Über ein Jahrzehnt lang entstand im Basler Kleinquartier Lysbüchel Süd Parzelle für Parzelle ein vielfältiger Stadtbaustein, der das ehemalige Gewerbeareal mit eigenwilligen, klugen und sozial ambitionierten Wohnbauten als Blockrand und Solitäre füllte. Seit Anfang des Jahres ist das Areal komplett mit LysP8 von Loeliger Strub Architektur (Zürich) als letztem Puzzlestück. Der Neubau setzt auf ein konsequentes Re-Use-Konzept, das gemeinsam mit Zirkular (Basel/Zürich) umgesetzt wurde, und Grundrisse, die mit minimalen Mitteln maximale Flexibilität bieten.
2013 hatte die Stiftung Habitat das 12.400 Quadratmeter große Areal erworben, in 15 Parzellen unterteilt und zum Großteil baurechtlich an Genossenschaften vergeben, mit der Auflage einer langfristig nicht kommerziellen Nutzung. Das Ergebnis: ein Quartier, das in seiner sozialen Mischung ebenso bunt ist wie in der architektonischen Handschrift. Bereits realisiert wurden Projekte unter anderem von Stereo Architektur, Esch Sintzel Architekten (heute studio sintzel und SERA), Atelier Neume sowie von Clauss Kahl Merz und Martina Kausch Architektinnen.
LysP8 besetzt die westliche Ecke des Blocks und besteht aus einem Punkthaus sowie einem Langhaus, verbunden durch eine offene, gerüstartige Erschließungszone. Das Gebäude mit einer Nutzfläche von 1.440 Quadratmetern zeigt je nach Perspektive ein anderes Gesicht. Zur südwestlichen Seite präsentiert es sich mit einer klar gefassten Fassade aus dunklen Ziegeln mit roten sowie tiefblauen Fensterläden fast streng, aber durch Materialwechsel subtil belebt. Auf der gegenüberliegenden Seite öffnet sich die Struktur mit auskragenden Balkonen und Podesten.
Zum Hof hin löst sich die Strenge gänzlich auf: Schmale Laubengänge führen von der offenen Erschließungszone zu den Wohnungen, deren Zuschnitt bewusst knapp kalkuliert ist. Das kleinste Modul misst nur wenige Meter in der Breite und verfügt über ein mittig platziertes Bad, das durch raumhohe Türen vom Eingangs- und Schlafraum getrennt ist und je nach Bedarf als durchgehender Raum oder als abgetrennte Nasszelle genutzt werden kann. Zwei oder drei dieser Module ergeben größere Einheiten, gedacht für Singles, Paare, Wohngemeinschaften oder Familien. In allen 27 Wohnungen prägt die sichtbare Holztragstruktur den Charakter.
Das Re-Use-Konzept zieht sich durch das gesamte Gebäude. Unter anderem konnte für die Brettschichtholzdecken das Holz aus einem temporären Formel-E-Pavillon wiederverwendet werden. Ziegel verschiedener Herkunft, die Fassadenplatten zum Hof, Geländergitter, Gartenplatten und Sanitärkeramik ergeben ein bewusst heterogenes Potpourri, in dem Blau und Rot als wiederkehrende Farbakzente Orientierung geben.
Im Erdgeschoss liegen ein Gemeinschaftsraum, zwei Gewerbeeinheiten und die Fahrradgarage. Eine großzügige Treppe verbindet das Straßenniveau mit dem Hof. Sie erfüllt nicht nur eine funktionale Rolle, sondern dient auch als sozialer Treffpunkt. Bei Freiluftkinoabenden oder Tischtennis-Turnieren wird sie zur Tribüne, ganz im Geist eines Quartiers, das Gemeinschaft ernst meint und architektonisch selbstbewusst ausbuchstabiert. (gk)
Fotos: Federico Farinatti
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Ähnlich gestalterisch facettenreich tritt das ebenfalls von Loeliger Strub entworfene Ensemble in Cham in Erscheinung, das mehrere Terrassenwohnungen, ein großzügiges Bauernhaus sowie zwei dreigeschossige Wohnbauten umfasst.
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