Für die Kässbohrer Geländefahrzeug AG hat das Zollabkommen dagegen erhebliche Auswirkungen, „insbesondere auf die Umsatz- und Ertragssituation“. Denn Pistenbully und Powerbully werden in Laupheim produziert und in die USA verschifft, daher muss das Unternehmen für Fahrzeuge und Ersatzteile entsprechende Zölle abführen. „Es besteht ein hohes Risiko für einen spürbaren Rückgang bei Absatz, Umsatz und Ergebnisbeitrag im US-amerikanischen Markt“, erklärt Finanzvorstand Heiko Stähle. Dieser sei der größte Einzelmarkt und trage maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei. Man habe zwar in den vergangenen Monaten verschiedene Maßnahmen ergriffen, um sich auf mögliche Szenarien vorzubereiten. „Die Unsicherheit, Unzuverlässigkeit und Kurzfristigkeit der aktuellen Zollpolitik“ bezeichnet Stähle daher als größte Herausforderungen.
Der Finanzvorstand skizziert zwei Szenarien, wie sich das aktuelle Zollabkommen auf den Pistenbully-Produzenten auswirken könnte. Beim ersten würde das Unternehmen die Zölle an die Kunden weitergegeben, was „mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Nachfragerückgang führen dürfte“. Zusätzlich sei eine hohe Inflation in den USA zu erwarten, die sich indirekt auf den Tourismus und den Skibetrieb auswirke. Im zweiten Szenario würde das Unternehmen die Zollkosten teils oder ganz übernehmen. Dies würde jedoch die nordamerikanische Gesellschaft sowie die Gesamtprofitabilität der Gruppe belasten. „Beide Szenarien haben weitreichende Folgen – unter anderem auf Produktionsauslastung, Effizienz und letztlich auf Beschäftigung und Investitionen“, erklärt Stähle. „Ein Rückgang der Produktionsmenge wirkt sich unmittelbar auf die Produktivität aus und gefährdet mittelfristig die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens.“
Ausnahme Luftfahrtkomponenten
Dagegen ist Diehl Aviation mit Hauptsitz in Laupheim vom aktuellen Zollstreit weitgehend ausgenommen, erklärt Guido van Geenen, Pressesprecher von Diel Aviation. Denn auf Luftfahrtkomponenten erheben die USA keine Zölle. „Die Luftfahrtbranche ist eine globale, und was die Komponenten betrifft, eine sehr spezialisierte Industrie. Und Boeing profitiert von der Zurücknahme der Zölle und der Zollpolitik der US-Regierung“, so van Geenen. Auf Komponenten Zölle zu erheben, hätte auch für US-Hersteller negative Effekte. Im September nimmt Diehl in Mexiko ein neues Werk in Betrieb, „daher sind uns stabile Verhältnisse wichtig“. Dennoch bedeuteten die Zölle weit weniger Druck für Diehl als beispielsweise für die Automobilbranche. „Generell sind Zölle für freies Wirtschaften hinderlich, aber zumindest gibt es jetzt für uns Planungssicherheit.“
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Bei Texmo Blank in Riedlingen ist die Meinung zweigeteilt: „Aus unseren europäischen Werken werden Exporte in die USA nun mit einem Zoll von 15 Prozent belegt, was Druck auf Preise und Wettbewerbsfähigkeit ausübt, insbesondere bei Präzisionsgussteilen für Branchen wie die Luft- und Raumfahrt und die Automobilindustrie. Unsere US-amerikanischen Betriebe werden jedoch von einem stabileren und vorhersehbareren Handelsumfeld profitieren, was es uns ermöglicht, unsere Marktpräsenz vor Ort zu stärken“, teilt eine Unternehmenssprecherin mit.
Auch strategisch und bei internen Abläufen müsse sich das Unternehmen anders aufstellen: „Die Balance zwischen Kosteneffizienz, Qualität und Zollkonformität erfordert erhebliche strategische Anpassungen, insbesondere bei der Entscheidung, welche Produktionsstufen in den USA angesiedelt werden sollen.“ Darüber hinaus erhöhten die komplexen Ursprungsregeln und die Dokumentation von Zollbefreiungen oder Präferenzbehandlungen den Verwaltungsaufwand. Die Abstimmung interner Prozesse an Standorten in der EU, den USA und Indien werde von entscheidender Bedeutung sein. Neben Marktanteilsverlusten in den USA könnten die Zölle die transatlantische Zusammenarbeit bei gemeinsamen Entwicklungsprojekten behindern, da die Kosten für den grenzüberschreitenden Transport von Teilen steigen.
