Die Region um den Dümmer See war während des Zweiten Weltkriegs ein Orientierungspunkt für die großen Flugzeugverbände, die von Westen kommend und bombenschwer beladen, Angriffe auf die Städte flogen. Ziele waren auch die Bahnlinie Osnabrück-Bremen und der Mittellandkanal. Das Wittlager Land blieb vom Luftkrieg nicht verschont. Ein Zeitzeuge, der inzwischen 98-jährige Hugo Weishaupt aus Rabber, erinnert sich.

Hugo Weishaupt, ehemaliger Bergwerksdirektor verschiedener Zechen im Ruhrgebiet, war in seiner Jugend in Bad Essen Feuerwehrmann und wie viele Jugendliche auch Mitglied der Hitlerjugend. 1944 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Er blättert nach Ereignissen, die er seit einigen Jahren auf seinem PC schriftlich festhält und gegenwärtig noch erweitert. Im Alter von 16 und 17 Jahren erlebte er mehrere Bombenabwürfe als aktiver Feuerwehrmann.

Tieffliegerangriff auf den Bahnhof Bad Essen

So attackierte ein amerikanisches Mustang-Jagdflugzeug 1943 den mit Personen überfüllten Bahnhof in Bad Essen. Die Bomben verfehlten aber ihr Ziel und schlugen nördlich des Kanals auf einem Acker ein und hinterließen tiefe Krater. „Kaum auszumalen, wäre es anders gekommen und der Bahnhof mit den vielen Menschen wäre getroffen worden“, so Weishaupt.

Hugo Weishaupt im Gespräch mit Jürgen Frieler, ehemaliger Ortsbürgermeister in Lockhausen.
Foto: Gertrud Premke

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Bei einem der ersten Luftangriffe auf Bad Essen 1940 war eine Bombe etwa 100 Meter nördlich hinter dem direkt an der Gartenstraße stehenden Transformator auf einer Kuhweide detoniert und hatte durch Bombensplitter die Hochspannungsleitung zerrissen und hinterließ einen unter Hochspannung stehenden Lichtbogen.

Gendarmerie-Hauptwachtmeister Glackemeyer geriet bei der Kontrolle des Schadenumfanges des Bombenangriffs zu dicht an diesen Lichtbogen und bekam einen elektrischen Schlag, fiel vorüber auf ein unter Spannung stehendes Kabel und verbrannte in einem furchtbaren Todeskampf. „Seinen Todesschrei hat man in der ruhigen Nacht noch über einen Kilometer weit gehört. Dieses Geschehen lief in unmittelbarer Nähe meines Elternhauses ab. Als der Bombenangriff erfolgte, befand ich mich höchstens 250 Meter von der Detonationsstelle entfernt. Das Erlebnis des verbrannten toten Glackemeyer saß mir tief in den Knochen und war damals mein erstes schockierendes Erlebnis derart“, berichtet Weishaupt.

Tragisches Geschehen in Herringhausen

Ein Einsatz als Feuerwehrmann blieb Weishaupt in trauriger Erinnerung. Der Absturz eines Fliegers 1943 auf das Haus Stollmeyer in Herringhausen. „In dem Vorderhaus befand eine fünfköpfige Familie aus Bremen, die sich von den vielen Fliegeralarmen und Angriffen auf die Stadt erholen wollte. Beim Eintreffen als Feuerwehrmann brannten Haus und Flugzeug lichterloh“, so der 98-Jährige.

Der Rosenplatz in OSnabrück glich im Frühjahr 1945 einer Trümmerwüste.
Archivfoto: Imperial War Museum

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Die Löscharbeiten gingen zügig voran, da der Einsatzort nur 200 Meter vom Mittelandkanal entfernt war. Während der Löscharbeiten herrschte eine rege feindliche Tieffliegertätigkeit. „Wir hatten unsere Brandstelle durch mehrere Flugzeugbeobachter abgesichert, die uns früh genug über einen Anflug eines feindlichen Flugzeugs gewarnt haben. Außerdem haben wir bei jeder Brandbekämpfung einen Fluchtpunkt festgelegt, auf den wir uns beim Angriff blitzschnell in Deckung bringen konnten. Nachdem wir die Brandstelle auf eine arbeitsfähige Temperatur heruntergekühlt hatten, begannen die Aufräumarbeiten, mit dem Ziel die Opfer zu bergen.“

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Als erstes konnte der verkohlte Pilot geborgen werden. Nach der Freilegung der völlig entstellten und veränderten menschlichen Überreste der weiteren fünf Opfer wurden diese in bereitgestellte Särge gelegt. „Der Einsatz und der Anblick der schwer entstellten menschlichen Körper waren nur schwer zu ertragen, aber auch in diesem jugendlichen Alter musste der Dienst getan werden“, sagt Weishaupt.

Schrotthändler waren nach dem Krieg zur Stelle

Der Zweite Weltkrieg hat seine Spuren hinterlassen. Die zahlreichen Sprengbomben, die im Wittlager Land abgeworfen wurden, können gar nicht gezählt werden, da manche in unwegsame nasse moorige Gebiete abgeworfen wurden und möglicherweise auch heute noch im Erdreich unberührt liegen. Ebenso konnten nicht alle Flugzeugabstürze restlos aufgeklärt werden.

„Dort wo Flugzeugrümpfe nach Kriegsende vermutet wurden, waren schnell der Kampfmittelräumdienste und später Schrotthändler zur Stelle, denn Metall war nach Kriegende kostbar und teuer“, berichtet Weishaupt. Das Leben ging nach dem Krieg weiter.

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