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Auch das ist bereits Praxis: Um nachhaltige und faire Handelsstrukturen zu unterstützen, setzt die Gemeinde Stuhr auf Fairtrade-zertifizierten Kaffee. © Dierck Wittenberg
Die Gemeinde Stuhr setzt sich seit längerem für nachhaltige Beschaffung und fairen Handel ein, verzichtet jedoch bislang auf den offiziellen Titel „Fairtrade-Gemeinde“. Laut Rathaus-Sprecherin Jeannette Rische liegt dies an einer Vielzahl wichtiger Projekte in den letzten Jahren, die Priorität hatten.
Stuhr – Fair gehandelte Produkte, nachhaltige Beschaffung und der Blick auf globale Verantwortung – diese Themen sind in Stuhr längst angekommen. „Die Ziele der Fairtrade-Bewegung passen sehr gut zu den Grundwerten unserer Gemeinde“, berichtet Rathaus-Sprecherin Jeannette Rische im Gespräch mit der Mediengruppe Kreiszeitung. „Globale Gerechtigkeit, nachhaltiges Handeln und faire Handelsstrukturen sind Werte, mit denen wir uns hier in Stuhr identifizieren können.“
Doch obwohl die Voraussetzungen und der Gedanke dahinter vielen in Verwaltung und Gemeinderat vertraut sind, trägt Stuhr – im Gegensatz zu etwa Achim und Weyhe – bislang nicht den offiziellen Titel „Fairtrade-Gemeinde“. Das hat Gründe – und hängt nicht mit mangelndem Interesse zusammen, sondern mit der Fülle an Projekten, die die Verwaltung in den vergangenen Jahren gestemmt hat.
Fairtrade ohne Zertifikat
Schon jetzt achtet die Gemeinde bei ihrer Beschaffung auf nachhaltige und faire Lösungen. Bei bestimmten Produkten, allen voran Kaffee, greift man bewusst zu Fairtrade-zertifizierter Ware. Auch regionale Lieferanten spielen eine große Rolle, um Transportwege zu verkürzen und die lokale Wirtschaft zu unterstützen. „Unser Vergabeverfahren ist auf Fairness, Transparenz und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet – diese Grundsätze lassen sich sehr gut mit dem Fairtrade-Gedanken verbinden“, erklärt Rische.
Dass diese Haltung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, zeigt sich im Alltag: Bei Ausschreibungen werden Anbieter bevorzugt, die nachhaltige oder fair gehandelte Produkte anbieten können. Gleichzeitig wird geprüft, ob regionale Unternehmen den Bedarf decken können. Die Botschaft ist klar – Verantwortung beginnt vor Ort, endet aber nicht an den Gemeindegrenzen.
In den vergangenen Jahren standen in Stuhr ehrgeizige Vorhaben auf der Tagesordnung, die viel Energie gebunden haben. Dazu zählen der bedarfsgerechte Ausbau der Kindertagesstätten, die Weiterentwicklung moderner Schulstandorte, die Aufwertung und Stärkung der Ortskerne sowie wichtige Infrastrukturmaßnahmen wie die Anbindung durch die Straßenbahnlinie 8 und der Neubau des Hallenbads.
„Diese Projekte haben erhebliche positive Impulse für Bildung, Mobilität, Freizeit und das Miteinander vor Ort gesetzt“, so Rische. „Sie hatten absolute Priorität und erforderten unsere volle Aufmerksamkeit.“ Eine formale Fairtrade-Zertifizierung sei daher bislang nicht angegangen worden – auch wenn die Haltung dahinter längst gelebt werde.
Was es für den Titel braucht
Der Titel „Fairtrade-Gemeinde“ wird in Deutschland nach festen Kriterien vergeben. Fünf Punkte sind dabei entscheidend: ein Ratsbeschluss zur Teilnahme an der Kampagne „Fairtrade-Towns“ und zur aktiven Anstrengung, den Titel zu erhalten. Die Bildung einer Steuerungsgruppe mit Vertretern aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, die Akteure vernetzt, Schwerpunkte setzt und Bildungs- sowie Öffentlichkeitsarbeit organisiert. Die Erfassung aller Geschäfte im Gemeindegebiet, die fair gehandelte Produkte verkaufen, sowie die gezielte Ansprache weiterer Betriebe. Die Durchführung von Informations- und Bildungsaktivitäten in öffentlicher Trägerschaft, in einer Anzahl, die sich nach der Größe der Gemeinde richtet. Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, etwa über Pressemitteilungen oder Berichte in lokalen Medien.
„Ob Stuhr diese Voraussetzungen schon erfüllt, müsste in einem strukturierten Prozess geprüft werden“, erläutert Rische. „Das ist nichts, was die Verwaltung allein stemmen kann – dafür braucht es die Zusammenarbeit von Politik, Schulen, Kirchen, Vereinen, Unternehmen und engagierten Bürgerinnen und Bürgern.“
Fairer Handel, Nachhaltigkeit und Regionalität sind für uns keine Modebegriffe.
Die Gemeinde signalisiert, dass sie für einen solchen Prozess bereit wäre, wenn aus der Bürgerschaft, der Wirtschaft und der Politik eine gemeinsame Initiative entstünde. „Wir würden dann prüfen, wie wir diesen Weg auf Grundlage der bestehenden Strukturen und Erfahrungen erfolgreich gestalten können“, versichert die Gemeinde-Pressesprecherin.
Bis dahin bleibt es beim bisherigen Kurs: verantwortungsvoll und möglichst fair beschaffen, regionale Strukturen stärken und dabei den Blick für globale Zusammenhänge behalten.
„Fairer Handel, Nachhaltigkeit und Regionalität sind für uns keine Modebegriffe“, betont Jeannette Rische. „Das sind Prinzipien, nach denen wir handeln – unabhängig davon, ob ein Zertifikat an der Tür hängt oder nicht.“