Berlin – Darf man die Lage in Gaza mit der in Deutschland in den Jahren 1944/45 vergleichen? Eine aufwühlende Frage, die viele BILD-Leser bewegt und zu Diskussionen angeregt hat.

Denn auf den ersten Blick ähneln sich die Bilder von zerbombten deutschen Städten in Schutt und Asche und von der Trümmerwüste im Gazastreifen. Auch damals hungerten Familien, die alles verloren hatten – versorgt wurden sie allerdings erst nach der Kapitulation der Nazis.

Auch interessant

Anzeige

Auch interessant

Anzeige

BILD stellt Leserstimmen aus der Debatte zum Thema zusammen. Wer sagt JA – und wer sagt NEIN dazu, ob ein Vergleich zwischen Deutschland 1945 und Gaza angebracht ist?

JA sagt Leser Martin Schulz: „Ja, das kann man vergleichen. Und die Gründe sind auch identisch. Ein Land greift ein anderes Land an und ermordet bestialisch dessen Bevölkerung. Und später bekommt dann das Angreiferland die Quittung dafür, so wie jetzt in Gaza. Bitte nicht vergessen: Viele palästinensische Einwohner haben mit den ,Kämpfern‘ der Hamas zusammen am 7. 10. Israel überfallen und waren beim Foltern und Morden noch viel bestialischer als die Hamas.“

Große Teile des Gaza-Streifens ähneln heute einer Trümmerwüste

Große Teile des Gazastreifens ähneln heute einer Trümmerwüste

Foto: Jehad Alshrafi/AP/dpa

JA sagt auch Rosemarie Axenböck: „Ja, wenn man die Hamas mit dem damaligen Deutschland gleichsetzt. Beide haben einen Angriffskrieg gestartet. Deutschland wurde vollständig besiegt und auch politisch neu aufgebaut. Gleiches muss mit der Hamas passieren, erst nach vollständiger Entfernung kann ein Friedensprozess starten. Solange aber die Hamas das Sagen hat und von vielen auch unterstützt wird, wird sich nichts ändern. Weder Waffenstopp, Waffenruhe noch Rückzug der Israelis werden erfolgreich sein.“

Ein deutsches Kriegsopfer in den Ruinen von Hamburg 1945

Ein deutsches Kriegsopfer in den Ruinen von Hamburg 1945

Foto: ullstein bild via Getty Images

NEIN sagt Gerhard Hoffmann. Denn: „Man kann es nicht mit Deutschland 1944/45 vergleichen, die Städte wurden bombardiert, die Züge wurden durch angloamerikanische Tiefflieger beschossen. Die Bevölkerung war zum Großteil ausgebombt und Hunger war an der Tagesordnung, und die ständige Angst vor Bombenangriffen. Es kamen auch keine Lkw-Kolonnen mit Lebensmitteln und Medikamenten wie in Gaza.“

NEiN sagt auch Thomas Zeidler: „Bilder kann man vergleichen, ja, aber daraus kann man nicht die Geschichte ableiten. Die Hamas ist und bleibt eine Terrororganisation, die ihr eigenes Volk unterdrückt, plündert und nun mit diesem selbsterzeugten Leid, nach Mitleid heischt. Deutschland hat den Krieg verloren, kapituliert und sich friedlichen Werten verschrieben und diese umgesetzt und gelebt. Dafür gab es auch Hilfe beim Wiederaufbau. Davon sind Gaza und die Hamas leider noch weit entfernt, der Krieg ist noch nicht gewonnen, insofern richtig, dass Israel hier auch die letzte Zelle ausschalten will. Wenn das passiert ist (…) dann kann man die Bilder vergleichen, Hilfe fordern und gewähren und über einen eigenen Staat nachdenken.“

Palästinenser in der Trümmerwüste von Gaza

Palästinenser in der Trümmerwüste von Gaza

Foto: Mohammed Hajjar/dpa

JA sagt Leser Stefan Rolle: „Hamas und die Nationalsozialisten sind bzw. waren beide Unrechtsregime, die gestürzt werden bzw. wurden. Keiner hatte 1945, trotz des Bombenhagels, von einem Genozid gesprochen. Heute wird dieses Wort sehr schnell in den Mund genommen (…). Erst wenn die Hamas komplett zerstört ist, kann ein Staat Palästina entstehen. Mit der Hamas auf keinen Fall.“

Mehr zum Thema

Claus Lampert findet den Vergleich „gar nicht so unpassend“. Er schreibt: „Ein nicht kleiner Teil der Bevölkerung stand zwischen 1933 und Stalingrad hinter Hitler, nur ein kleiner Kreis leistete Widerstand. Niemand konnte Hitler dazu bringen, den Krieg zu beenden. Es war erst die totale Niederlage nötig, der Tod von Millionen Soldaten und Zivilisten in Deutschland und die Vertreibung von vielen Millionen von Deutschen (…). Am 7. 10. 2023 jubelte der Gazastreifen noch. Sie wollten den totalen Sieg und die Vernichtung aller Juden im Nahen Osten.“

NEIN sagt Claus Hamann und merkt an: „Deutschland war doch viel schlimmer dran – Tag und Nacht kamen alliierte Bomber, und es wurden serienweise Brandbomben auf Wohnviertel abgeworfen, um Feuerstürme auszulösen. Die Alliierten wechselten sich ab und nahmen deutsche Großstädte nacheinander unter Beschuss. Das, was Israel in Gaza macht, ist etwas völlig anderes. Die Israelis haben zumindest nicht die Zivilbevölkerung gezielt angegriffen – und ganz ehrlich: Wenn in Gaza tote Israelis gezeigt werden, bricht dort jedes Mal Jubel aus.“

Reinhard Wendt glaubt nicht, dass man beides vergleichen kann: „Die Hamas-Terroristen nehmen die Bevölkerung als Schutzschild. Sie bestehlen ihre eigenen Leute um die gelieferten Hilfsgüter und verkaufen sie ihnen völlig überteuert. In Deutschland wurde damals die Bevölkerung zu einem stattlichen Teil evakuiert, aufs Land oder in bombensicheren Zonen untergebracht. Deutschland organisierte damals eine halbwegs gerechte Verteilung der Lebensmittel via Lebensmittelkarten bzw. Bezugsscheinen.