Leipzig/Dresden. Bei der Mitteldeutschen Flughafen AG kommt es zu drastischen personellen Einschnitten. Nach Informationen dieser Zeitung fallen an den Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden schon in diesem Jahr 172 Stellen weg. Bei einer Gesamtbelegschaft von 1200 bis 1300 Beschäftigten entspricht dies etwa jedem achten Arbeitsplatz. Die entsprechenden Sparpläne stehen nun fest. Besonders einschneidend sind die Maßnahmen, da jetzt betriebsbedingte Kündigungen möglich sind.
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Am Donnerstag hat der Vorstand die Mitarbeiter bei Veranstaltungen sowohl in Schkeuditz am Airport Leipzig als auch in Dresden auf den harten Sparkurs eingeschworen. Hintergrund ist die Sanierung des Flughafenkonzerns, dessen größter Anteilseigner der Freistaat Sachsen ist, gefolgt vom Land Sachsen-Anhalt. Dabei drängt die Zeit: Bis 2026 muss die MFAG, wie das Unternehmen abgekürzt wird, ein positives Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erzielen – und das erstmals in der Unternehmensgeschichte.
Sparkurs an Flughäfen: „Geht nicht, gibt’s nicht“
Das EBIT gibt Aufschluss darüber, ob ein Unternehmen aus seinem Kerngeschäft heraus profitabel arbeitet – ohne dass Finanzierungskosten oder Steuern das Ergebnis verzerren. 2024 lag das operative Ergebnis der MFAG bei minus 28 Millionen Euro. Bis 2026 will die Flughafenholding das Ergebnis um rund 30 Millionen Euro aus eigener Kraft verbessern.
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Das Unternehmen habe den Gesellschaftern diese „schwarze Null“ als Ziel versprochen, so Managementkreise. Einen Plan B gebe es nicht: „Geht nicht, gibt’s nicht“, lautet die Ansage.
Muss drastisch sparen: Götz Ahmelmann, Vorstandsvorsitzender (CEO) der Mitteldeutschen Flughafen AG, die die Airports in Leipzig/Halle und Dresden betreibt.
Quelle: Jan Woitas/dpa
Bisherige Bemühungen reichen nicht
Dass die MFAG Stellen abbauen wird, war bereits bekannt. Im Interview mit dieser Zeitung hatte der Vorstandsvorsitzende Götz Ahmelmann noch im März gesagt: „Wir versuchen, Kündigungen zu vermeiden, schließen aber nichts aus.“ Jetzt stehen Kündigungen konkret im Raum.
Der verschärfte Sparkurs ist laut Führungskreisen notwendig geworden, weil die bisherigen Bemühungen nicht ausreichten. „Nach eineinhalb Jahren Personalabbaumaßnahmen steht fest: Es reicht nicht. Wir müssen mehr tun“, bestätigen Unternehmenskreise.
Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden mit hohen Verlusten
Zur Einordnung: Die MFAG befindet sich in der Sanierung. Das Unternehmen steht erheblich unter Druck und verfolgt einen drastischen Sparkurs. Die Flughäfen in Leipzig und Dresden weisen seit Jahren hohe Verluste aus. Das Unternehmen kämpft mit einem kostspieligen Investitionsstau, einer überdimensionierten Infrastruktur und den hohen Kosten in der Luftfahrtbranche. Zudem ist der Corona-Schock noch immer nicht verdaut. Zuletzt hatte mit Wizz Air nach Ryanair die nächste Billigairline den Rückzug aus Sachsen verkündet.
