Er wohnt erst mal zur Miete. Aber alles sei besser als die Türkei, sagt er. „Wir hatten als Flüchtlinge sehr schwierige, dann schöne und dann traurige Tage. Traurig war vor allem der Rassismus. Nicht von allen. Aber wir haben in der Türkei deutlichen Rassismus gespürt, vor allem die Kinder an der Schule. Deshalb sind wir gegangen.“
So wie diese Straße sind viele Gegenden von Palmyra zerstört. Der Wiederaufbau wird Jahre dauern.
Und doch herrscht Aufbruchstimmung
Nun sind sie zurück in der zerstörten Heimat. In der syrischen Kleinstadt Palmyra herrscht Aufbruchstimmung. An vielen Häusern wird gewerkelt, Trümmer weggeräumt, Sand geschippt. Die Menschen wollen ihr Zuhause wieder aufbauen. Doch das braucht Zeit und Geld.
Auch Mohammed war mit seiner Familie jahrelang in der Türkei. Der alte Mann ist mit seiner Frau zurückgekehrt. Geld für den Wiederaufbau habe er keines, sagt er bedauernd. Seine Kinder seien weitergezogen, zwei seiner Söhne lebten in Deutschland – in Flensburg, berichtet Mohammed stolz.
Mohammed hofft, dass seine Kinder irgendwann aus Deutschland nach Syrien zurückkehren.
Dort hätten sie einen Sprachkus gemacht, ein Studium absolviert und seien mittlerweile mit syrischen Frauen verheiratet. Wollen sie zurückkehren in das völlig zerstörte Trümmerfeld von Palmyra? Mohammed wiegt mit dem Kopf – erst mal nicht, meint er vorsichtig.
Am Telefon erreichen wir Khaled, den Sohn eines Bekannten von Mohammed. Auch er lebt in Deutschland, wird zur Fachkraft ausgebildet und möchte erst mal bleiben. Eine Rückkehr nach Syrien kann er sich unter einer Voraussetzung vorstellen: „Ich habe einen Plan. Wenn ich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalte, dann ja.“
Für die Kinder ist der Wiederaufbau von Palmyra manchmal auch noch ein Spiel – für die Eltern bedeutet er harte, entbehrungsreiche Arbeit.
„Glücksgefühl“, wieder daheim zu sein
Wer nicht diese Perspektive hat, macht sich auf den Weg. Tausende Syrerinnen und Syrer sind bereits zurückgekehrt in ihre Heimatstädte, aus dem Ausland oder aus anderen Provinzen. Vor Mahmouds Haus stapeln sich Koffer, Kisten und Plastiksäcke. Erst in der vergangenen Nacht ist er mit der Familie zurückgekommen. Die Begrüßung ist freudig, die Nachbarn haben sich lange nicht gesehen.
Mahmoud zählt zu einem der Millionen Binnenvertriebenen in Syrien. Einer, der im syrischen Bürgerkrieg mit seiner Familie von einer Front zur nächsten geriet, von Palmyra über Aleppo bis nach Idlib. Sein Neffe hat in Idlib durch einen Granatsplitter eine Hand verloren.
Mahmoud hat als Binnenflüchtling immer von der Rückkehr nach Palmyra geträumt – nun hat sich dieser Wunsch erfüllt.
Von einer Rückkehr in die Heimat hatten sie immer geträumt. „Wir mussten einfach zurück. Das ist unsere Stadt, wo wir aufgewachsen sind. Jeden Tag haben wir an die Heimat gedacht. Die Rückkehr war schwer, aber es ist alles nichts im Vergleich zu dem Glücksgefühl, wieder zu Hause zu sein.“ Mahmoud, Kamel und die vielen anderen Rückkehrer wünschen sich nur eines: dass in ihrem Land nun dauerhaft Frieden einkehrt und der Wiederaufbau Syriens gelingt.