Merkwürdige Schwäche
Warum kam eigentlich Ursula von der Leyen so „schwach“ daher, als es um die Höhe der EU-Zölle ging, die auch starken Einfluss auf die deutsche Wirtschaft haben? Warum macht sich auch die deutsche Wirtschaft, insbesondere die Automobilindustrie, so klein bei dem Thema?
Wenn ein Land mehr als 60 Länder mit Zöllen belegt, dann ist „die Konkurrenz“ aus deutscher Sicht ja ebenso von Zöllen betroffen. Machen wir uns also bitte nicht kleiner, als wir sind. Viele deutsche Produkte sind international sehr gefragt, die amerikanische Wirtschaft kann kaum interessante Produkte im Gegenzug anbieten.
Jens Hagen, Breitscheid
Wichtiger Erfolg
Da es nie eine mit Machtmitteln ausgestattete Weltregierung gab, funktionierte die „regelbasierte Weltordnung“ immer nur so gut, wie das stärkste Land, die USA, dahinter stand. Und sie galt auch immer nur im mehr oder weniger von Amerika dominierten Teil der Welt. Inzwischen ist Amerikas Dominanz geringer geworden und mit ihr sein Geschmack an verbindlichen internationalen Regeln. An deren Stelle müssen nun zunehmend bilaterale Verträge treten. Die EU ist in diesem Spiel allein wegen ihrer Größe gut aufgestellt – wenn sie denn hoffentlich weiterhin einigermaßen zusammenhält. Der Zoll-Deal zwischen der EU und den USA spiegelt die Machtverhältnisse wider, bei denen natürlich auch die militärischen Gewichte eine große Rolle spielen. Aber immerhin: Obwohl Donald Trump die Europäer am liebsten einzeln übervorteilt hätte, musste er am Ende doch die Europäische Kommission in Gestalt von „tough Ursula“ – aus seinem Munde eindeutig ein Kompliment – als Verhandlungspartner akzeptieren. Das ist ein wichtiger Erfolg, den niemand, vor allem nicht die deutsche Regierung, durch übermäßiges Herummäkeln am Verhandlungsergebnis schlechtreden sollte.
Axel Lehmann, München
Echter Handelskrieg
Wie wäre es denn, wenn die von Trump mit Zöllen belegten oder bedrohten Staaten sich einigen würden, die USA für einige Zeit vom Welthandel auszuschließen und sowohl nichts liefern als auch nichts abnehmen würden? Ja, das wäre ein schlimmer Handelskrieg mit heftigen Verlusten, aber es bestände für mich die Hoffnung, dass Herr Trump nachgeben müsste, weil er nur die Sprache der Macht versteht. Da auf die Deals sowieso kein Verlass und der Schaden schon groß genug ist, würde ich diese Option in Betracht ziehen. Die Hoffnung einzelner Staaten auf einen besseren Deal mit Trump sollten sie zugunsten einer gemeinsamen Aktion für einen freien Welthandel zurückstellen.
Michael Beck, Wolfenbüttel
Unwürdiger Verhandlungsort
Im genannten Bericht heißt es: „Ein Golfplatz in Schottland war Schauplatz des Treffens zwischen Trump und von der Leyen“. Diesbezüglich möchte ich anmerken, dass es für mich sehr unverständlich und ärgerlich ist zu hören, dass Frau von der Leyen bereit war, eine so wichtige Vereinbarung, die den Warenhandel zwischen EU und USA regelt, im Rahmen einer privaten Golfreise des US-Präsidenten in einem Hotel auf seinem Anwesen in Schottland zu verhandeln.
Das geht nicht. Aus einem gesunden europäischen und persönlichen Selbstverständnis heraus hätte die Präsidentin der Europäischen Kommission einem derartigen Treffpunkt nie zustimmen dürfen und dies noch außerhalb der EU. Annehmbar wäre nur ein gut vorbereitetes Treffen in Washington oder Brüssel gewesen. Wenn eine neutrale Zusammenkunft außerhalb einer Privatreise nicht möglich gewesen wäre, dann nach Beendigung der Privatreise ein Treffen in Brüssel.
Es ist immer wieder erschreckend zu sehen, wie leicht Europa es den USA macht, Vereinbarungen der Europäischen Union und des atlantischen Bündnisses vorzugeben. Dies zum Nachteil aller Beteiligten. Die maßgeblichen Politiker innerhalb der Europäischen Union vermitteln somit stark den Eindruck, dass sie nicht bereit sind die Interessen der Europäischen Union global mit Selbstbewusstsein, Weitsicht und Verantwortung zu vertreten.
Dr. Jens Lindemann, Stockdorf
Warum keine Gegenzölle?
Als 15-jähriger Schüler aus Sachsen, der sich derzeit für das Parlamentarische Patenschafts-Programm bewirbt, verfolge ich die transatlantischen Beziehungen mit großer Aufmerksamkeit. Umso größer war meine Enttäuschung über den jüngsten Deal zwischen der EU und den USA. Für mich wirkt dieser „Kompromiss“ nicht wie ein Sieg europäischer Verhandlungskunst, sondern wie ein symbolischer Rückzug. Die EU hätte mit mehr Selbstbewusstsein auftreten müssen – gerade wirtschaftlich steht Europa in vielen Bereichen noch stark da. Warum wurden nicht Gegenzölle angedroht oder amerikanische Schwächen, etwa im Agrarsektor oder bei Subventionen, genutzt?
Die Botschaft an meine Generation ist fatal: Europa knickt ein, wenn es ernst wird. Gerade in einer Weltordnung, in der China und die USA knallhart ihre Interessen vertreten, muss Europa Stärke zeigen – wirtschaftlich, politisch und auch psychologisch. Ich bin nicht für einen Handelskrieg – ganz im Gegenteil. Aber ihn um jeden Preis zu vermeiden, ist gefährlich. Ein entschlosseneres Auftreten hätte zu besseren Verhandlungen geführt, ohne Europa so teuer zu stehen zu kommen. Ich schreibe diesen Leserbrief nicht aus Anti-Amerikanismus – im Gegenteil: Ich bewerbe mich mit Begeisterung für ein Austauschjahr in den USA. Aber genau deshalb wünsche ich mir ein Europa, das auf Augenhöhe verhandelt. Wir sind kein Anhängsel – wir sind ein eigener globaler Akteur. Und wir sollten uns auch so verhalten.
Philipp Eckardt, Dresden
Hinweis
Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung, gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und des Wohnorts. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de. Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.