Zwei Thüringer SPD-Landräte fordern einen Umbau von Sozialleistungen für Flüchtlinge. Laut dem Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke sollen Flüchtlinge Sozialleistungen nur noch als zinsloses Darlehen erhalten. Das sagte er dem Magazin „Stern“.
Unterstützt wird Jendricke vom Saalfeld-Rudolstädter Landrat Marko Wolfram. SPD-Chef Georg Maier nannte den Vorschlag unausgereift – und er werfe rechtliche Fragen auf.
Ähnlich wie Bafög: Darlehen für Asylbewerber vorgeschlagen
Funktionieren soll der Kredit laut Jendricke ähnlich wie beim Bafög für Studierende: Wer rasch eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehme, müsste nur einen Teil der empfangenen Leistungen zurückzahlen.
Auch wenn die eigenen Kinder erfolgreich die Schule abschließen, sollten Eltern bei den Rückzahlungen profitieren, meint Jendricke.
Landrat Saalfeld-Rudolstadt: Positiver Anreiz
Der Landrat des Kreises Saalfeld-Rudolstadt, Marko Wolfram, unterstützt die Idee. Es gehe darum, Migranten zur raschen Arbeitsaufnahme zu motivieren, sagte er dem „Stern“. „Damit würde ein positiver Anreiz entstehen, sich zügig zu integrieren“, argumentierte er.
SPD-Chef findet Vorschlag unausgereift
Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist wichtig, sagt SPD-Chef Maier. Aber dafür seien tragfähige Konzepte nötig und keine riskanten Experimente mit Sozialleistungen.
Skeptisch reagierte auch das Migrationsministerium. Für den Vorschlag müssten komplexe Bundesgesetze geändert werden.
Grüne: Mit Sozialleistungen nichts zu tun
Kritik kommt von den Grünen. „Der Vorschlag ist eine Zwangsverschuldung der Ärmsten der Gesellschaft, die auch noch als Kollektivschuld in eine gesamte Familie hineinwirken soll“, sagte der Thüringer Grünen-Landessprecher Luis Schäfer. Das habe mit Sozialleistungen nichts mehr zu tun.
Auch die Thüringer Linke-Fraktion kritisierte die Vorschläge scharf. „Wer Geflüchteten das Existenzminimum nur noch als Schulden zugestehen will, handelt nicht sozial, sondern schäbig und folgt der rassistischen Stimmungsmache der AfD“, erklärte Katharina König-Preuss, migrationspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion.
Sie sieht in einer solchen Regelung einen Angriff auf Grundrechte. „Das Grundgesetz garantiert allen Menschen in Deutschland unabhängig von Herkunft oder Beitragszahlungen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum“, erklärte sie.
Die AfD bezeichnete den Vorschlag als absurd. Die Chancen, dass Flüchtlinge solche Darlehen zurückzahlen, seien schlecht, so Vize-Fraktionschef Daniel Haseloff.
Der CDU-Politiker Philipp Amthor hat sich dafür ausgesprochen, den Vorschlag SPD-Landräte zu prüfen. Es sei richtig, „dass man da die Gerechtigkeitsfrage stellt“, sagte das CDU-Bundesvorstandsmitglied am Donnerstag dem Sender Welt TV. Denn es gehe um Zahlungen der Gemeinschaft, „ohne dass vorab etwas eingezahlt wurde in diesen Sozialstaat“.