Berlin. Im Tierheim Berlin sind in diesem Sommer mehr Tiere dazugekommen als sonst. Viele wurden einfach ausgesetzt. Acht Tiere und ihre Geschichte.
Immer häufiger setzen in Berlin Menschen ihre Haustiere aus. Das Tierheim Berlin meldet diesen Sommer einen Anstieg, allein in diesen Sommerferien sind schon 147 Tiere dazugekommen. Die Besitzer setzen kleinere Tiere wie etwa Katzen in Pappboxen oder Plastikschachteln aus, an Bushaltestellen, auf Supermarktparkplätzen oder direkt vor dem Tierheim. Hunde werden oft einfach irgendwo angebunden und zurückgelassen. Werden sie gefunden, kommen die Tiere zunächst in die Tierannahmestelle, dann ins Tierheim.
Für die Besitzer kann das teuer werden. Ein Tier auszusetzen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld geahndet werden.
Für das Tierheim wiederum bedeutet der Anstieg an Aussetzungen eine personelle und finanzielle Mehrbelastung. Viele Tiere müssen etwa erst medizinisch versorgt werden, bevor das Tierheim sie weitervermitteln kann. Wir berichten über acht Schicksale.
Von seiner Besitzerin verschmäht: Meilow
Der Spitzmischling Meilow wurde in Betreuung gegeben als seine Besitzerin verreiste. Als er dort nach einer Person schnappte, weigerte sich die Besitzerin ihn wieder zurückzunehmen. „Sie hat gesagt, die Betreuer sollen ins Tierheim fahren und ihn als Fund-Hund abgeben,“ berichtet die Tierheimleiterin Mareen Esmeier.
Meilow ist noch jung. Sein Alter wird auf zwei Jahre geschätzt.
© FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini
Meilow ist ein junger, quirliger Hund. Die Pfleger schätzen sein Alter auf zwei Jahre. Am Anfang war er ängstlich und unsicher, sagen sie, doch heute ist davon nichts zu spüren: Er saust ausgelassen über den Rasen und springt am Zaun des Geheges hoch. Geschnappt hat er bisher höchstens spielerisch.
Mit 14 Jahren ausgesetzt: Harry
Harry ist ein Terrier-Mischling und mit 14 Jahren für Hunde schon ein Opa. Er wurde mit etwas Trockenfutter an einem Baum ausgesetzt. “Das ist ein besonders trauriges Schicksal“, sagt Mareen Esmeier, „weil er muss ja vorher 14 Jahre irgendwo gelebt haben.“ Jetzt sucht Harry ein besseres Zuhause.
Harry ist gut erzogen, aber nicht mehr der Jüngste.
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Trotz seines hohen Alters stehen die Chancen nicht schlecht. Im Schnitt bleiben gut erzogene Hunde nicht lange im Tierheim. Ein Hund für ein junges, sportliches Pärchen mit Kindern dürfte Harry allerdings eher nicht sein. Der Aktivste ist er eben nicht mehr.
Zusammen im Karton gefunden: Bärbel und Gerlinde
Die beiden Katzen Bärbel und Gerlinde wurden zusammen gefunden. In einem Karton mit der Aufschrift „Bitte mitnehmen“ wurden sie in der Wendenschloßstraße in Treptow-Köpenick ausgesetzt. Die rot-getigerte Gerlinde ist 13 Jahre alt, Bärbel 15. Trotz der Fundumstände gibt es einen Lichtblick: Nette Wohnungskatzen wie die zwei britischen Kurzhaar-Mischlinge seien leicht zu vermitteln, betont Mareen Esmeier. Im Schnitt bleiben sie nach Impfung und Kastration nur etwa ein bis drei Wochen im Tierheim.
Gerlinde ist 13 Jahre alt. „Bitte mitnehmen“ stand auf dem Karton, mit dem sie ausgesetzt wurde.
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Wohnungskatzen wie Bärbel bleiben oft nicht lange im Tierheim.
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An der Bushaltestelle stehen gelassen: Frettchen Sansa
Frettchen-Dame Sansa liegt eingepackt in einem türkisenen Handtuch in ihrem Käfig und wirkt, als wäre sie nur für unseren Besuch kurz aufgewacht. Sie wurde in einer Transportbox mit Futter an einer Bushaltestelle stehen gelassen und ist erst kürzlich im Tierheim angekommen. Potentielle zukünftige Besitzer dürften sie wohl meist weniger verschlafen erleben: „Frettchen sind ein Bisschen wie Katzen,“ erklärt Esmeier, „die schlafen 20 Stunden und geben dann vier Stunden richtig Gas.“
Das Frettchen Sansa wurde in einer Transportbox an einer Bushaltestelle stehen gelassen.
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Die schüchterne Schildkröte: Walther
Walther ist eine sogenannte Vierzehenschildkröten. Er ist zusammen mit seinen Artgenossen Lothar und Lola in einem Karton ausgesetzt worden und kam schon am 30. Juli ins Tierheim. Heute ist er eher schüchtern, aber das liegt wohl an der reizarmen Umgebung: Nach Virentests und Abstrichen sitzt er aus Sicherheitsgründen noch in Quarantäne. Gerade Männchen sind oft dominant, anderen Männchen gegenüber auch mal aggressiv. Menschen müssen sich aber keine Sorgen machen, „da wissen die Tiere die Größenverhältnisse dann doch recht gut einzuschätzen,“ sagt Esmeier.
Walther wurde zusammen mit zwei Artgenossen ausgesetzt.
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Zwei Kaninchen aus Lichtenberg: Zenkel und Rammler
Die Kaninchen Zenkel und Rammler wurden zusammen in Alt-Hohenschönhausen gefunden. Beide dürften etwa fünf Jahre alt sein. Warum ihre Besitzer sie ausgesetzt haben, ist nicht bekannt. Ein möglicher Grund könnten die oft unterschätzten Kosten für die Haltung sein. Im Sommer können Besitzer selbst Futter pflücken, aber im Winter kostet Grünes schon einmal 30 bis 40 Euro pro Woche, dazu kommen mitunter hohe Tierarztkosten, denn Kaninchen haben oft Zahnprobleme. „Wenn das Kaninchen dann 200 Euro an Kosten verursacht, setzt man’s halt leider aus,“ sagt Mareen Esmeier.
Die Kaninchen Rammler (hinten) und Zenkel sind laut Schätzung etwa fünf Jahre alt.
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Dann ist da noch der weitgehend fehlende Kuschelfaktor: Kaninchen sind zwar flauschig, anders als Hunde sehen sie den Menschen aber nicht als Sozialpartner. Dass ein Kaninchen abends auf der Couch zu seinem Besitzer auf den Schoß hüpft und sich streicheln lässt, ist deswegen eher die Ausnahme.