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Krebspatienten riskieren bei Atemwegsinfektionen schwerwiegende Folgen. Forscher belegen, dass schlafende Krebszellen wieder aktiv werden können.

Frankfurt – Eine Atemwegs-Infektion ist eigentlich kein Problem. Nach einer Woche geht es dem Betroffenen wieder besser. Anders ist es, wenn sich ein Krebs-Patient mit Corona, Grippe oder einer anderen Infektion der Atemwege ansteckt. Bei ihnen kann die Erkrankung zur Bildung von Metastasen führen und bislang ruhende Krebszellen in der Lunge buchstäblich aufwecken. Das kann dazu führen, dass sich Krebszellen stark und schnell vermehren und sich neue Lungenmetastasen bilden. Das zeigt eine Studie von Forschern der University of Colorado, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde.

Eine Ärztin hält eine Röntgenaufnahme einer Lunge mit Metastasen in den Händen.Atemwegsinfektionen können ruhende Krebszellen „aufwecken“. (Symbolfoto) © IMAGO/CHASSENET / BSIPAtemwegsviren lösen Entzündungen aus

Wissenschaftlern zufolge werden die meisten Todesfälle bei Krebs durch Metastasierung verursacht – häufig nach einer langen Phase klinischer Ruhe bei den Krebszellen. Vor allem Atemwegsviren wie Influenza oder SARS-CoV-2 lösen nach den Erkenntnissen lokale und systemische Entzündungen aus, durch die ruhende Brustkrebszellen aufgeweckt werden. Das führt innerhalb weniger Tage nach der Infektion zu einer Vermehrung der Krebszellen und innerhalb von zwei Wochen zu einer massiven Ausbreitung von Karzinomzellen und Metastasen.

Krebszahlen in Deutschland

2022 erkrankten in Deutschland etwa 236.000 Frauen und 268.000 Männer neu an Krebs. 2023 starben knapp 106.000 Frauen und 123.000 Männer daran. Die relative Überlebensrate nach zehn Jahren liegt bei 61 Prozent (Frauen) bzw. 57 Prozent (Männer).

Besonders häufig besiedeln Metastasen die Lunge. Wissenschaftler der Katholischen Universität Leuven (Belgien) fanden bei Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs große Mengen des Proteins Aspartat in den Metastasen. Sie vermuten deshalb, dass dieses Protein eine entscheidende Rolle für die Metastasierung der Lunge spielt. Normalerweise kommt Aspartat im Blut nur in geringer Menge vor.

Grundlage für die US-Studie waren Hinweise, dass es während der Corona-Pandemie Berichte über eine Zunahme der Krebs-Toten gegeben habe. Die Wissenschaftler untersuchten dafür Mäuse, die mit Brustkrebs infiziert waren und schon metastasierende, aber ruhende Krebszellen in der Lunge hatten. Sie infizierten die Tiere mit Viren von SARS-CoV-2 oder Influenza. Zum Vergleich dienten krebsfreie Mäuse, die ebenfalls mit diesen Viren infiziert wurden.

Metastasen-Last stieg bei Mäusen um das bis zu 1000-Fache

Kurz nach der Infektion zeigten sich bei den krebskranken Mäusen deutlich mehr Krebszellen. Innerhalb von 14 Tagen nahm die Metastasen-Last um das bis zu 1000-Fache zu. Verursacht wurde das Aufwecken der Krebszellen durch das Freisetzen einer großen Menge Interleukin-6 in der Lunge. Das ist ein Botenstoff für Entzündungen, der die ruhenden Krebszellen neu aktiviert. Hinzu kommt, dass sogenannte T-Helferzellen (CD4+) dafür sorgen, dass T-Killerzellen (CD8+), die Krebszellen erkennen und abtöten können, gehemmt werden.

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Die Wissenschaftler haben untersucht, ob diese Erkenntnisse auch auf Menschen angewendet werden können. Sie werteten Daten aus dem Corona-Jahr 2020 in Bezug auf die Krebs-Sterblichkeit in Großbritannien aus und erkannten, dass die Sterblichkeitsrate bei den Patienten stark erhöht war, bei denen Corona diagnostiziert worden war.

Die Erkenntnis, dass Interleukin-6 eine wichtige Rolle für das Aufwecken der ruhenden Krebszellen spielt, kann dabei helfen, Möglichkeiten zu finden, diese Verbindung zu hemmen. Hier könnten Interleukin-6-Hemmer eingesetzt werden. Allerdings sind weitere Studien nötig.

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