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Frankfurt am Main, 13.08.2025, Stadtteil Griesheim, Treffen mit Hans- Dieter Bürger , Ex-SPD Stadtverordneter und Stadtältester, in seiner Wohnung im Schwarzerlenweg 78. Er wird  in dieser Woche 85 Jahre alt.(c) FOTO: Rainer Rüffer (Rueffer)Sein Arbeitszimmer daheim in seiner Wohnung im Schwarzerlenweg in Griesheim ist voller Erinnerungsstücke –und voller Aktenordner. Hans-Dieter Bürger wollte nämlich immer gern verstehen, worüber er abzustimmen hatte. © Rainer Rüffer/Rainer Rüffer

Vier Jahrzehnte Kommunalpolitik: Das SPD-Urgestein wird heute 85 Jahre alt

„Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger.“ Das soll Perikles gesagt haben, einer der führenden Staatsmänner des antiken Athen. Hans-Dieter Bürger hat es sich zur Maxime gemacht, und das keineswegs wegen des netten Wortspiels mit seinem Nachnamen: Das aktive Engagement und die Beteiligung am Gemeinwesen war dem am 15. August 1940 in der Allerheiligenstraße geborenen Lokalpolitiker immer dringlichstes Anliegen.

Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass er in der Paulskirche getauft wurde, der Wiege der deutschen Demokratie. Die Nazis, die damals alle Elemente des als schwach verspotteten Parlamentarismus im Land ausradieren wollten, hatten die Kirche, die 1848 Sitz des ersten deutschen Parlaments und deshalb schon zu Zeiten der Weimarer Republik so etwas ein demokratischer Wallfahrtsort war, an die evangelische St.-Pauls-Gemeinde zurückgegeben; dort wurden zu der Zeit Gottesdienste gehalten und Kinder getauft – wie eben dieser Bub aus der Allerheiligenstraße, dessen Familie so gar nicht politisch war.

Programm und Persönlichkeit

Programm und Persönlichkeit, so sagt Hans-Dieter Bürger mit strahlenden Augen, hätten ihn zur SPD gebracht. Die Rede ist vom Godesberger Programm und von Willy Brandt. Als er, der gelernte Groß- und Einzelhandelskaufmann, verheiratet, junger Vater, sich nach fünf Jahren bei der Bundeswehr – natürlich Sprecher des Unteroffiziers-Korps – auch ohne Uniform engagieren wollte für die Gemeinschaft, habe er sich im Spektrum der demokratischen Parteien umgeschaut und die SPD gewählt. Dazu habe er immer gestanden, „auch in kritischen Momenten“, die er geradezu „körperlich gespürt“ habe. 60 Jahre ist er nun Mitglied; die Urkunde gab es unlängst.

Gekickt im San-Siro-Stadion

Die Stadt gibt am Montag einen Empfang für ihn; das wollte er erst nicht, hat dann aber doch zugesagt, weil er so um Geldspenden für zwei Stiftungen bitten kann, die ihm am Herz liegen, die Heinrich-Kraft- und die Walter-Kolb-Stiftung – statt Geschenken. Denn er hat alles. Überall zu Hause stapeln sich Bücher; er ist eine Leseratte. Neben dem Sofa steht der Samowar, der kein Deko-Stück ist, sondern genutzt wird; und es riecht nach Pfeifenrauch. Eine Eisenbahnerwohnung war das im 2. Stock des Wohnblocks im Schwarzerlenweg in Griesheim einmal, dann gehörte sie der Deutschen Annington; in den 90ern konnte er sie kaufen. Nach dem Tod seiner zweiten Frau lebt er dort allein. Einsam ist er nicht: Gerade hat er den letzten Baustein für sein 37. Sportabzeichen zusammen, „diesmal nur ein Silbernes. Noch.“ Dafür fährt er immer an die Waldau nach Goldstein. Der 3000-Meter-Lauf war‘s. „Ich laufe jeden zweiten Tag 3000 Meter“, sagt er. „Sport hält mich körperlich und geistig fit.“

Kegeln gehört noch zu seinen Leidenschaften und Radfahren; das Fußballspiel hat er aufgegeben. Es hat ihm tolle Erinnerungen beschert; so hat er mit der Stadtverordnetenmannschaft bei Besuchen in Frankfurts Partnerstädten wie Mailand oder Birmingham im San Siro auflaufen dürfen und bei Aston Villa. „Auf dem Betzenberg hab‘ ich mal ein Eigentor gemacht“, grinst er.

