Die Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen hat im UN-Sicherheitsrat für deutliche Kritik gesorgt. Premier Netanjahu verteidigt sein Vorgehen und sprach von einer „Lügenkampagne“, der auch Kanzler Merz zum Opfer gefallen sei.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat die Ausweitung der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen verteidigt. Sein Land habe keine andere Wahl, „als den Job zu Ende zu bringen und die Hamas vollständig zu besiegen“, erklärte er im Gespräch mit ausländischen Journalisten.
Das vom Sicherheitskabinett gebilligte Vorhaben sei „der beste Weg, um den Krieg zu beenden, und der beste Weg, ihn schnell zu beenden“, sagte Netanjahu. Israel werde „sichere Korridore“ für die „Lieferung und Verteilung von Hilfsgütern“ in das Palästinensergebiet ermöglichen. Zudem würden „kreative Pläne“ erörtert, um die israelischen Geiseln zu befreien
Netanjahu sieht „Lügenkampagne“
„Unser Ziel ist nicht, Gaza zu besetzen, unser Ziel ist, Gaza zu befreien“, erklärte Netanjahu. Für die nächsten Schritte gebe es einen „ziemlich engen Zeitplan“. Zu den Zielen gehöre die Entmilitarisierung des Gazastreifens, eine „übergeordnete Sicherheitskontrolle“ des israelischen Militärs und eine nicht-israelische Zivilverwaltung.
Merz „unter Druck falscher Berichte eingeknickt“
Die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz, keine Waffen nach Israel zu liefern, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten, beruht nach Worten Netanjahus auf öffentlichem Druck. Merz sei ein guter Freund Israels, der „unter dem Druck falscher Fernsehberichte“ eingeknickt sei, sagte Netanjahu.
Mit Blick auf die internationale Kritik am israelischen Vorgehen beklagte er eine „globale Lügenkampagne“ -„fast so, wie das jüdische Volk im Mittelalter verleumdet wurde“. Konkrete Belege für seine Behauptung nannte der israelische Politiker nicht.
„Heute wird der jüdische Staat auf ähnliche Weise verleumdet“, so Netanjahu wörtlich. Vorwürfe, Israel betreibe im Gazastreifen eine Politik der Aushungerung, wies Netanjahu als von der internationalen Presse aufgegriffene Hamas-Propaganda zurück – obwohl internationale Hilfsorganisationen seit Langem vor einer Hungersnot warnen und Fotos und Videos ausgehungerte Menschen zeigen.
Journalisten sollen sich eigenes Bild machen
Der Premier sagte, er habe das Militär in den vergangenen Tagen angewiesen, „mehr ausländische Journalisten“ in das Palästinensergebiet zu lassen. Sie müssten dort israelische Bemühungen sehen, humanitäre Hilfsleistungen für die Bevölkerung in den Küstenstreifen zu lassen, so Netanjahu. „Ihr werdet Gaza-Einwohner sehen, die gegen die Hamas kämpfen.“ Außerdem werde viel Zerstörung zu sehen sein. Dafür machte er allerdings nicht die israelische Armee, sondern die Hamas verantwortlich – auch hier nannte er keine Belege für seine Aussage.
Journalisten können nur selten den Gazastreifen betreten. Werden entsprechende Anträge bewilligt, müssen die Medienvertreter von der israelischen Armee begleitet werden. Das soll nach den Worten des Premiers auch künftig der Fall sein.
Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats
Auch bei der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage im Gazastreifen hat es heftige Kritik am Vorgehen Israels gegeben. „Wir verurteilen die Entscheidung der israelischen Regierung, den Militäreinsatz in Gaza auszuweiten“, teilten die fünf europäischen Teilnehmerstaaten der Sitzung in einer gemeinsamen Erklärung mit. „Wir fordern Israel dringend auf, diese Entscheidung zu überdenken und nicht umzusetzen“, sagte der slowenische UN-Botschafter Samuel Zbogar vor Beginn der Sitzung.
„Wir weisen zudem erneut darauf hin, dass jeder Versuch eines Anschlusses oder einer Erweiterung von Siedlungen internationales Recht verletzt“, erklärte Zbogar im Namen von Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Griechenland und Slowenien. „Die Militärtätigkeiten auszuweiten wird nur die Leben aller Zivilisten in Gaza weiter gefährden, darunter auch die der noch verbleibenden Geiseln.“
Der beigeordnete UN-Generalsekretär Miroslav Jenca, sagte Israels Pläne würden „wahrscheinlich zu einer weiteren Katastrophe in Gaza führen, mit Auswirkungen auf die ganze Region und weiteren erzwungenen Vertreibungen, Tötungen und mehr Zerstörung.“
Die Vereinigten Staaten stellten sich in der Sitzung an die Seite Israels. Das Treffen werde zu Unrecht dafür genutzt, Israel einen Genozid vorzuwerfen, sagte die US-amerikanische UN-Botschafterin Dorothy Shea. „Diese Anschuldigungen sind politisch motiviert und kategorisch falsch“, erklärte sie. Es handele sich um eine „Propaganda-Aktion“ der Hamas, sagte Shea weiter, ohne dafür Belege zu nennen.
OCHA: Leid dort ist „schlimmer als fürchterlich“
Während der Sitzung beschrieben Teilnehmer in oft dramatischen Worten die Lage in dem Küstengebiet. Das Leid dort sei „schlimmer als fürchterlich“ und habe sich „in viele Seelen eingefressen“, hieß es unter anderem. Der Leiter des Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), Ramesh Rajasingham, sagte: „Gaza liegt in Ruinen und nahezu jeder wurde in den vergangenen zwei Jahren zu Unrecht aus seinem Zuhause vertrieben.“ Staaten und alle anderen mit Einfluss müssten den Mut aufbringen, diesem Leid ein Ende zu setzen.