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Ein Teleskop entdeckte den Hinweis, dann verschwand der Exoplanet um Alpha Centauri A plötzlich. Doch die Detektivarbeit ist noch nicht zu Ende.
Frankfurt – Ein Forschungsteam hat mit dem „James Webb“-Weltraumteleskop starke Hinweise auf einen Gasriesen gefunden, der einen Stern ganz in der Nähe umkreist. Die Entdeckung im nur vier Lichtjahre entfernten Alpha-Centauri-System könnte – falls bestätigt – der erdnächste Planet sein, der in der bewohnbaren Zone eines sonnenähnlichen Sterns kreist.
Die Geschichte dieser Entdeckung liest sich wie ein kosmischer Krimi. Bei ersten Beobachtungen im August 2024 konnte das „Webb“-Teleskop mit seinem Mittelinfrarot-Instrument (MIRI) ein Objekt nahe Alpha Centauri A identifizieren. Dieses Objekt war mehr als 10.000-mal lichtschwächer als der Stern selbst und befand sich in einem Abstand, der etwa dem Doppelten der Entfernung zwischen Sonne und Erde entspricht. Doch als das Forschungsteam im Februar und April 2025 erneut Beobachtungen durchführte, war das Objekt verschwunden. Nun begann die eigentliche wissenschaftliche Detektivarbeit.
Der Fall des verschwindenden Planeten um Alpha Centauri A
„Wir stehen vor dem Fall eines verschwindenden Planeten!“, erklärt Aniket Sanghi vom California Institute of Technology, einer der Hauptautoren der Studie, in einer Esa-Mitteilung. „Um dieses Rätsel zu untersuchen, haben wir Computermodelle verwendet, um Millionen möglicher Umlaufbahnen zu simulieren.“ Die Forschenden berücksichtigten in ihren Simulationen sowohl die neue „Webb“-Beobachtung als auch eine frühere potenzielle Sichtung durch das „Very Large Telescope“ der Europäischen Südsternwarte (ESO) aus dem Jahr 2019.
Die künstlerische Darstellung zeigt, wie der Exoplanet um Alpha Centauri A aussehen könnte. Zu sehen sind der mögliche Exoplanet sowie die Sterne Alpha Centauri A (links oben) und Alpha Centauri B (rechts oben). © NASA, ESA, CSA, STScI, R. Hurt (Caltech/IPAC)
Dass der Planet bei der zweiten und dritten Beobachtungsrunde mit dem „Webb“-Teleskop nicht entdeckt werden konnte, ist für Co-Autor Kevin Wagner und seinen Kollegen Sanghi keine Überraschung: „Wir fanden heraus, dass bei der Hälfte der simulierten möglichen Umlaufbahnen der Planet zu nahe an den Stern herangerückt wäre und für ‚Webb‘ im Februar und April 2025 nicht sichtbar gewesen wäre“, erklärt Sanghi.
Suche nach Exoplaneten im Alpha-Centauri-System ist eine Herausforderung
Die Beobachtungen mit dem „Webb“-Teleskop stellten eine besondere technische Herausforderung dar. „Dies sind einige der anspruchsvollsten Beobachtungen, die wir bisher mit MIRIs Koronografen durchgeführt haben“, sagt Pierre-Olivier Lagage vom französischen CEA, Mitautor der Studien und französischer Leiter der MIRI-Entwicklung.
Alpha Centauri
Das Alpha-Centauri-System ist ein Doppelsternsystem, das etwa 4,34 Lichtjahre von der Sonne entfernt ist. Es besteht aus den sonnenähnlichen Sternen Alpha Centauri A und B. Umkreist wird das Doppelsternsystem vom roten Zwergstern Proxima Centauri, der mit etwa 4,24 Lichtjahren Abstand zur Sonne als erdnächster Stern nach der Sonne gilt. Die drei Sterne bilden zusammen ein hierarchisches Dreifachsternsystem.
Proxima Centauri wird von drei bestätigten Exoplaneten umkreist – der Nachweis von Exoplaneten in den Umlaufbahnen von Alpha Centauri A und Alpha Centauri B gilt bisher als große Herausforderung.
Umkreist ein Gasriese den nahen Exoplaneten Alpha Centauri A?
Basierend auf der Helligkeit des Planeten in den Infrarotbeobachtungen und den Bahnsimulationen vermuten die Forschenden, dass es sich um einen Gasriesen mit etwa der Masse des Saturn handeln könnte. Er umkreist Alpha Centauri A vermutlich auf einer elliptischen Bahn, deren Abstand zwischen dem Ein- bis Zweifachen der Entfernung zwischen Sonne und Erde variiert.
„Wir haben es hier möglicherweise mit einem Planeten in der bewohnbaren Zone des uns am nächsten gelegenen Sterns zu tun“, freut sich Wagner. „Und auch wenn es sich höchstwahrscheinlich um einen Gasriesen handelt, sprechen wir dennoch von einem Planeten, der von Monden umkreist werden könnte, auf denen Leben existieren könnte – und das direkt nebenan. Die Tatsache, dass wir nun zwei mögliche Nachweise für diesen Planeten haben, ist unglaublich spannend.“
„Seine bloße Existenz würde unser Verständnis herausfordern, wie Planeten entstehen“
Besonders bemerkenswert ist, dass dieser Planet in einem System mit zwei eng beieinander liegenden Sternen existieren würde. „Seine bloße Existenz würde unser Verständnis davon herausfordern, wie Planeten in chaotischen Umgebungen entstehen, überleben und sich entwickeln“, erklärt Sanghi. Charles Beichman vom Nasa Jet Propulsion Laboratory betont die Bedeutung des Alpha-Centauri-Systems: „Da dieses System so nahe bei uns liegt, würden alle gefundenen Exoplaneten unsere beste Möglichkeit bieten, Daten über andere Planetensysteme als unser eigenes zu sammeln.“
Die Ergebnisse wurden in zwei Artikeln im Fachjournal The Astrophysical Journal Letters zur Veröffentlichung angenommen und sind bereits auf dem Preprint-Server Arxiv abrufbar. Das Forschungsteam ist jedoch noch lange nicht fertig: „Die Beobachtungen und Bahnsimulationen liefern uns eine Vorhersage darüber, wo sich der Planet in Zukunft befinden wird“, erklärt Wagner, „und der beste Zeitpunkt für uns, um zurückzukehren und ihn zu beobachten, wird im Herbst nächsten Jahres sein. Wir freuen uns auf diese Gelegenheit, um seine Identität zweifelsfrei zu bestätigen.“ (tab)