Ettlingen. Es ist einer jener Sommertage, an denen das Wetter plötzlich umschlägt, und deshalb ist es ein Segen, dass der Zug, mit dem der Reporter kommt, zehn Minuten Verspätung hat. Denn in dem Moment, da er in Ettlingen einrollt, bricht der Platzregen los und das große Dach des Stadtbahnhofs beschützt die Abgeordnete, den Fotografen und den Reporter, der unvernünftigerweise ohne Regenschirm reist.

Wozu auch ein Regenschirm, wenn die Sonne aufgeht, sobald Alena Fink-Trauschel erscheint? Die 26-jährige Freidemokratin gehört zu den Menschen, die immer ein freundliches Wort und einen lieben Blick für ihr Gegenüber haben, die stets wach und zugewandt erscheinen. Die ohne Punkt und Komma reden können. Und dies nahezu druckreif.

Der Reporter nutzt die Gelegenheit, ein paar unverbindliche Sätze auszutauschen, bevor der Regen nachlässt. Da tritt er gleich in ein Fettnäpfchen. Wie es ihrem Mann gehe, der lange Zeit persönlicher Referent des damaligen FDP-Landesvorsitzenden Michael Theurer war? „Wir leben in Scheidung“, antwortet sie und dass eine Ehe nicht funktionieren könne, wenn es ausschließlich um Politik geht.

Rumms! Es ist doch nicht alles Sonnenschein im Leben der jüngsten Landtagsabgeordneten. Dabei waren die beiden sechs Jahre liiert. Auch die Hochzeit muss ein großes Fest gewesen sein. Und ursprünglich war geplant, dass Fink ebenfalls Fink-Trauschel heißt, sobald das Namensrecht dies erlaubt, was seit Mai der Fall ist. Nun dürfte Alena Fink-Trauschel stattdessen die erste Hälfte ihres Doppelnamens ablegen. Und wieder so heißen, wie sie in Ettlingen alle kennen: Alena Trauschel.

Von Daniel Born ist sie enttäuscht und rät zu Mandatsverzicht

„Politiker sein ist nicht ein Job wie jeder andere“, sagt sie, als wir ein paar Minuten später in ihrem Lieblingscafé sind. Da geht es schon nicht mehr um ihr Privatleben, sondern um ihr Leben als Landtagsabgeordnete. Und um Daniel Borns Hakenkreuz-Blackout, das den Sozialdemokraten sein Amt als Landtagsvize kostete.

Fink-Trauschel weist darauf hin, dass man sein Handeln im Zweifel sogar noch zwischen Wahlkabine und Wahlurne korrigieren könne. „Ich bin menschlich leider echt enttäuscht.“ Sie wisse nicht, wie sie Born im Landtag in Zukunft entgegentreten soll und rät dem SPD-Politiker, auch noch sein Mandat abzugeben. Dabei habe sie ihn wegen seiner entspannten und umsichtigen Art und Weise, Sitzungen zu leiten, sehr geschätzt.

Über einen anderen, der nicht gerade im Ruf steht, über allzu viel Einfühlungsvermögen zu verfügen, berichtet sie dagegen nur Gutes. „Uli“ Rülke, wie sie den FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke nennt, besitze einen feinsinnigen Humor. Und er sei einer, der sich um einen kümmert, wenn er das auch vielleicht nach außen trägt. Er schaue sich die Menschen genau an, gehe auf sie ein. „Ich sage immer, er hat ein Elefantengedächtnis. Und das meine ich absolut positiv.“ Gleichzeitig sei er „eben auch sehr zielorientiert“. Und wenn er bisweilen übers Ziel hinausschieße, liege das auch daran, dass „das Plenum und das Rednerpult einen immer wieder vor eine Herausforderung“ stellten.

Rülke, der nicht nur die Fraktion, sondern auch die Partei in Baden-Württemberg anführt, hat beim Nominierungsparteitag in Pforzheim die Devise ausgegeben, dass die kommende Landtagswahl „die Mutter aller Wahlen“ werde. Wenn die FDP nicht einmal in ihrem Stammland über die Fünf-Prozent-Hürde komme, sei es um sie geschehen.

Fink-Trauschel sieht das genauso. Sie macht sich keine Illusionen, ist ohnehin Realistin, hatte schon das Ende der Ampel kommen sehen. Auch mit ihrem politischen Traum könnte es eines Tages vorbei sein. Doch sie ist guter Dinge, dass sie auch außerhalb des Landtags eine Stelle finden würde, etwa bei einem Verband; schließlich ist sie nicht nur Landtagsabgeordnete, sondern studiert parallel noch Politik, Verwaltungswissenschaft und Soziologie und steht kurz vor dem Abschluss.

Bislang sei die Stimmung allerdings besser als die Umfragen, die die FDP zuletzt bei fünf Prozent sahen. Alles oberhalb der ominösen Prozenthürde würde für Fink-Trauschel reichen, denn sie steht auf der Landesliste auf Platz drei, direkt hinter Rülke und dem parlamentarischen Geschäftsführer Jochen Haußmann, was sie auch Christian Jung verdankt. Der Bruchsaler FDP-Abgeordnete, der aus demselben Bezirk stamme, hat nicht gegen sie kandidiert.

