„Einmal um die ganze Welt, und die Taschen voller Geld“, knödelte einst Karel Gott, die goldene Stimme von Prag. Einmal um den ganzen Globus – das wollte auch ein Kunde auf der MSC Poesia erleben. Im Januar 2023 stach er ab Genua in See, 119 Tage später und gut 40 000 Euro ärmer ging er genau dort wieder an Land, enttäuscht und erbost. Er überschwemmte in einer Klage das Landgericht München mit einer umfangreichen Mängelliste und forderte gut die Hälfte des Reisepreises zurück. Die 29. Zivilkammer allerdings navigierte in ihrem Urteil in andere Gewässer.
„119 days, 53 destinations, a million memories“, so bewarb der Veranstalter MSC Cruises die Weltumschiffung im Jahr 2023: Kulturshows in Costa Rica, ein Blick auf die Golden Gate Bridge in San Francisco, dann nach Japan, Malaysia, die neuen Wunder von Dubai, die Liste der Länder und Attraktionen war ungefähr so lang wie die MSC Poesia vom Bug zum Heck.
Von den „million memories“ blieben einem Reisegast allerdings nur schlechte im Gedächtnis. Seine Unzufriedenheit setzte schon ein, ehe er in Genua einen Fuß auf das Kreuzfahrtschiff gesetzt hatte. Er ließ sich eine „Garantiekabine“ mit der Nummer 10002 reservieren, mit Balkon. Er bekam auch eine Balkonkabine, allerdings Nummer 12050. Und diese befand sich direkt unter einem Pooldeck.
Täglich seien dort gegen null und um 6 Uhr früh die Poolliegen „mit ohrenbetäubendem Lärm“ auf- und umgestapelt worden. Er hätte keine Nacht durchschlafen können und habe am Ende des Urlaubs „unter erheblichem Schlafmangel“ gelitten, vom Erholungsdefizit ganz zu schweigen. Zudem seien von den angebotenen 60 Ausflügen lediglich 30 realisiert worden, womit „der Erlebniswert der Kreuzfahrt für die Passagiere erheblich eingeschränkt worden sei“.
Ohnehin konnte der Mann die „World Cruise“ auf der Poesia nicht in vollen Zügen genießen, weil er dreimal erkrankte: Husten, Schnupfen, Erkältungssymptome. Schuld daran, so behauptete er, sei die bordeigene Klimaanlage gewesen. In allen öffentlichen Passagierbereichen hätten „kühle 19 Grad Celsius“ geherrscht.
Zu seinen insgesamt 21 Krankheitstagen gesellte sich noch ein Malheur an einer der Türen zum Außendeck: Dort zog sich der Kunde eine Quetschung und eine Fleischwunde an der rechten Hand zu, was er den „mangelhaft gewarteten Schließriegeln der Türen“ zuschrieb. Ferner hängte er noch einen äußerst umfangreichen Bewertungsbericht mit etlichen Detailmängeln an die Klage an.
24 000 Euro wollte der Passagier rückerstattet haben – und ging damit unter. Denn die Zivilkammer warf Anker auf Seite der Beklagten.
Die Kammer sei zu dem Schluss gekommen, so steht es im Urteil, dass kein Reisemangel vorliege. Man müsse immer den Einzelfall abwägen, ob es sich um eine „bloße Unannehmlichkeit“ handle oder „um einen zur Minderung führenden Reisemangel“. Hier seien die Grenzen der bloßen Unannehmlichkeit nicht überschritten worden. Und gewisse Unzulänglichkeiten müsse der Reisende bei einer „Pauschalreise mit Massencharakter“ in Kauf nehmen.
So hatte die Reederei ausdrücklich in der Buchungsbestätigung hingewiesen, dass sich die Kabinennummer ändern könne, der gebuchte Typus, also Balkonkabine, sei aber gewährleistet worden. Das Zusammenstellen der Liegen wertete die Kammer als „zwingend erforderlich, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten“. Schlafmangel könne auch mit Umgebungswechsel oder Temperaturumstellung zu begründen sein. Und ob wirklich Ausflüge, die der Kunde gebucht hatte, ausgefallen seien, habe er nicht aufgeführt.
Ob er nun tatsächlich auf dem Schiff Frostbeulen angesetzt hat, also es mit 19 Grad zu kühl gewesen sei, habe der Mann ebenso wenig bewiesen. Abgesehen davon wird die Innenraumtemperatur von 19 Grad laut obergerichtlicher Rechtsprechung in südlichen Ländern als zureichend erachtet. Ohnehin sei das Gericht nicht verpflichtet, die eingereichten „umfangreichen und ungeordneten Anlagenkonvolute durchzuarbeiten“, um den Streitgegenstand zu konkretisieren. Binnen eines Monats kann der Kläger Segel setzen und gegen das Urteil in Berufung gehen.