Viele der etwa 700 Wiesbadener Jäger leisten mit großem Aufwand ihren Beitrag, um die Afrikanische Schweinepest (ASP) zu bekämpfen. Sie erhalten aber im Gegensatz zu Jägern aus anderen südhessischen Kommunen keine Aufwandsentschädigung, wenn sie mehr Wildschweine erlegen. Dabei ist es unerlässlich, dass die Waidmänner möglichst viele Schwarzkittel schießen, damit die weiterhin grassierende Seuche eingedämmt werden kann.
Das hessische Landwirtschaftsministerium hat daher als Anreiz die in den betroffenen Landkreisen ausgelobte Abschussprämie verdoppelt, während die Landeshauptstadt aus Kostengründen keine Prämie zahlt, wie die zuständige Dezernentin Milena Löbcke (Linke) einem Jäger schriftlich mitteilte. Er und seine Mitstreiter sind verärgert.
Bereits Ende März dieses Jahres hatten sich die beiden Hegegemeinschaften der Landeshauptstadt an Löbcke gewandt und einen Antrag auf Aufwandsentschädigung für das Erlegen von Schwarzwild in den Sperrzonen gestellt. Begründet hatten sie dies unter anderem mit dem enormen Aufwand für die Jäger bei der Seuchenbekämpfung.
Engagement der Jäger könnte mit Prämie höher sein
Am 10. Juni fragte der Vorsitzende der Hegegemeinschaft Wiesbaden Ost schriftlich nach, was aus diesem Antrag geworden ist, und bat um Unterstützung für die Jäger. Etwa sechs Wochen später erhielt er eine Antwort. Löbcke versicherte ihm in einer Mail vom 22. Juli, dass sie sein Anliegen „ernst nehme“ und sich für die späte Antwort entschuldige.
„Wir haben die Einführung einer Jagdprämie intensiv geprüft und auch für Wiesbaden in Erwägung gezogen. Letztlich fand eine solche Prämie jedoch nicht die benötigten politischen Mehrheiten zur Umsetzung, weshalb in Wiesbaden eine Einführung aktuell nicht geplant ist“, schrieb die Stadträtin. Als Grund nannte sie unter anderem die „verbleibenden hohen Kosten für die Kommune“.
Zugleich wies sie darauf hin, dass die Jäger nach dem Bundesjagdgesetz verpflichtet seien, die Veterinärbehörden in der Tierseuchenbekämpfung zu unterstützen. Man sei dankbar für das „große Engagement“ der Wiesbadener Jäger und baue weiter auf ihre Unterstützung.
Diese Aussage verärgert viele Waidmänner in der Landeshauptstadt, wie der Vorsitzende der Jägerschaft Wiesbaden, Manfred Zerbe, sagt. Natürlich kämen die Jäger ihrer gesetzlichen Pflicht nach, die Seuche zu bekämpfen und Schwarzwild zu erlegen. Zerbe gab aber zu bedenken, dass das Engagement höher sein könnte, wenn die Jäger eine Erstattung für den enormen Aufwand erhielten.
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So dürften die geschossenen Tiere vor Ort nicht wie üblich aufgebrochen werden, sondern müssten in einem verschlossenen Behältnis zur Kadaverstelle gebracht werden. Erlegte Tiere aus der weißen Zone, wie der umzäunte Sicherheitskorridor um ASP-Kerngebiete genannt wird, dürften grundsätzlich nicht verwertet werden. Würden die Jäger für Zeit, Geld und Mühe entschädigt, so ließ Zerbe durchblicken, könne dies eventuell dazu führen, dass sie mehr Tiere erlegen.
Das ist im Landkreis Darmstadt-Dieburg der Fall. Dort erhalten Jäger für jedes geschossene Schwarzwild 100 Euro, die vom Land auf 200 Euro verdoppelt werden. Nach Auskunft eines Sprechers hat der Landkreis seit Einführung der Jagdprämie rund 200.000 Euro (Stand Juli) ausgezahlt.
„Tatsächlich lässt sich beobachten, dass einige Jäger ihr Engagement erhöht haben“, teilte der Sprecher weiter mit. So habe einer der Waidmänner 5800 Euro Prämie erhalten, was 29 erlegten Tieren entspreche. Nachdem die Jagdprämie angehoben wurde, sei die Zahl der erlegten Wildschweine insgesamt gestiegen.
„Die Jäger sind unverzichtbar“
„Als erste Kreisverwaltung in Hessen haben wir frühzeitig eine Abschussprämie eingeführt und parallel die Jagdverbote aufgehoben, um die Bejagung von Wildschweinen zu intensivieren – beides entscheidende Instrumente im Kampf gegen die Schweinepest“, stellte Lutz Köhler (CDU), Erster Kreisbeigeordneter, klar. Bislang seien im Landkreis 1500 Wildschweine erlegt worden. Dies sei ein klarer Beleg, dass die Prämie wirke.
Im Rheingau-Taunus-Kreis erhalten Jäger 60 Euro je erlegten Schwarzkittel, die vom Land auf 120 Euro verdoppelt werden. Bislang hat der Kreis rund 87.000 Euro an Prämien ausgezahlt. Aus Datenschutzgründen möchte die Verwaltung nicht mitteilen, wie hoch die ausgezahlten Aufwandsentschädigungen an einzelne Jäger waren. Die Bewertung ist jedoch deutlich. „Die Resonanz der Jäger in Bezug auf die Jagdprämie ist positiv“, teilte das Veterinäramt mit.
Die Landesregierung erwartet offenbar von der Stadt Wiesbaden, dass sie sich künftig an der Auszahlung der Jagdprämien beteiligt. „Das Land Hessen ist zuversichtlich, dass sich auch die Stadt Wiesbaden – wie alle anderen betroffenen Kommunen – künftig an dieser Form der Unterstützung beteiligt“, teilte das Landwirtschaftsministerium mit und stellte klar: „Für die Eindämmung und Tilgung der Seuche sind die Jäger in den ASP-Gebieten unverzichtbar.“
In diesem Zusammenhang weist auch das Ministerium darauf hin, dass die Jäger einen „übermäßigen Mehraufwand“ aufgrund der Beprobung, des Transports und der teilweisen Entsorgung der geschossenen Tiere haben. Zudem müssten sie den Vermarktungsausfall tragen, wenn die Wildschweine nicht verwertet werden dürften.
Da das Land keine eigene Prämie in den betroffenen Städten und Landkreisen ausloben dürfe, habe es sich entschlossen, die von den Kommunen ausgelobte Prämie zu verdoppeln. Ziel sei es, die Wildschweindichte „spürbar zu senken“. Dies gelte insbesondere in den weißen Zonen. „Hier ist die Vorgabe, einen wildschweinfreien Korridor aufzubauen, um die Infektionsketten auf diesem Weg effektiv zu unterbrechen“, sagte ein Ministeriumssprecher.