Gigantische Roboterarme, gesteuert durch künstliche Intelligenz, gleiten durch eine riesige Fabrik in Oxfordshire, England, und fertigen Baurahmen aus Holz, einem der ältesten Baustoffe der Welt.
Mit dem Ziel der britischen Regierung, jährlich 300.000 neue Häuser zu bauen, sagen einige Bauträger, dass die Kombination aus Technologie und nachhaltigen Materialien ihnen helfen könnte, Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Umweltauflagen zu bewältigen.
England hinkt vergleichbaren Volkswirtschaften bei dem Anteil an Holzhäusern deutlich hinterher. Großbritannien insgesamt gehört laut dem National Robotarium am Heriot-Watt University zudem zu den langsamsten Anwendern von Robotik, insbesondere im Bauwesen.
„Wir beobachten, dass immer mehr große sowie kleine und mittlere Bauträger Holz nutzen, um die Herausforderungen bei Fachkräften und CO2-Emissionen zu meistern“, sagt Alex Goodfellow, CEO von Donaldson Timber Systems (DTS).
Sein Unternehmen fertigt Holzbau-Elemente für Häuser und Gewerbegebäude – darunter Wände, Böden und Dächer -, die anschließend an Bauträger zur Montage geliefert werden.
Laut DTS sorgt die automatisierte Produktion für einen weniger arbeitsintensiven Hausbau und bietet eine schnellere, günstigere und nachhaltigere Alternative zu Ziegeln, Stein oder Betonblöcken.
Eine Studie des Bau- und Beratungsunternehmens Rider Levett Bucknall ergab, dass der Bau mit Holz 2,8 % günstiger ist als mit Mauerwerk.
SCHNELLERES BAUEN
Die DTS-Fabrik in Witney, nahe Oxford im Südosten Englands, produziert wöchentlich Holzelemente für rund 100 Häuser. Die Entwürfe werden digital per künstlicher Intelligenz eingespeist, wodurch Papierpläne weitgehend entfallen.
DTS erklärt, dass Roboter und Laser vorgefertigte Bauteile herstellen, die auf der Baustelle schnell montiert werden können. Die Technologie verkürzt laut Goodfellow die Bauzeit eines Hauses im Vergleich zu herkömmlichen Materialien um etwa zehn Wochen.
Dennoch bestehen weiterhin Hindernisse für eine deutliche Zunahme von Holzhäusern in England.
Amit Patel von der Royal Institution of Chartered Surveyors erklärt, dass Holz in England selten verwendet wird, da es schwierig ist, für Holzbauten Garantien zu erhalten – vor allem wegen Bedenken hinsichtlich der Haltbarkeit.
Barratt Homes versuchte bereits in den 1980er Jahren, den Holzbau wiederzubeleben, doch der Absatz litt unter Befürchtungen bezüglich Fäulnis und Brandgefahr.
Andrew Orriss vom Structural Timber Association betont, dass diese Bedenken durch aktuelle Bauvorschriften und den Brandschutzleitfaden der STA adressiert wurden.
Er ist der Ansicht, dass der Holzbau im Werk etwa ein Drittel des Regierungsziels von 300.000 neuen Häusern pro Jahr liefern könnte – ein Wert, der in England seit den 1970er Jahren nicht mehr erreicht wurde.
Offizielle Regierungszahlen zeigen, dass in England 2023/24 fast 200.000 neue Häuser gebaut wurden. Laut Structural Timber Association waren davon rund 40.500 Holzhäuser.
Bauträger wie Vistry und Taylor Wimpey haben eigene Holzbau-Fabriken eröffnet oder planen dies, während Bellway bis 2030 in einem Drittel seiner Projekte Holz einsetzen will.
Auch die geringere Umweltbelastung wird von den Unternehmen als Vorteil angeführt.
UMWELTFREUNDLICHER UND EFFIZIENTER?
Simon Park, Nachhaltigkeitschef bei Bellway, erklärt, Holz nehme mehr CO2 auf und speichere es, als bei der Verarbeitung ausgestoßen wird. Bellways Analysen zeigen, dass Betonsteine – in den USA als Cinder Blocks bekannt – die größten CO2-Emittenten unter den gängigen Baustoffen sind.
Demgegenüber steht jedoch die Herkunft der Rohstoffe: Rund 80 % des in Großbritannien verwendeten Holzes werden importiert, hauptsächlich aus Europa, während etwa 20 % der Ziegel ebenfalls aus dem Ausland stammen.
Auch bei der Vergabe von Hypotheken für Holzhäuser gibt es weiterhin Vorbehalte. Diese könnten sich jedoch bessern, wenn die Regierung ein klares Signal für den Holzbau setzt, meint Riz Malik, Hypothekenmakler bei der unabhängigen Finanzberatung R3 Wealth.
Ein weiteres Argument für mehr Robotik ist die alternde Belegschaft: Laut Home Builders Federation sind etwa 20 % der Bauarbeiter in Großbritannien über 50 Jahre alt, ein Viertel davon wird in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen.
Im Juni hat die Regierung 40 Millionen Pfund ($54 Millionen) für Robotik-Zentren in verschiedenen Branchen zugesagt. Dennoch sieht Maurice van Sante, leitender Bauökonom bei der ING-Bank, die britische Bauindustrie bei der Nutzung von Robotik weit hinter anderen Ländern.
ING schätzt, dass 2023 in Europa 1,5 Roboter auf 10.000 Bauarbeiter kamen, verglichen mit 0,6 in den USA und 0,5 in Großbritannien.
Roboter können nicht nur den Arbeitskräftemangel abfedern, sondern schaffen laut DTS-Produktionsleiter Frank O’Reilly auch neue Arbeitsfelder. Seit der Einführung von Automatisierung und Robotik habe das Unternehmen verstärkt technikaffine jüngere Arbeitskräfte angezogen.
„Die Technologie motiviert junge Menschen, diesen Beruf zu ergreifen“, sagt er.
($1 = 0,7433 Pfund)