„Frieden ist möglich“ – ganz schön mutig, wer sich in Zeiten wie diesen traut, das Anfangs-Kapitel seines neuen Buches unter dieses Motto zu stellen. Und nicht nur das: Der Abt von Sankt Bonifaz-München und Kloster Andechs, Johannes Eckert, hat sogar das ganze 190 Seiten starke Werk mit dem Psalm „Suche den Frieden und jage ihm nach“ überschrieben. 

Frieden habe man nun mal nicht, man könne ihn nicht besitzen, räumt der Ordensmann freimütig ein. Dieser verlange Einsatz, ja Arbeit. „Immer wieder muss er neu geschaffen oder ausgehandelt werden.“

Für den Benediktiner lohnt es sich, dazu beim Ordensgründer, dem heiligen Benedikt von Nursia, nachzuschlagen. Seine mehr als 1.500 Jahre alte Regel bildet das Grundgerüst für ein gelingendes Zusammenleben von Mönchen. Benedikt kennt die menschlichen Schwächen nur zu gut: Mit Strenge und Barmherzigkeit, vor allem aber mit dem Prinzip des Maßhaltens gibt er einen erfolgreichen Führungsstil vor.

In seiner im Jahr 2000 veröffentlichten Doktorarbeit hat Eckert bereits aufgezeigt, wie damit selbst Manager eine erfolgreiche Unternehmenskultur etablieren können. Seither wird die Benediktsregel auch außerhalb der Klostermauern geschätzt; entsprechende Seminare sind nach wie vor gefragt.

Von Monte Cassino blieb nicht viel

„Pax“ ist das lateinische Wort für Frieden. Es stand auch auf dem Torbogen der Klosterpforte von Monte Cassino, wie der Abt erinnert.

Der Torbogen war auch das einzige, was von der benediktinischen Mutterabtei übrig blieb, alles andere zerstörten die Alliierten im Zweiten Weltkrieg 1944.

In der Benediktsregel findet sich das Wort übrigens nur an sechs Stellen. Das ist nicht gerade viel. Aber man sollte sich nicht täuschen. Allein wie Benedikt Probleme löst, verblüfft. Als ihn andere vergiften oder betrügen wollen, fängt er nicht an zu toben, sondern überrascht mit seiner Reaktion stets aufs Neue. Selbst mächtige Heiden wie den ostgotischen König Totila versteht er für sich einzunehmen. Dabei bleibt er ein Lernender und Zuhörender.

Wie einen Novizen nimmt einen der Abt an die Hand und führt den Leser hinein in diese benediktinische Gedankenwelt. Dabei dienen vor allem die Legenden um den Mönchsvater, die Papst Gregor der Große in seinem „Zweiten Buch der Dialoge“ niedergeschrieben hat, als Grundlage.

„Durch das Maß zum Frieden finden“ sei eine Erfahrung, die nicht nur Benedikt selbst, sondern auch dieser Papst wohl gemacht habe, führt Eckert an. Das Frappierende: Auch Gregor lebte in einer Zeitenwende.

Eine Krise folgte der nächsten, instabil war die Weltordnung geworden, so wie es heute wieder der Fall ist.

Innerer Reifungsprozess

Angesichts dieser Ereignisse fühlen sich die meisten Menschen ohnmächtig. Verständlich, dass sich mancher, solange es ihm noch einigermaßen gut geht, ins Privatleben verabschiedet und nichts mehr von den Katastrophen hören will. Benedikt zog sich auch zurück, in eine Höhle. Reduziert auf das Wesentliche, versuchte er mit sich Frieden zu finden. In diesem inneren Reifungsprozess schreibt er laut Eckert seine Regel für die Gemeinschaft. „Meide das Böse und tue das Gute; suche Frieden und jage ihm nach“ hält er im Prolog fest. Für Benedikt fange der Friede stets bei jedem Einzelnen an, seine ganze Regel verstehe er als Friedensordnung.

Charmant an diesem Buch ist, dass der 56-jährige Autor auch aus seinem eigenen Leben und von seinen Schwächen erzählt. Die Bandbreite reicht vom Eckerl-Stehen im Religionsunterricht als Schüler bis zum Nicht-Konzentrieren-Können aufs Gebet, wovor auch ein Abt nicht gefeit ist. „Mönch ist man nicht, Mönch wird man sein Leben lang“, bekennt Eckert. Und das gleiche gelte für einen Friedensstifter.

Vieles sei aber auch Gnade. Aber jeder können seinen Beitrag zum Frieden leisten, „wenn wir nur an ihn glauben“. Dazu gehöre es, immer wieder neu anzufangen.

Kloster Andechs

Das Kloster Andechs, von weither sichtbar auf dem Heiligen Berg über dem Ostufer des Ammersees gelegen, ist der älteste Wallfahrtsort Bayerns und seit 1850 Wirtschaftsgut der Benediktinerabtei Sankt Bonifaz in München.