Über Eigentore reden Politiker in der Regel nicht so gerne, dafür über Erfolge. Hans-Dieter Bürger erinnert sich aber hauptsächlich an die Menschen, die er treffen durfte. Helmut Schmidt zum Beispiel. Der Hanseat schnackte eine halbe Stunde mit Bürger, der ihn im Namen der Stadt vor einem Vortrag fürs Magazin „Capital“ in der Alten Oper begrüßte. Und weil der Alt-Kanzler das Pfeifentäschchen sah, fragte er: Hast du auch Schnupftabak? Klar. Zwei Prisen, ein Gedanke.

Listenplatz 40 mit Einzugs-Garantie

Raufgearbeitet hat sich Hans-Dieter Bürger vom Unterkassierer, der noch bei den SPD-Mitgliedern regelrecht hausieren ging, damals im Kuhwald, über den SPD-Ortsvereinsvorsitzenden und den Stadtverordneten bis zum stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher im Römer. 1972 setzte in die SPD auf Listenplatz 40 – heute illusorisch, damals nicht, denn die Sozialdemokraten holten stolze 48 Mandate.

Neunmal ist er wiedergewählt worden, war von Oktober 1972 bis Mai 2001 Stadtverordneter und dann von 2001 bis 2011 ehrenamtlicher Stadtrat, also Mitglied des Magistrats. „Ich bin nie abgewählt worden, ich habe meine Ämter immer von selbst abgegeben.“ Darauf ist er stolz.

In 17 Vereinen ist er Ehrenmitglied, und nicht nur beim Fußball: Karneval, Kleingärtner – alles ist dabei. „Vereine sind das Gerüst unserer Gemeinschaft“, sagt er, und das ist keine Floskel. In einen Kleingärtnerverein hat er mal den damals gerade ins Amt gekommenen Tom Koenigs geschleppt, um dem Grünen klarzumachen, dass diese Anlagen geschützt werden müssen. Er hat‘s geschafft. Die politische Arbeit auf Stadtteilebene war ihm wichtig; vieles habe man ohne Anträge regeln können, von Mensch zu Mensch. „Keine Mauscheleien“, sagt er, aber: Aug‘ in Aug‘.

Seit 2012 liest er Kindern vor, ist Lese-Coach an der Weißfrauenschule und in der Stadtteilbücherei Niederrad und an der Käthe-Kollwitz-Schule in Zeilsheim. In der Corona-Zeit, als er „seine“ Kinder nicht sehen konnte, hat er wunderschöne Geschichten geschrieben über Freundschaft und Toleranz und sie per E-Mail versendet. An der Käthe-Kollwitz-Schule ist sein jüngerer Sohn Lehrer. „Der ist da der Herr Bürger“, sagt er. Und grinst zufrieden. „Und ich, ich bin da halt Bürger 2.“

Frankfurt am Main, 234.09. 2009, Innenstadt, Kaisersaal im Römer, Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Oberbürgermeister a.D. Walter Wallmann, Dieter Bürger (l.)25.09.2009 FNPFoto und Copyright: Rainer Rüffer (Rueffer), Frankfurt /M, Tel. (0171) 8406196, E-Mail: rrfoto@web.deHans-Dieter Bürger gratuliert 2009 Oberbürgermeister a. D. Walter Wallmann zur Ehrenbürgerschaft. © Rainer Rüffer (rueffer)/Rainer Rüffer (Rueffer)SPD-Jahresparteitag, Stadthalle BergenSylvia Weber, Dieter Buerger, Gabi FaustVeroeffentlichung nur gegen Honorar plus UsSt.Foto und Bildrechte:Martin Weis - Am Kasimir 4 -D-35398 GiessenKto. 260.005.959 - Sparkasse Giessen - BLZ 513.500.25Verschnupft beim SPD-Jahresparteitag 2008? Zwischen Sylvia Weber (links) und Gabi Faust. © Martin WeisPK OB Roth Bolongaraopalast HöchstPeter Heine (2.v.l.), Dieter Bürger (r.)09.12.2009 FNPSeit‘ an Seit‘ mit OB Petra Roth (CDU), die sich gern auf ihn verließ, im Bolongaropalast in Höchst. © Maik Reuß