Die Wärmewende kommt ins Kindergartenalter. 64 Schulen, städtische Kindergärten und Wohnungen will die Mainova bis 2030 ans Fernwärmenetz anschließen. Den Vertrag dazu haben die Stadt und der Energieversorger schon vor zwei Jahren beschlossen. Jetzt geht es los, und davon werden auch die Erwachsenen etwas merken. Denn von September an werden an sieben Stellen in der Stadt Straßen aufgerissen.
Bildungs- und Baudezernentin Sylvia Weber (SPD) sprach bei der Vorstellung der Pläne von einem „großartigen Tag“. Denn der Ersatz der meist mit Gas betriebenen Heizungen sei ein Beitrag dazu, Frankfurt bis 2035 klimaneutral zu machen. Für die städtischen Immobilien solle das schon 2030 gelten, doch dieses „sehr ambitionierte Ziel“, wie Weber es nannte, wird voraussichtlich verfehlt. Der Vertrag gibt der Mainova bis 2033 Zeit. Die jetzt ausgewählten Gebäude umfassen 35 Schulen, zehn Kitas, 17 Wohnhäuser, das Sozialrathaus Sachsenhausen und das Künstlerhaus Gutleutstraße. Die Kosten für den Netzausbau und die Anschlüsse bezifferte die Dezernentin auf 42,6 Millionen Euro.
Baustellen für bis zu zwei Jahren
Um die Einschränkung durch Baustellen gering zu halten, hat die Mainova jeweils mehrere Liegenschaften zu sogenannten Baugebieten zusammengefasst. Im Baugebiet Fritz-Tarnow-Straße im Dornbusch liegen zum Beispiel die Wöhlerschule, die Heinrich-Seliger-Schule, die Viktor-Frankl-Schule und die Anne-Frank-Schule. Dort ist die neu zu verlegende Fernwärmeleitung mit fast 1,4 Kilometern am längsten. Das gilt auch für die Bauzeit, für die annähernd zwei Jahre veranschlagt sind. Gearbeitet wird unter anderem an der Eschersheimer Landstraße und am Marbachweg. Die Netzdienste Rhein-Main nutzen die Gelegenheit und erneuern gleich die Gas- und Trinkwasserleitungen mit. Insgesamt werden für den Anschluss der Schulen zwölf Kilometer neue Fernwärmeleitungen verlegt.
Die übrigen Baustellen verteilen sich auf das Stadtgebiet, etwa die Willemerstraße im Süden mit Willemerschule und Deutschherrenschule, die Hamburger Allee mit Gutenberg-, Bonifatius- und Anne-Albers-Schule und das Baugebiet Am Wiesenhof mit der Goldstein-Schule. „Wir wollen die sieben Gebiete in kurzer Zeit abarbeiten“, sagte Mainova-Vorstand Martin Giehl. Die Schulen seien „Ankerkunden“, zu denen man teils Stichleitungen lege. In der Umgebung könne man auch Privatleuten die Fernwärmeversorgung anbieten. Die Arbeiten der ersten Tranche mit 22 Schulen, Kitas und Nebengebäuden soll bis Mitte 2027 abgeschlossen sein.
Mainova will bis 2040 mit erneuerbarer Energie heizen
„Wir wollen als Stadtverwaltung Vorbild sein“, sagte Umwelt- und Klimadezernentin Tina Zapf-Rodriguez (Die Grünen). Der Anschluss der Schulen sei „ein starkes Signal für den kommunalen Klimaschutz“. 40 Prozent der städtischen Liegenschaften sollten mit Fernwärme versorgt werden. Dafür brauche man das Verständnis der Stadtgesellschaft, denn das Verlegen der Leitungen werde zu Einschränkungen führen. „Aber für eine lebenswerte Stadt ist es uns das wert.“ Bis 2040 will die Mainova ihr Fernwärmenetz verdoppeln. „Dann kommen wir von den bisherigen Inseln zu einem Verbundsystem“, sagte Giehl. Bisher werde in Deutschland 80 Prozent der Wärme mit konventionellen Energieträgern erzeugt. Für die Dekarbonisierung, also den Abschied von fossilen Brennstoffen, müssten sie durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Auch dies will die Mainova bei der Fernwärme bis 2040 erreichen. Das Heizkraftwerk West an der Gutleutstraße, das vom Kohle- zum wasserstofffähigen Gaskraftwerk umgerüstet wird, solle zur Heizperiode 2026/2027 in Betrieb gehen, kündigte Giehl an.
Ansonsten setzt die Mainova auf eine Mischung unterschiedlicher Technologien. Dazu gehören das Biomassekraftwerk Fechenheim, die Nutzung von Abwärme des Industrieparks sowie von Rechenzentren und die vierte Verbrennungslinie für das Müllheizkraftwerk in der Nordweststadt. Auch aus dem Abwasser soll Wärme gewonnen werden, und zwar in der Kläranlage Niederrad. Die Tiefengeothermie mit Bohrungen in drei bis fünf Kilometer Tiefe könnte nach Worten Giehls langfristig bis zu einem Drittel der nötigen Wärme liefern.
Auch nach der Preiserhöhung zum 1. Juli von bis zu 36 Prozent hält der Mainova-Vorstand die Fernwärme für konkurrenzfähig. Der Anstieg sei durch den Tausch von Kohle gegen Gas, den Netzausbau und steigende Löhne bedingt, die Margen seien nicht gestiegen. Giehl erwartet, dass andere Fernwärme-Betreiber nachziehen. Auch die Gaspreise würden irgendwann durch den höheren Anteil an Biogas und die CO2-Bepreisung steigen.