Wuppertal. Die jüngsten Messerangriffe in Wuppertal verunsichern viele. Doch was hat es eigentlich mit Sicherheit auf sich und wie kann man sie verbessern? Sicherheitsforscher Tim Lukas klärt auf.

Der Messerangriff in Vohwinkel Anfang August hat viele Wuppertalerinnen und Wuppertaler verunsichert. Doch wie ist eine solche Tat einzuordnen? Und wie lassen sich die Sicherheit in Wuppertal sowie das Sicherheitsgefühl der Menschen verbessern? Das haben wir Tim Lukas, Sicherheitsforscher an der Universität Wuppertal, gefragt.

talzeit: Herr Lukas, was bedeutet Sicherheit?

Tim Lukas: Da geht das Problem schon los. Ich komme aus dem Fachgebiet für Bevölkerungsschutz. In Wuppertal gibt es das Bayerwerk, von dem gehörige Risiken ausgehen. Wuppertal ist durch seine Topografie in besonderer Weise von Starkregenereignissen betroffen. Die Frage ist immer, welchen Sicherheitsaspekt wir in den Blick nehmen. Aktuell reden wir viel über äußere und innere Sicherheit, aber vor kurzem ging es noch um Versorgungssicherheit.

Nach Messerangriff in Wuppertal: Angst vor Kriminalität nicht alleine betrachten

Und dann gibt es noch den Unterschied zwischen objektivierter, also in Statistik gegossener, Sicherheit und dem subjektiven Sicherheitsgefühl. Und bezogen auf dieses Sicherheitsgefühl merken wir, dass all die genannten Faktoren etwas miteinander zu tun haben. Die sogenannte Kriminalitätsfurcht, die nach einem Messerangriff zum Vorschein kommt, ist nicht isoliert zu betrachten.

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talzeit: Wenn also die Wirtschaft schwächelt, kann das Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl haben, das die Menschen selbst eher auf die Kriminalität zurückführen?

Lukas: Absolut. Das ist das, was uns die Generalisierungsthese in empirischen Untersuchungen zeigt. Für unsere Studien fragen wir nicht nur danach, wie sehr sich Menschen davor fürchten, Opfer einer Straftat zu werden. Sondern wir fragen auch nach anderen Ängsten und Unsicherheiten. Zum Beispiel nach der Angst vor der Beteiligung Deutschlands an kriegerischen Auseinandersetzungen, nach der Angst vor Arbeitslosigkeit, vor steigenden Mieten oder vor der Inflation.

Dr. Tim Lukas ist Soziologe und Forschungsgruppenleiter: Räumliche Kontexte von Risiko und Sicherheit an der Uni Wuppertal.

Dr. Tim Lukas ist Soziologe und Forschungsgruppenleiter: Räumliche Kontexte von Risiko und Sicherheit an der Uni Wuppertal.
© Sebastian Jarych

All das sind Aspekte, die auf die Kriminalitätsfurcht einzahlen. Die Kriminalitätsfurcht bekommt in diesen diffusen Ängsten ein Gesicht. Die Gewalt auf der Straße, die kann ich sehen. Da vergegenständlicht sich das, was ich als diffuse Ängste ohnehin mit mir herumtrage.

talzeit: Und wie haben sich die Sicherheit im Allgemeinen und das Sicherheitsgefühl im Speziellen in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Lukas: Das ist gut, dass Sie nach den letzten zehn Jahren fragen. Es bringt uns nämlich nichts, nur die letzten wenigen Jahre anschauen. Das sind immer langfristige Zusammenhänge. Und wenn wir uns diese längeren Zeiträume anschauen, dann sehen wir, dass die die Kriminalität bis Corona rückläufig war. Seitdem haben wir wieder eine steigende Kriminalitätsrate. Da muss sich sicher etwas tun. Aber in den 1990er-Jahren hätten wir uns über aktuelle Werte gefreut.

„Beim Thema Sicherheit führt kein Weg daran vorbei, dass es den Menschen schlichtweg besser geht.“

Tim Lukas, Sicherheitsforscher

Für das Sicherheitsgefühl sind allerdings die anderen genannten Aspekte entscheidender. Wenn man sich die wichtigsten Sorgen und Ängste der deutsche anguckt, liegen immer soziale Ängste vorne. Und man sieht auch, dass das Sicherheitsgefühl über die Jahrzehnte langfristig verhältnismäßig gleichgeblieben ist, allerdings mit einer leicht negativen Tendenz.

BUNDESTAGSWAHL 2025 IN NORDHAUSEN

Oberbürgermeisterkandidaten Wuppertal Kommunalwahl 2025: Von links nach rechts: Dagmar Liste Frinker (Grüne), Marcel Hafke (FDP), Miriam Scherff (SPD) und Matthias Nocke (CDU).

talzeit: Wenn wir nun nach vorne blicken: Welche Stellschrauben müssten dann gedreht werden, damit sich das subjektive Sicherheitsgefühl verbessert?

Lukas: Franz von Liszt hat mal gesagt ‚Die beste Kriminalpolitik ist eine gute Sozialpolitik‘. Ich glaube, daran ist einfach nicht zu rütteln. Also sowohl in Bezug auf das subjektive Sicherheitsgefühl, als auch auf die objektivierte Sicherheit, führt kein Weg daran vorbei, dass es den Menschen schlichtweg besser geht.

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Aber auch vergleichsweise kleine städtebauliche Maßnahmen können viel bewirken. Zum Beispiel, wenn man die Beleuchtungs- oder Vermüllungssituation verbessert. Und ich glaube, die Menschen erwarten das auch. Ich habe vor kurzem mit dem Oberbürgermeister von Münster gesprochen. Und der hat gesagt ‚Wenn wir diese Probleme nicht lösen, die verglichen mit der weltpolitischen Lage kleine Probleme sind, dann glauben uns die Menschen auch nicht, dass wir in der Lage sind, größere Probleme zu lösen.‘ Und insofern meine ich, dass es auch aus demokratietheoretischer Perspektive wichtig ist, diese vermeintlich kleinen Probleme in den Griff zu bekommen.

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