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Auf Gehwegen bleibt mitunter wenig Platz für Fußgänger, Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen. Ein Zollstock-Spaziergang soll auf das Problem aufmerksam machen.
Sprendlingen – Wie viel Platz benötigt ein Fußgänger, um ungehindert auf einem Gehweg laufen zu können? Und wie viel mehr Platz brauchen Menschen im Rollstuhl oder Kinderwagen? Nach Forderungen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) sollte ein Gehweg mindestens 2,50 Meter breit sein, um einen ungestörten Fußverkehr zu ermöglichen. Doch die Realität sieht oft anders aus, denn Autos, die auf dem Gehweg parken, nehmen Fußgängern den Platz weg. „Der Bürgermeister in Dreieich ist der Meinung, dass 80 Zentimeter für einen Gehweg breit genug sind“, sagt Anja Zeller, Politische Geschäftsführerin des VCD Hessen.
Wenn Autos auf dem Gehweg parken, müssen Fußgänger, Kinderwägen und Rollstuhlfahrer häufig auf die Fahrbahn ausweichen. Anja Zeller misst nach, wie viel Platz zwischen Auto und Hauswand zur Verfügung steht. © Marc Strohfeldt
Um auf das Thema aufmerksam zu machen, arrangierte der VCD Rhein-Main am Montag einen „Zollstock-Spaziergang“ in Sprendlingen. Um 18 Uhr startete die Gruppe aus gut einem Dutzend Mitgliedern von VCD und Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) am Bahnhof ihre Kontrolltour. Zollstöcke gaben den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit, an engen Stellen zu messen, wie breit der Abstand zwischen den auf dem Gehweg parkenden Autos und einer Laterne, einer Mülltonne oder einer Hauswand ist.
Frühere Politikerin: „Parken ist Privatsache“ – Besitzer sollen sich selbst einen Parkplatz besorgen
„Das Parken auf dem Gehweg ist in Deutschland illegal und trotzdem parken viele Autofahrer auf dem Bürgersteig. Damit haben die Fußgänger einfach zu wenig Platz“, sagt Anja Zeller. Und auch Evelyn Könner, vor einigen Jahren noch für die Grünen in der Stadtpolitik aktiv gewesen, stört das Problem. Die 65-Jährige sagt: „Die Bürger sollten nicht vor ihrem Haus, sondern auf ihrem Grundstück parken. Die haben alle eine Hofeinfahrt oder eine Garage, die aber meistens voll mit Gerümpel stehen. Oder die Leute kommen nicht auf ihr Grundstück, weil sie nicht Autofahren können oder weil das Auto zu breit ist.“ Und auch Zeller betont: „Parken ist Privatsache. Wenn ich mir ein Auto kaufe, muss ich auch einen Abstellplatz haben. Wenn ich mir ein Pferd kaufe, muss ich mir auch vorher überlegen, wo ich das Pferd abstelle.“
Es müssten mehr Strafzettel verteilt werden, damit die Bürger einfach mal wach werden.
Zeller sagt: „Das Ziel des Spaziergangs ist, etwas zu verändern. Auf dem Weg haben wir eine Frau gesehen, die sich zwischen einem parkenden Auto und einer Hauswand entlangschlängeln musste, weil dort einfach zu wenig Platz ist. Wir wollen ermöglichen, dass auch Menschen im Rollstuhl, mit Rollator oder mit dem Kinderwagen diese Wege ohne Probleme absolvieren können.“ Nach Meinung von Könner muss das Gehwegparken deshalb schlichtweg härter kontrolliert und bestraft werden: „Es müssten mehr Strafzettel verteilt werden, damit die Bürger einfach mal wach werden.“
Weil das jedoch häufig nicht passiert, hat Anja Zeller bei Spaziergängen immer gelbe Karten vom VCD dabei. „Wir haben gelbe Karten, die man vorne an die Scheibenwischer der falsch parkenden Autos legen kann. Das ist einfach eine freundliche Notiz. Wenn die Polizei das nicht kontrolliert, müssen wir darauf aufmerksam machen.“ Und auch die anderen Teilnehmer des Spaziergangs verteilen auf dem Weg reichlich Verwarnungen.
Kostenloses Parken abschaffen
Nach rund einer Stunde ist der Fußmarsch vorbei. Zeller sagt: „Wir haben gemerkt, dass es auch gute Beispiele gibt. Es geht nur um ein paar Nebenstraßen, wo man die Probleme ansprechen muss. Wir haben aber auch gesehen, dass es Straßen gibt wie die Schulstraße, wo das Gehwegparken erlaubt ist, obwohl gar kein Platzmangel herrscht. Das Schild, das das Gehwegparken erlaubt, könnte also sofort abgeschraubt werden.“
Um gegen das illegale Parken auf dem Gehweg vorzugehen, hat Zeller auch schon eine Idee: „Wir müssten uns von kostenlosem Parken verabschieden. Für Besucher bräuchte es Parkplätze, die aber auch bezahlt werden müssen. Dann eben für eine Stunde, zwei Stunden oder auch den ganzen Tag. Das nennt man Parkraummanagement.“ Dies sei wichtig, denn „im schlimmsten Fall wird durch das Gehwegparken ein Fußgänger totgefahren, weil er auf die Fahrbahn ausweichen muss.“