Einen Vorteil sieht die Sprecherin von Texmo Blank aber dennoch: „Unser US-Standort gewinnt an strategischer Bedeutung, da er den lokalen Markt nun zollfrei bedienen kann. Das verschafft uns einen Wettbewerbsvorteil gegenüber EU-Partnern ohne US-Präsenz.“ Möglich seien auch Investitionen in die lokale Verarbeitung oder in die Endmontage in den USA.
Eigene Produktion in den USA?
Unterschiedliche Einflüsse haben die Zölle auf das Geschäft der Unternehmensgruppe Handtmann in Biberach. Für die Geschäftsbereiche Leichtmetallguss und Systemtechnik rechnet die Geschäftsführung aktuell mit keinen Auswirkungen. „Mittel- und langfristig rechnen wir mit mehr Lokalisierung unserer Kunden in den USA, was einen Volumenverlust für unser Geschäft in Europa bedeuten würde“, teilt eine Sprecherin des Unternehmens mit. Die stärkere Verschiebung der Wertschöpfungsketten in die Zielmärkte bedeute einen Rückgang der Globalisierung. Eventuell könnte es durch die Senkung des Zollsatzes von 30 auf 15 Prozent eine kurzfristige Marktbelebung geben. „Dies sehen wir aber aktuell noch nicht in der Abrufzahlen“, so die Sprecherin.
Im Handtmann-Geschäftsbereich Processing, der Füll- und Portioniermaschinen für die Lebensmittelindustrie herstellt, herrscht aktuell Abwarten, ob und in welchem Ausmaß die Zölle die Kaufkraft und die Investitionsbereitschaft der Kunden einschränkt. „Förderlich sind sie jedenfalls nicht“, heißt es bei Handtmann. „Die Herausforderung wird sein, wie der Markt und damit die Endkunden reagieren, wenn durch die erhobenen Zölle die Verkaufspreise zwangsweise ansteigen müssen“, so die Firmensprecherin. Die hochqualitativen Produkte des Geschäftsbereichs Processing hätten eine hohe Ertragskraft, „daher hoffen wir, dass die Zölle keine allzu großen Auswirkungen haben werden“.
Handtmann-Processing unterhalte in Chicago eine eigene Vertriebs- und Serviceniederlassung mit entsprechender Kundennähe, „sodass wir rasch feststellen werden, wie unsere Kunden reagieren“, sagt die Firmensprecherin. Weil auch die Hauptwettbewerber alle in Europa produzieren, sehe man hier zumindest noch keinen großen Nachteil, „zumal unsere Produkt-Technologie lokal noch nicht verfügbar ist“. Mittel- bis langfristig könnte eine eigene Produktion in den USA von Vorteil sein. Das hänge aber von der weiteren Geschäftsentwicklung dort ab.
Unsicherheit und schwacher US-Dollar
„Das hilft der Wirtschaft nicht weiter, weder in der EU noch in den USA“, kommentiert Thorsten Seehars, CEO der Südpack-Gruppe in Ochsenhausen das Zollabkommen. Seit 2017 unterhält der Folienhersteller einen Standort in der Nähe von Chicago, an dem er seine Produkte weiterverarbeitet und damit den amerikanischen Markt bedient. „Die Vorprodukte kommen jedoch zum Großteil hier aus Ochsenhausen und werden zukünftig mit den höheren Zöllen belegt. Das wird sich auf jeden Fall im Preis niederschlagen und unseren Absatz auf dem US-Markt erschweren“, so Seehars. Er rechnet mit zehn Prozent höheren Preisen.
„Die größte Herausforderung sehen wir in der Unsicherheit, die die ständig wechselnde Verhandlungssituation mit sich bringt. Das nehmen auch unsere Kunden in den USA wahr. Langfristige Liefervereinbarungen sind schwer zu realisieren“, sagt der Südpack-Chef. Hinzu komme der derzeit schwache Dollarkurs, der Waren aus der EU zusätzlich verteuere. „Aus unserer Sicht wären eine finale Entscheidung und einkehrende Ruhe wichtig, um stabile Handelsbeziehungen aufbauen zu können.“