Nachdem er regelmässig über Grossbritannien gelästert hat, verbringt der amerikanische Vizepräsident seine Familienferien nun ausgerechnet dort. Während der britische Aussenminister alles unternimmt, um den hohen Gast bei Laune zu halten, regt sich bei einigen Bürgern Unzufriedenheit.
Der amerikanische Vizepräsident J. D. Vance (links) mit dem britischen Aussenminister David Lammy am 8. August beim Fischen.
Suzanne Plunkett / Avalon / Imago
Beschauliche Familienferien sehen anders aus. Zwar weilt der amerikanische Vizepräsident J. D. Vance gegenwärtig mit seiner Frau und den drei Kindern in Grossbritannien, aber er steht noch mehr in den Schlagzeilen als während seiner Arbeitszeit. Die erste Station der Ferien der Vances war Chevening House, der Landsitz, der dem britischen Aussenminister für repräsentative Anlässe zur Verfügung steht. Demonstrativ zelebrierten der Republikaner Vance und der Labour-Minister David Lammy ihre Freundschaft.
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Illegales Fischen mit Aussenminister David Lammy
Fotos zeigten die beiden lachend beim Fischen. Vance konnte es sich nicht verkneifen, später gegenüber Reportern zu spötteln, Lammy habe – im Gegensatz zu seinen eigenen Kindern – nichts gefangen. Das sei das Einzige, was die «special relationship» zwischen den beiden Ländern etwas trübe. Lammy zahlte es ihm später heim, indem er bemerkte, Vance habe dafür «nur» einen Yale-Abschluss, der nicht ganz so viel zähle wie sein eigenes Harvard-Diplom. Man kann annehmen, dass sich die beiden beim gemeinsamen Gebet in der Privatkapelle wieder auf Höheres besannen.
Leider stellte sich später heraus, dass Lammy über keine Lizenz zum Fischen verfügte, die auch in diesem Fall Pflicht gewesen wäre. Immerhin zeigte sich der Aussenminister als vorbildlicher Bürger dann selbst bei der Umweltbehörde an und erlangte im Nachhinein das offizielle Patent. Die Medien rätseln derweil, ob man fürs Nichts-Fangen auch eine Erlaubnis brauche.
Am vergangenen Samstag dann besuchte Vance mit seiner Familie den Hampton Court Palace, die Residenz des berühmt-berüchtigten Königs Heinrich VIII. mit seinen sechs Frauen. Da der Schreibende denselben Plan hatte, stand er, wie viele andere Besucher, um 11 Uhr vor geschlossenen Toren. Der Innenhof des Palasts war gefüllt mit etwa zwanzig schwarzen SUV, nervösen Männern in ebenso schwarzen Anzügen, Polizisten und schwerbewaffneten Sicherheitsleuten. Das Personal der Sehenswürdigkeit aus dem 16. Jahrhundert informierte die Wartenden, wegen eines «Privatbesuchs» öffne der Palast seine Pforten ausnahmsweise eine Stunde später. Als Vance und seine Frau dann kurz sichtbar wurden, riefen einige «Auch wir wollen den Palast besichtigen!» und gröbere Beschimpfungen.
Ferien im Feindesland
Die nächste Station der Vance-Reise war Charlbury. Es liegt in den Cotswolds, einer malerischen Gegend westlich von Oxford. Ironischerweise ist sie ein Rückzugsort für genau jene britische und amerikanische «liberale Elite», gegen die Vance so gerne wettert. Auch dort empfingen rund hundert Protestierende seinen Konvoi. Sie schwenkten Transparente mit Slogans wie «Go Home» oder «Kriegsverbrecher». Einige der Plakate soll der Secret Service von Vance entfernt haben.
Vance hat sich im Frühling bei vielen Briten unbeliebt gemacht, als er behauptete, es gebe keine Redefreiheit mehr im Land, London sei wegen der vielen Immigranten schon gar nicht mehr englisch, in Schottland wolle man den Christen das Gebet verbieten und Grossbritannien sei das erste islamistische Land mit einer Atombombe.
Dass nun ausgerechnet für einen solchen Stänkerer die Strassen in Cotswold gesperrt wurden und sich die betuchten Einwohner ausweisen mussten, um zu ihrem Haus zu gelangen, missbilligten viele Ansässige. Ein Bauer wurde offenbar mit seinem Heuwagen angehalten, als es gerade zu regnen begann. Weil er dermassen lange von Vances Sicherheitsleuten kontrolliert wurde, haben seine Kühe nun möglicherweise im Winter nichts zu fressen.
Vance und sein Konvoi als Geisterfahrer
Die grösste Empörung provozierte allerdings ein Video auf Instagram, das zeigt, wie Vances Konvoi auf der rechten, also der falschen Fahrspur in Grossbritannien, durch die Cotswolds braust. Respekt gegenüber dem Gastland sieht anders aus, lautet der Tenor in den sozialen Netzwerken.
Dass Vance – nebst zahlreichen anderen Prominenten – während seiner Ferien zwar Nigel Farage empfing, den Gründer und Parteiführer der rechten Partei Reform UK, aber nicht Kemi Badenoch, die Chefin der Tories, sorgte bei den britischen Konservativen für Stirnrunzeln, auch wenn Vance zeitliche Gründe geltend machte. Neben diversen anderen Terminen besuchte der Vizepräsident am Mittwoch auf einem Militärstützpunkt amerikanische Truppen; anschliessend flog er mit der Air Force Two nach Prestwick an der schottischen Westküste weiter, wo er den letzten Teil seiner Ferien im Carnell-Anwesen mit einem Turm aus dem 14. Jahrhundert und einem ausgedehnten Park verbringt. Vielleicht würden seine Kinder gerne einmal eine Hüpfburg besuchen, aber daraus wird wohl nichts.