Das ist kein Katzensprung für die A-Junioren-Kicker des FC Augsburg. Der Nachwuchs aus der so genannten „Puppenkiste“ stellt sich nämlich an diesem Sonnabend um 12 Uhr in der ersten Runde des DFB-Pokals beim Blumenthaler SV vor, der sich erstmals für das erlesene Teilnehmerfeld qualifiziert hat. Rund 750 Kilometer muss das Team aus Bayern zurücklegen, um von der Paul-Renz-Akademie zum Burgwall zu gelangen. Eine beschwerliche Anreise, die den Nordbremern in die Karten spielen könnte.
„Ich sehe die Chancen bei 60:40 für Augsburg“, begibt sich BSV-Trainer Denis Spitzer auch gar nicht in die Rolle des hoffnungslosen Underdogs. Was Reisestrapazen bedeuten können, haben die Blumenthaler gerade erst bei einem Trip am Sonnabend nach Dänemark zu spüren bekommen. Da saßen sie statt der eingeplanten dreieinhalb Stunden nämlich wegen Staus sechseinhalb Stunden im Bus und kassierten im Testspiel gegen den körperlich sehr robusten dänischen A-Jugend-Erstligisten Vejle Boldklub eine 0:5-Niederlage. Die Augsburger reisen zwar auf der Schiene an, aber auch die rund siebenstündige Bahnfahrt am Vortag ist nicht jedermanns Sache und muss ja bekanntermaßen nicht zwingend störungsfrei verlaufen.
Der BSV kassierte in Dänemark eine Niederlage, die allerdings auch an den Bundesliga-Start gegen den FC St. Pauli (2:6) erinnerte, denn Tore nach Standards, individuellen Fehlern oder wegen ungenügenden Defensivverhaltens trübten die Stimmung. Und sorgten für eine ungewöhnliche Reaktion bei Denis Spitzer. Der schnappte sich auf dem Trainingsplatz am Bockhorner Weg nämlich den Kreidewagen und versah den Rasen vielerorts mit Linien. Linien, die den Spielern ganz deutlich vor Augen führen sollten, was er sich wo und wie auf dem Platz im Abwehrbereich vorstellt. Spitzers Ziel: “Wir müssen den Fokus auf bestimmte Räume legen und das Anlauf- und Verteidigungsverhalten anders lenken. Ich hoffe, dass wir dann bis Sonnabend einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht haben.“
Zu den Augsburgern, deren Herrenteam nun schon seit der Saison 2012/13 ein fester Bestandteil der 1. Bundesliga ist und mit Sandro Wagner einen interessanten Trainer (nämlich den Co der Nationalmannschaft) verpflichtete, gibt es sportliche Parallelen. Sowohl der BSV, als auch der FCA gaben zuletzt in der DFB-Nachwuchsliga Hauptrunde B den Ton an und landeten in der zweiten Hälfte der Saison 2024/25 auf Platz eins. Der Weg dorthin war allerdings ein unterschiedlicher. Der BSV hatte sich über den zweiten Rang in der Regionalliga qualifiziert, Augsburg in der Bundesliga-Vorrunde nicht die Qualifikation für die Spiele um die deutsche Meisterschaft erreicht.
Ein Schwergewicht in der A-Junioren-Bundesliga ist der FC Augsburg also nicht. Und Denis Spitzer weiß auch warum: „Man muss sich nur einmal das Einzugsgebiet angucken. Sie haben es gegen den FC Bayern und VfB Stuttgart schwer, eine richtig gute Mannschaft auf die Beine zu stellen.“ Der BSV-Coach geht allerdings davon aus, dass Augsburg individuell stärker sein wird als seine Mannschaft. Genauere Erkenntnisse sammelte er in den Videos der ersten beiden Spiele, die die Bayern in der Vorrunde Gruppe E absolviert haben: Ein 0:0 gegen den SSV Ulm und ein 2:0 gegen die SpVgg. Unterhaching. Das Traumlos ist der FC Augsburg zwar nicht, doch Denis Spitzer findet die Aufgabe charmant: „Gegen so einen Gegner spielt man nicht alle Tage, sondern wohl nur einmal im Leben.“
Ein verbessertes Defensivverhalten und die Analyse des Gegners können das Fundament für ein Weiterkommen sein. Doch ebenso wichtig ist nach Einschätzung von Denis Spitzer die Motivation jedes Einzelnen und des Teams: „Wir müssen emotionales Feuer entfachen. Wir müssen Energie freisetzen.“ Großartigen Änderungen der normalen Abläufe erteilt Denis Spitzer vor dieser besonderen Partie eine Absage: „Wir wollen kein Tamtam, sondern Normalität.“ Auf dem Platz erhofft sich Denis Spitzer dann einen Ablauf, der locker fünf Euro in das Phrasenschwein kostet: „Der Pokal schreibt seine eigenen Geschichten.“ Das erste Kapitel dieser im DFB-Pokal der A-Junioren zu schreibenden BSV-Geschichte stellt sich der Coach so vor: „Wenn wir nach 30 Minuten nicht zurückliegen, rattert es bei denen.“ Sollte das gelingen, hätte der BSV insgesamt einen großen Schritt nach vorne gemacht und speziell in dieser besonderen Begegnung auch.
Das Pokalspiel eröffnet übrigens eine englische Woche, denn am Mittwoch, 20. August, 18.30 Uhr, beim HSV und am Sonnabend, 23. August, 13 Uhr, zu Hause gegen Eintracht Braunschweig ist der Blumenthaler SV wieder in der Bundesliga im Einsatz.