Eine unbeschwerte Zeit konnten die jungen Ukrainerinnen Viktoriia und Yulia in Ludwigshafen verbringen. Sie betreuten die Ferienkinder während der Stadtranderholung.

Auf Einladung des Vereins Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar für Swjahel halfen zwei junge Praktikantinnen aus der ukrainischen Partnerstadt Swjahel drei Wochen in Ludwigshafen bei der Kinderbetreuung der Stadtranderholung (StRE) an der Blies. Wie schon im vergangenen Jahr hat der Verein Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar für Swjahel (früher: Novograd-Volynskij) und seine Vorsitzende Valentyna Sobetska den Aufenthalt der beiden Praktikantinnen organisiert. Sie lebt seit 2013 in Ludwigshafen. Die Stadt Swjahel mit rund 56.000 Einwohnern liegt in der Nordwestukraine zwischen Lwiw (Lemberg) und Kiew und ist seit 2022 Partnerstadt Ludwigshafens.

Als Viktoriia (21) und Yulia (20) vor rund drei Wochen in der Stadt angekommen waren, ging es für sie sofort los mit der Kinderbetreuung bei der Stadtranderholung. Sie habe eine Gruppe von 14 Kindern im Alter von neun bis zehn Jahren betreut, erzählt Viktoriia beim Abschlussfest der Ferienbetreuung am Freitag. Yulia hatte eine Gruppe von 16 Kindern im Alter von sechs bis acht Jahren unter ihren Fittichen.

Kleiner Kulturschock

Beide junge Frauen sprechen Englisch und haben auch ein paar Sätze auf Deutsch gelernt. Viktoriia ist in der Ukraine Englischlehrerin an einer privaten Abendschule. Yulia arbeitet im Büro einer staatlichen Bildungseinrichtung in Kiew. Zudem sprechen beide Ukrainisch und Russisch. Um sich mit den Ludwigshafener Kindern zu unterhalten, habe all dies natürlich nicht geholfen, lachen beide bei der Frage. Aber langes Reden war an der Blies ohnehin nicht angesagt. Die Kinder wollten vor allem spielen. Für die Teilnehmer der Stadtranderholung gab es Workshops zu den Themen Musik, Zirkus, Tanz, Sport und junge Forscher sowie eine Kreativwerkstatt, erläutert StRE-Organisatorin Christiane Ritscher. Die Praktikantinnen sollten bei den Spielen für die Kinder da sein, bei den Aufgaben helfen und sie zum Essen begleiten. „Das haben die beiden großartig gemacht“, ist Ritscher voll des Lobs für ihre Helferinnen.

Zuerst sei es schon ein kleiner Schock für sie gewesen, vor einer Gruppe von fast 20 Kindern zu stehen, räumen Viktoriia und Yulia ein. „In der ersten Woche sei alles noch neu und unbekannt gewesen, doch dann hat sich bald Routine eingestellt“, erzählt Viktoriia. Ein tolles Erlebnis sei ein Besuch mit den Kindern in der angrenzenden Jugendverkehrsschule Ludwigshafen gewesen, meint Yulia, denn so etwas gebe es in der Ukraine nicht. Nach dem Ende der täglichen Betreuung gegen 17 Uhr und an den Wochenenden seien beide in der Ludwigshafener und Mannheimer Innenstadt unterwegs gewesen und hätten bei Ausflügen am Wochenende auch die Städte Frankfurt, Straßburg und Köln besucht. Leider habe es oft geregnet, erzählen sie. Dennoch: „Wir waren glücklich, hier zu sein, Leute zu treffen und neue Erfahrungen zu machen“, sagt Viktoriia. „Ich hatte viel Spaß mit den Kindern“, fügt Yulia hinzu.

Alltag mit Luftalarm

Der Aufenthalt in Ludwigshafen habe für sie drei Wochen Frieden bedeutet. Swjahel sei zwar weit weg von der Front, aber eine Rakete oder Drohne könne überall auftauchen. „Einmal hat eine Rakete nicht weit von unserem Haus eingeschlagen“, erzählt Viktoriia. Ihre Eltern leben nach wie vor in Butscha. Unter russischer Besetzung geschahen in der Stadt etliche Gräueltaten. Sie konnte mittlerweile von der ukrainischen Armee zurückerobert werden.

Als sie noch in Kiew studierte, habe es drei gewaltige Explosionen gegeben, sämtliche Fenster in den Häusern der Umgebung seien geborsten, berichtet Yulia. Nach dem Studium arbeitet sie unter der Woche in einem Büro in Kiew. Nächtlicher Luftalarm sei dort normal. Tagsüber sei es mal ruhig, mal komme der Alarm mehrmals am Tag, berichtet die 20-Jährige von ihrem Alltag.

Nach den unbeschwerten Tagen in Ludwigshafen wartet auf die beiden jungen Frauen nun eine 30-stündige Busfahrt zurück in ihr Alltagsleben in der Ukraine, mit all den beschriebenen Wirren. Auf die Frage, wie es für sie ist, jetzt wieder nach Swjahel zurückzufahren, sagt Viktoriia: „Scary (furchterregend)! Es kann immer alles passieren bei den Angriffen. Aber dort ist unsere Heimat, unsere Familie, unser Leben!“