Der rot-grüne Senat in Hamburg ist seit 100 Tagen im Amt. Aus Sicht von Opposition und einem Wirtschaftsverband fällt die Bilanz ernüchternd bis sehr schlecht aus. Die CDU wirft der Regierung „Lethargie“ vor – Kritik kommt auch von Linken und Familienunternehmern.
Nach 100 Tagen im Amt sieht sich der rot-grüne Hamburger Senat mit deutlicher Kritik konfrontiert. CDU-Fraktionschef Dennis Thering stellte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seiner Regierung ein schlechtes Zeugnis aus. „Ich nehme den Bürgermeister momentan in der Stadt so gut wie nicht mehr wahr“, sagte Thering der Deutschen Presse-Agentur. „Der Senat hat die Arbeit seit der Wahl quasi komplett eingestellt – inklusive Peter Tschentscher.“ Auch von SPD und Grünen vermisse er Initiativen: „Die haben sich offensichtlich in den Sommerschlaf zurückgezogen.“
Thering kritisierte ein „rot-grünes Weiter-so“ und sprach von Inaktivität, die sich bereits in den geräuschlosen Sondierungen angedeutet habe. „Ich kritisiere den Senat nicht dafür, dass er geräuschlos regiert“, sagte Thering. „Aber wenn geräuschloses Regieren bedeutet, dass man in Lethargie verfällt und am Ende des Tages so gut wie gar nichts mehr angeht, dann ist es zu wenig.“
Als einzige Initiative nannte er die Olympiabewerbung – diese nehme er jedoch als „halbherzig und unmotiviert“ wahr. Die CDU fordert mehr Engagement bei Kriminalitätsbekämpfung, Wirtschaftsförderung, Verkehr und Wohnungsbau. „Wir wollen dabei gerne helfen und bringen viele eigene Initiativen in die Bürgerschaft ein“, so Thering.
Auch die Linke zog dieser Tage Bilanz. Co-Fraktionschef David Stoop sagte: „Diese ersten 100 Tage des Hamburger Senats hinterlassen ein verheerendes Bild.“ Er warf Rot-Grün vor, sich von den eigenen Klimazielen verabschiedet zu haben und stattdessen auf „Parkplatz-Rettung und die Versenkung von Gas im Meeresboden“ zu setzen. Er spielte damit auf Äußerungen der neuen grünen Umweltsenatorin Katharina Fegebank an, die sich in der vergangenen Woche für eine Offenheit für CO₂-Speicherung eingesetzt hatte.
Ebenfalls Kritik übte er daran, dass der Senat die Schließung des Krankenhauses Groß-Sand durch das Erzbistum nicht aufhalte. Die Schließung gefährde die Versorgung südlich der Elbe. Auch beim Mieterschutz agiere der Senat „halbherzig“, und die Maßnahmen gegen Obdachlosigkeit seien wirkungslos. Stoop kritisierte zudem die neuerliche Olympiadebatte trotz negativen Referendums vor zehn Jahren und sprach von einer „grenzenlosen Nähe zu zweifelhaften Oligarchen“ – mit Blick auf die Rettung des Elbtowers und die geplante Oper für Klaus-Michael Kühne.
Auch der Verband „Die Familienunternehmer“ in Hamburg äußerten sich kritisch. Landesvorsitzender Sven Höppner sieht „keine spürbaren Fortschritte“ bei wirtschaftspolitischen Vorhaben wie Bürokratieabbau, Planungsbeschleunigung oder der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Zwar lobt er Investitionen in Infrastruktur und Forschung, fordert aber „deutlich mehr Aufbruch“. Höppner: „Wer nur verwaltet, verliert.“
juve mit dpa