Berlin. Sie sitzen nicht mit am Tisch und können nun nur noch hoffen. Die europäischen Verbündeten und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben dem Mann im Weißen Haus Warnungen, Hinweise und Bitten mit auf den Weg nach Alaska gegeben. Aber es ist nicht sicher, ob Donald Trump sie alle richtig und wichtig findet – oder ob er sich mehr vom russischen Kriegsführer Wladimir Putin beeindrucken lässt.

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In der Nacht zum Samstag wird die Welt es erfahren. Kreml-Angaben vom Donnerstagvormittag zufolge kommen der US-Präsident und der russische Staatschef um 11.30 Uhr lokaler Zeit am Freitag auf einem Militärstützpunkt in Anchorage in Alaska (21.30 Uhr MESZ) zusammen. Danach sei eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.

Gemeinsame Pressekonferenz von Trump und Putin?

Allerdings hatte Trump in dem Telefonat am Mittwoch mit Bundeskanzler Friedrich Merz und mehrere europäischen Amtskollegen sowie Selenskyj noch versichert, er werde nach dem Gespräch zuerst den ukrainischen Präsidenten und danach die Europäer informieren.

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Trump holt Putin mit dem Treffen zurück auf die Weltbühne. Seit Beginn seines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 isolierten ihn die westlichen Staaten. Nun will Trump mit Putin über eine Waffenruhe in der Ukraine sprechen. Zusagen kann er ihm ohne Selenskyj nicht machen, aber er kann ihn im Nachhinein zu Zusagen zwingen. Denn ohne die militärische und geheimdienstliche Hilfe der USA, kann sich das überfallene Land nicht lange erfolgreich gegen Moskau wehren. Druck auf Putin wiederum kann Trump mit weiteren Sanktionen gegen Russland machen.

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Trump holt Putin zurück auf die Weltbühne

Als Ausgangslage haben die Europäer fünf zentrale Punkte genannt: An Folgetreffen müsse die Ukraine beteiligt werden und ein Waffenstillstand am Anfang stehen, Verhandlungen müssten Sicherheitsgarantien für Kiew umfassen und Teil einer gemeinsamen transatlantischen Strategie sein.

Zu den dramatischsten Themen zählt der fünfte Punkt: „territoriale Fragen“. Merz spricht dabei nur von der ukrainisch-russischen „Kontaktlinie“. Er betonte: „Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte.“ Allerdings hatte Trump schon von „Gebietstausch“ gesprochen. Die Europäer haben ihm aber verdeutlicht, was Abtretungen von russisch besetzten Gebieten bedeuten würde: Freie Fahrt für Putin wie auf einer Autobahn nach Kiew.

Diese Bildkombo zeigt US-Präsident Donald Trump (l) und den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Diese Bildkombo zeigt US-Präsident Donald Trump (l) und den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

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Nach dem Gespräch hatten die europäische und die ukrainische Seite dem Vernehmen nach das Gefühl, Trump habe aufmerksam zugehört. Die ukrainische Delegation applaudierte sogar. Merz und Großbritanniens Premier Keir Starmer äußerten Hoffnungen auf Waffenruhe und Frieden.

Die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann warnte eindringlich vor einer Politik der Zugeständnisse an den Aggressor Putin. Es dürfe keine Appeasement-Politik (Beschwichtigungspolitik) geben, wie sie einst der britische Premier Arthur Neville Chamberlain gegenüber Nazi-Deutschland betrieben habe: „Was Europa braucht, ist kein weiterer Neville Chamberlain. Was Europa braucht, ist ein Winston Churchill.“

AlaskaAlaska und die „letzte Grenze“: Nirgends sind sich Russland und die USA so nah

Die Welt schaut am Freitag auf den 49. Bundesstaat, wo sich Trump und Putin zu Gesprächen zur Zukunft der Ukraine treffen. Alaska ist selbst ein Beispiel für Grenzverschiebungen – aber auch für amerikanisch-russische Kooperation. Was sagen die Menschen vor Ort?

Chamberlain war wesentlich am Münchner Abkommen 1938 beteiligt, das Deutschland das Recht gab, das Sudetenland zu annektieren. Er sah den Frieden in Europa damit gesichert. 1939 überfiel Deutschland Polen und löste den Zweiten Weltkrieg aus. Sein Nachfolger Churchill steht für den entschlossenen Kampf gegen Adolf Hitler.

Signal an die Schurken dieser Welt

Strack-Zimmermann bezeichnete das Treffen von Putin und Trump als „einzige große Show“. „Putin kann zu seiner Freude auf Augenhöhe mit Trump sprechen.“ Er werde sich von seinem Ziel nicht abbringen lassen, die Ukraine komplett einzunehmen. Die FDP-Politikerin warnte eindringlich davor, den Konflikt „einzufrieren“: „Das ist ein fataler historischer und geopolitischer Fehler. Ein eingefrorener Konflikt ist ein Nicht-Frieden.“ Es entstünden de facto russische Gebiete, auch wenn sie de jure völkerrechtlich nicht anerkannt werden würden. Für „jeden Schurken in dieser Welt“ wäre das das Signal: „Er muss nur lange genug Krieg führen, um das zu bekommen, was er will.“

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Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, sagte dem RND, die von Merz initiierten Gespräche mit Trump am Mittwoch seien als Erfolg zu werten. Das sei keine Garantie für einen guten Ausgang am Freitag, mache ihn aber möglich. Trump sei der Rücken gestärkt worden gegen Putins absehbare Lügen und Finten. Er unterschätze Trump immer wieder. „Wenn Trump den Eindruck hat, dass Putin es nicht ernst meint, dann wird schnell über Sekundärsanktionen gesprochen statt über Gebietsabtretungen.“

Es sei völlig klar: „Keine Gebietsverhandlungen gegen und ohne die Ukraine, keine Verhandlungen über europäische Sicherheit ohne Europäer. Umfassende Friedensverhandlungen dürfen kein Deckmantel für russische Aggression sein, das Sterben muss aufhören.“

Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags, Anton Hofreiter (Grüne), sagte dem RND, Merz sollte unabhängig von dem Treffen in Alaska die humanitäre, finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine erhöhen. „Es ist auch im deutschen Sicherheitsinteresse, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland nicht verliert.“ Ferner forderte er: „Die Nato sollte der Ukraine einen klaren, verbindlichen Beitrittspfad eröffnen.“ Putin verlangt nicht nur, dass die Ukraine niemals in das transatlantische Militärbündnis aufgenommen wird, sondern auch eine Verkleinerung der ukrainischen Armee. Die USA halten Diplomaten zufolge eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine nicht für eine Option.