„Meine Bayern“ heißt die Kolumne von SPORT BILD-Reporter-Legende Raimund Hinko, die sich mit dem deutschen Rekordmeister befasst. Hinko begleitet den FC Bayern seit Jahrzehnten.

Lieber Max Eberl,

zuletzt kam Lob von allen Seiten. Weil Du so locker drauf warst. Weil Du das Umfeld beim komplizierten FC Bayern zusammen mit Deinem Boss Jan-Christian Dreesen befriedet hast. Auch dank der Transfers von Jonathan Tah für die Abwehr, Tom Bischof fürs Mittelfeld (beide ablösefrei) und Luis Diaz für den linken Flügel (mit 75 Millionen Ablöse natürlich zu teuer). Lob auch, weil für Kingsley Coman reichlich Kohle aus Saudi-Arabien kam. Weil Trainer Vincent Kompany zeigt, was für tolle Talente aus dem Campus kommen.

Mehr zum Thema

Wichtig ist jetzt erst mal, dass zumindest zu Beginn der neuen Saison das Betriebsklima stimmt. Ich will das mal mit dem Tanz über zerbrochene Glasscherben vergleichen. Es kann sich täglich ändern, stündlich, jede Sekunde. Wenn es Dir gelingt, egal ob vor oder nach dem Supercupspiel gegen den VfB Stuttgart, Nick Woltemade zu den Bayern zu holen, bist Du erst mal der Größte, lieber Max.

Stürmer spektakulär: Irre Kane-Szene in der Nachspielzeit!Teaser-Bild

Quelle: FC Bayern TV12.08.2025

Woltemade mit seinen 1,98 Metern im Sturm und links neben ihm mit seinen 1,96 Metern Jonah Kusi-Asare – der 18-Jährige mit seinem Kunstschuss zum 4:0 gegen Tottenham – einen größeren Sturm gibt es weltweit nicht. Kusi, der ghanaische Schwede, und Nick, der 23-jährige schwäbische Bremer – die würden die Fans gerne tanzen sehen neben Harry Kane, Michael Olise und hoffentlich bald wieder Jamal Musiala. Wenn dann von rechts auch noch Linksfuß Lennart Karl mit 17 träumen lässt von Arjen-Robben-Zeiten, scheint Bayerns Zukunft gesichert. Oder doch nicht?

Du weißt genau, lieber Max, dass Deine Arbeit erst richtig beginnt, wenn am 31. August das Transferfenster schließt. Denn 2025/26 laufen gleich sieben Verträge aus. Und da musst Du Dein Meisterstück liefern, wenn es um Manuel Neuer geht, den Kapitän, den bald 40-jährigen Torwart. Es darf nicht so laufen wie bei Thomas Müller, wo es einen Beschluss gab, dass er keinen neuen Vertrag mehr bekommt und der jetzt mit bald 36 im kanadischen Vancouver kickt.

Bei aller Hochachtung vor der großen Persönlichkeit eines Thomas Müller, er konnte auf dem Feld nicht mehr so taufrisch aufspielen wie bei den Weltmeisterschaften 2010 (Torschützenkönig) und 2014 (Weltmeister). Nicht so dominant wie 2020, als er, die rechte Hand von Hansi Flick, den FC Bayern zu allen sechs Titeln trieb. Bei Neuer ist das anders. Nicht nur, weil er im Tor steht. Er steht ja nicht. Er spielt Libero. Hunderte von Kollegen ahmen ihn weltweit nach. Keiner kommt auch nur annähernd an ihn ran.

Ich würde Neuer einen Vier- oder zumindest einen neuen Dreijahresvertrag geben. Richtig gelesen. Bitte keine Schnappatmung. Ganz entgegen eines ungeschriebenen Bayern-Gesetzes, Spieler über 30 nur noch von Jahr zu Jahr zu verlängern. Neuer altert nicht, er ist irgendwie immer neu! Und wenn es sich nur um einen unscheinbaren Pass von hinten raus über sieben Meter handelt. Neuer ist die lebende Garantie dafür, dass der Ball millimetergenau in den Fuß oder in den Lauf des Mitspielers kommt. An ihm, seiner Ruhe, seiner Unaufgeregtheit können Jungs wie Karl oder Kusi-Asare wachsen.

Höchst bemerkenswert ist, was sich in den Shops des FC Bayern abspielt. Weil die Fans die neuen Trikots, ob stylisch gestaltet oder ganz in Schwarz strikt ablehnen, decken sie sich mit dem roten Trikot ein, das neuerdings Manuel Neuer im Tor trägt. Das ist auch eine Abstimmung mit den Füßen, bzw. eine Abstimmung im Internet mit der Botschaft, dass Neuer dem FC Bayern noch lange erhalten bleiben muss.

Und eine klare Botschaft an Dich, lieber Max Eberl.