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Auf Anfrage erklärte Maret Montavon, Leiterin Kommunikation und politische Beziehungen der MFAG: „Wir haben in der MFAG mit dem ‚Zukunftsprogramm 23‘ seit 2022 viele Hebel genutzt, um das Unternehmen zu stabilisieren und mit dem nachfolgenden Programm ‚Zukunft 30′ seit 2024 dieses noch mal um ein Vielfaches intensiviert.“
Unternehmen setzt bei Sparkurs auf drei Säulen
Das geschehe auf drei Wegen: erstens durch eine Steigerung des Umsatzes, etwa durch die DHL-Vertragsverlängerung. Zweitens seien Sachkosten reduziert worden. Hinzu kommt der Stellenabbau über natürliche Fluktuation, Altersabgänge und den Verzicht auf Nachbesetzungen. „Dennoch reicht das nicht aus“, betonte Montavon. Trotz des Restrukturierungsprogramms und gesicherter Finanzierung bis 2026 sei „ein struktureller Stellenabbau notwendig, um die Ertragslage nachhaltig zu verbessern und ab 2026 erstmals ein positives Ergebnis zu erzielen.“
Wie geht es nun weiter? Das Unternehmen setzt zunächst auf Freiwilligkeit: Beschäftigte haben noch bis 31. August die Möglichkeit, sich für das Freiwilligenprogramm zu melden. Der Vorstand hofft, den Abbau so weitgehend einvernehmlich und freiwillig zu schaffen. Managementkreisen zufolge haben sich bereits um die 50 Personen freiwillig gemeldet – es bleiben also rund 120 Stellen, die noch abgebaut werden müssen. Betroffen seien alle Bereiche – darunter die Verwaltung, aber auch operative Stellen, etwa in der Flugzeugabfertigung.
Betriebsbedingte Kündigungen, wenn sich nicht genug Freiwillige melden
Sollte der Abbau nicht auf freiwilliger Basis gelingen, wird es Entlassungen geben, wie informierte Kreise bestätigen. Die betriebsbedingten Kündigungen müssten im Laufe des Septembers ausgesprochen werden. Wirksam würden die Kündigungen zum 1. Oktober.
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Das Vorgehen sei in der Betriebsvereinbarung zum Sozialplan mit Interessensausgleich geregelt, heißt es aus dem Unternehmen.
Unser Ziel ist es, das Ergebnis bis 2026 um rund 30 Millionen Euro aus eigener Kraft zu verbessern.
Maret Montavon
Leiterin Kommunikation & Politische Beziehungen
Diesen Sozialplan und Interessensausgleich hatte das Unternehmen seit April 2025 mit dem Betriebsrat verhandelt. Wie diese Zeitung erfuhr, konnten sich die Beteiligten jedoch nicht einigen. Daher entschied Ende Juli die Einigungsstelle mit einem verbindlichen Spruch. Dies ist in solchen Verfahren der übliche Weg, wenn keine Einigung zustande kommt. Ein Sozialplan ist eine bindende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Beschäftigte festlegt, die durch eine Betriebsänderung Einkommens- oder Jobverluste erleiden.
Kündigungen sind ab September rechtlich möglich
Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Gesellschaften der MFAG an den Standorten Leipzig/Halle und Dresden und regelt verbindlich Sozialauswahl, Abfindungen und das vorgeschaltete Freiwilligenprogramm, so Managementkreise.
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Der richterliche Spruch ist für beide Seiten bindend. Rechtlich sind damit ab dem 1. September 2025 betriebsbedingte Kündigungen möglich. Die Auswahl erfolgt dabei nach den Sozialkriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung – jeweils innerhalb derselben Organisationseinheit, Entgeltgruppe, Stellenbezeichnung, Tätigkeitsfeld und am vertraglich vereinbarten Arbeitsort. Die Mitteldeutsche Flughafen AG hatte zuletzt noch rund 1200 bis 1300 Stellen.
Wie die Führungsriege der MFAG versichert, verfolgt das Unternehmen parallel zu den Personalmaßnahmen eine „klare Zukunftsstrategie“. Das Unternehmen will das Frachtgeschäft weiter stärken – insbesondere im Online-Handel, neben DHL. Zudem setzt die MFAG darauf, den Passagierverkehr ausbauen zu können, sobald sich die Rahmenbedingungen verbessern. Gleichzeitig plant das Unternehmen, an beiden Standorten neue Flächen für Unternehmensansiedlungen zu entwickeln.
LVZ