In der aktuellen Monatsumfrage hier im Blog könnt ihr abstimmen: Seid ihr für ein Social-Media-Verbot für Jugendliche? Bislang hat sich die Mehrheit dafür ausgesprochen. Mehrere Politiker hatten die öffentliche Debatte um das Thema zuletzt wieder befeuert. Doch ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags (hier als PDF) zeigt, dass die Umsetzung vor hohen Hürden stünde.
Nicht nur in Deutschland liebäugelt man mit Altersbeschränkungen für Social Media. Auch in Griechenland, Frankreich und Spanien gibt es dazu Gedanken. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags sind aber zumindest für Deutschland nicht davon überzeugt, dass eine Umsetzung rechtlich so einfach möglich wäre. Sie argumentieren dabei nur aus juristischer Perspektive und behandeln nicht, ob die Sache pädagogisch sinnvoll wäre.
Eine zentrale Hürde für Altersbeschränkungen bzw. Verbote für Minderjährige liegt darin, dass die EU bereits abweichende Vorschriften zum Jugendmedienschutz verabschiedet hat. Hiermit bezieht man sich auch auf den Digital Services Act (DSA). Der hat eine „vollharmonisierende“ Wirkung, was juristisch heißt, dass er Anwendungsvorrang hat und nicht durch nationale Alleingänge wieder ausgehebelt werden kann. Der DSA sieht kein Verbot von Social Media für Minderjährige vor, sondern spricht zwar Altersprüfungen an, aber nur als eine von mehreren Möglichkeiten, je nach Status und Risiko einer Plattform (via Netzpolitik). Hier dürfte es rechtlich schwer sein, national doch andere Wege zu gehen.
E-Commerce-Richtlinie als weitere Hürde
Die nächste Hürde liegt ebenfalls in einem EU-Gesetz, nämlich der E-Commerce-Richtlinie. Die legt fest, auch für Social-Media-Plattformen, dass Unternehmen nicht in jedem EU-Land verschiedene Vorschriften jonglieren müssen, sondern als Anlaufstelle immer das Land gilt, in dem der Hauptsitz liegt. Im Klartext würden für Plattform mit z. B. EU-Sitz in Irland, was auf ByteDance (TikTok) und Meta zutrifft, auch die dortigen Regelungen greifen. Ein deutsches Social-Media-Verbot für Minderjährige hätte also formal für die Plattformen in der EU deswegen gar keine rechtlich bindende Wirkung.
Allerdings kommt dann als Verkomplizierung wieder die EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) ins Spiel. Diese liefert dann wieder den Mitgliedsstaaten Spielräume für eigene Regelungen und beißt sich eigentlich juristisch mit den anderen Gesetzen. Da wäre also zu klären, was wie, wann und wo Vorrang hätte. Das könnte zu extrem langwierigen, rechtlichen Streitigkeiten, aber auch einem Ringen unterschiedlicher Behörden um ihre Kompetenzen führen. Ich übertreibe mal: Die meisten Minderjährigen würden also vermutlich schon im Altersheim sitzen, bevor da klare Vorschriften herauskämen.
Letzten Endes wäre somit die Ausarbeitung und Umsetzung eines Social-Media-Verbots für Minderjährige bzw. einer Altersbeschränkung eine komplexe und langwierige Sache. Die Forscher legen daher nahe, dass auch andere Maßnahmen in den Fokus rücken müssten – etwa die Förderung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen.
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