Die 15 aus dem LKW geretteten Menschen aus dem nordafrikanischen Eritrea waren stark unterkühlt. Der Fahrer des Lastwagens, der gefrorenes Gemüse nach Großbritannien transportieren wollte, hatte an einer Autobahnraststätte Hilferufe gehört und die Flüchtlinge entdeckt, wie die Behörden im nordfranzösischen Département Pas-de-Calais mitteilten. „Ihr Zustand der Unterkühlung lässt darauf schließen, dass sie mehrere Stunden dort waren“, sagte der örtliche Behördenleiter Christian Vedelago. Der marokkanische Fahrer werde nicht strafrechtlich verfolgt, fügte er hinzu.
Vier der Geretteten wurden in ein Krankenhaus gebracht, vier Minderjährige einer Betreuungsorganisation übergeben. Einige der Migranten hatten laut Behörden bereits eine offizielle Aufforderung erhalten, Frankreich zu verlassen.
Flucht per Schlauchboot Richtung Großbritannien
Ungeachtet umfangreicher Sicherheitskontrollen in den Häfen Nordfrankreichs versuchen Migranten weiterhin, auf Lastwagen versteckt über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangen. Deutlich mehr Menschen wagen jedoch die gefährliche Überfahrt in kleinen Booten.
Diese Migranten auf dem Ärmelkanal wollten nach Großbritannien (17.07.2025) Bild: Gonzalo Fuentes/REUTERS
Seit Jahresbeginn sind bereits mehr als 25.000 Menschen via Ärmelkanal illegal nach Großbritannien gelangt. Die Zahl ist ein Höchststand für diesen Zeitraum. Mindestens 18 Menschen kamen dabei nach Angaben des französischen Innenministeriums ums Leben.
Das Geschäft mit den Überfahrten ist fest in der Hand international organisierter Schleuserbanden. Plätze in den meist völlig überfüllten Schlauchbooten werden für mehrere tausend Euro verkauft.
Abkommen zwischen Paris und London
Um diese illegale Migration über den Ärmelkanal einzudämmen, gilt seit dem vergangenen Mittwoch ein Pilotprojekt, auf das sich die Regierungen in London und Paris verständigt hatten. Es soll zunächst bis Juni 2026 laufen.
Innenminister Bruno Retailleau: Frankreich ist entschlossen, die Migrationsströme zu stoppen und Leben zu retten Bild: Alexandre Marchi/MAXPPP/dpa/picture alliance
Gemäß dem Abkommen wird Großbritannien Migranten, die in kleinen Booten über den Ärmelkanal ins Land kommen und deren Asylgesuch als unzulässig eingestuft wird, wieder nach Frankreich zurückschicken. Im Rahmen der Vereinbarung können diese Menschen vor ihrer Rückführung nach Frankreich in Abschiebezentren festgehalten werden.
Großbritannien: eins zu eins
Die britische Regierung will im Gegenzug für jede zurückgeschickte Person einen Migranten legal über eine sichere Route einreisen lassen. Dabei sollen Menschen mit einem Bezug zu Großbritannien – etwa durch familiäre Bindungen – Vorrang haben.
Flüchtlingsorganisationen haben das Abkommen scharf kritisiert. Sie riefen die Regierung in London dazu auf, stattdessen generell sicherere und legale Routen für Migranten zu schaffen.
Ein Polizist überwacht Kameras in einem Abschiebehaftzentrum im südfranzösischen Nîmes Bild: Gabriel Bouys/AFP
Frankreich will die aus Großbritannien zurückgenommenen Migranten auf Grundlage der sogenannten Dublin-Regelung in die Ersteinreiseländer der Europäischen Union zurückschicken. Das Dublin-Verfahren besagt, dass zumeist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig ist, den Schutzsuchende zuerst in Europa erreicht haben.
se/pgr (afp, dpa)