Zu den Liberalen fand Fink-Trauschel schon in jungen Jahren

Zur FDP fand Fink-Trauschel schon in jungen Jahren. Zur Freisprechungsfeier eines ihrer Brüder, die beide gelernte Schreiner sind, war Christian Lindner persönlich erschienen. Kein Wunder, waren die Liberalen damals doch gerade aus dem Bundestag geflogen, und ihr Chef hatte jede Menge Zeit. Der Auftritt muss sehr überzeugend gewesen sein, was kaum verwundert, gilt doch Lindner als bester Redner seiner Partei.

Die Idee der Freiheit hat sie seither nicht losgelassen. Für sie gehört dazu auch, dass Frauen keine Quote brauchen. Wichtiger sei, sie für Politk zu begeistern. „Natürlich würde ich mich freuen, wenn wir mehr Frauen hätten“, sagt sie. „Man muss aber auch klar sagen: Es gibt viele Frauen, die zwar bereit sind, vor Ort zu kandidieren, die aber nicht bereit sind, vorne auf einer Liste zu stehen.“

Sie war die erste in der Familie, die politisch aktiv wurde – und zog den Rest mit. Bei der Kommunalwahl 2024 standen auch ihre Eltern auf der Liste und die Schwägerin. Allerdings nur auf den hinteren Plätzen, damit der FDP keine Stimmen verloren gingen.

Im Gemeinderat sitzt sie nun nur ein paar Stühle entfernt von ihrem ehemaligen Rektor, mit dem sie, als sie noch Schülersprecherin war, so manchen Streit ausgefochten hat. Etwa um die Mensa, die nun, da sie das Gymnasium längst verlassen hat, endlich fertig geworden ist.

Sie hätte sich auch vorstellen können, Medizin zu studieren

Auf dem Weg zu ihrer alten Schule laufen wir über die Gleise und sehen den Stadtbahnhof wieder. Längst scheint die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, der Platzregen ist nur noch eine ferne Erinnerung. Doch Alena Fink-Trauschel erzählt noch so eine Geschichte, die so recht nicht zum Image einer jungen Frau zu passen scheint, der alles gelingt. Sie wäre damals, mit 19 Jahren, „sehr gerne zur Bundeswehr gegangen und hätte dort Medizin studiert“. Doch für Humanmedizin reichte der Abischnitt nicht und Zahn- oder Veterinärmedizin waren nicht so ihr Ding.

„Vielleicht hätte ich länger darüber nachdenken sollen“, sagt sie, „ob ich mich nicht auch für Zahnmedizin oder Ähnliches hätte erwärmen können.“ Oder sich in der Schule mehr reinknien müssen, dann hätte es vielleicht auch außerhalb der Bundeswehr zu einem Medizinstudienplatz gereicht. Dann könnte sie jetzt Ärztin werden, also denselben Beruf ergreifen wie ihre Eltern.

Dagegen stehe, dass sie Schülersprecherin gewesen sei und in der Musikschule viele Instrumente gelernt habe. Sprich: Dass man im Leben eben nicht alles haben kann, einen Super-Abischnitt und jede Menge Spaß. Sie macht einen Strich darunter. „Ich glaube, es hat mir schlussendlich nicht geschadet.“

Das Gefühl zu scheitern oder zumindest etwas nicht zu erreichen, ist ihr also nicht fremd. Politik ist ein hartes Geschäft und es gibt immer nur Zeitverträge – anders in der Schreinerei oder in der Arztpraxis.

Doch andererseits ist das Leben ja auch immer für eine positive Überraschung gut. Vielleicht für die FDP am 8. März 2026, dem Tag der Landtagswahl. Ein anderes Ereignis bewegt die Familie allerdings derzeit viel mehr. Die Schwägerin erwartet ihr erstes Kind. Fink-Trauschel macht deshalb dieses Jahr kaum Urlaub. Sie kocht fürs Wochenbett und bereitet den Wahlkampf vor. Und freut sich riesig, dass sie bald Tante wird.

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Zur Person

Alena Fink-Trauschel wurde 1999 geboren – als drittes und jüngstes Kind einer Ärztefamilie. Sie wuchs in Ettlingen auf und machte 2017 am dortigen Albertus-Magnus-Gymnasium Abitur. Sie studierte Politik und Soziologie, zunächst in Heidelberg, dann an der Fernuni Hagen. Ihre beiden Brüder sind gelernte Schreiner.

2021 wurde Fink-Trauschel als jüngste Abgeordnete in den Landtag von Baden-Württemberg gewählt. Dort gehört sie als eine von zwei Frauen der 18-köpfigen FDP-Fraktion an. Sie ist die Sprecherin für berufliche Bildung, Europa, Frauen, Musik und LSBTTIQ. Auf der Landesliste für die Landtagswahl am 8. März 2026 steht sie auf Platz drei.