Berlin – Europa rüstet im Rekordtempo auf! Seit der russischen Invasion auf die Ukraine schießen überall auf dem Kontinent neue Waffenfabriken aus dem Boden. Das ergab eine Auswertung von Satellitenaufnahmen.
Im Zentrum des Rüstungsbooms steht ein milliardenschweres EU-Programm: ASAP („Act in Support of Ammunition Production“). Es pumpt 500 Millionen Euro in die Munitions- und Raketenproduktion.
▶︎ Eine exklusive Analyse der britischen „Financial Times“ zeigt nun das Ausmaß der Aufrüstung: Die Industrieflächen der Rüstungsunternehmen in Europa erstrecken sich auf mehr als sieben Millionen Quadratmeter Neubebauung. Damit expandierten die Waffenfabriken dreimal so schnell wie in Friedenszeiten.
Die Daten stammen aus gut 1000 Satellitenüberflügen des Sentinel-1-Systems der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Sie registrierten 150 Standorte von insgesamt 37 Rüstungskonzernen.
Rheinmetall baut neues Werk in Ungarn
Allein an den insgesamt 88 vom ASAP-Programm geförderten Standorten wuchs die Flächenbebauung von 790.000 Quadratmetern (2020/21) auf 2,8 Millionen Quadratmeter (2024/25) an. An 20 dieser Standorte ist eine deutliche physische Erweiterung zu erkennen, darunter der Bau komplett neuer Fabriken.
Das größte dieser Bauprojekte entsteht in Ungarn. Dort baut der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall zusammen mit dem ungarischen Staatsunternehmen N7 Holding im südungarischen Várpalota eine neue Mega-Fabrik für Munition.
Am 27. Juli besuchte Verteidigungsminister Boris Pistorius (4. v. l.) zusammen mit Rheinmetall-Vorstand Armin Papperger (3.v.l) das Rheinmetall-Werk in Unterlüß
Foto: Michael Matthey/dpa
Die erste Anlage wurde im Juli 2024 fertig – sie produziert Munition für den Schützenpanzer Lynx. Künftig sollen dort auch Artilleriegeschosse für den Leopard-2-Panzer und weitere Sprengstoffe vom Band laufen. Bis 2027 will Rheinmetall jährlich 1,1 Millionen 155–mm–Geschosse herstellen. 2022 waren es gerade mal 70.000.
Auch in Skandinavien wird gebaut
Auch bei den europäischen NATO-Verbündeten rollen die Bagger: der norwegische Konzern Kongsberg eröffnete im Juni 2024 eine neue Raketenfabrik, das finnische Unternehmen Nammo expandierte am Standort in Vihtavuori kräftig und der britische Riese BAE Systems investierte an seinem Werk in Glascoed (Südwales) in eine neue Anlage, um die Produktion von 155-mm-Granaten zu versechzehnfachen.
Und: Dabei soll es nicht bleiben. Die EU will diesen Kurs mit weiteren Milliardenhilfen fortsetzen. Ein neues Verteidigungsprogramm (1,5 Milliarden Euro) ist laut EU-Kommission bereits in Planung. Es soll ASAP ergänzen – mit dem Ziel, auch die Produktion von Raketen, Drohnen und Luftabwehrsystemen zu fördern.